Beitrag der RSO
Debattenbeitrag anlässlich der Konferenz "15 Jahre Solid und Linkspartei – Welche Organisation für den Klassenkampf?" | von der Revolutionär Sozialistischen Organisation
Wir begrüßen die Initiative für einen „revolutionären Bruch“ mit Linkspartei und Solid. Wir sind seit Langem davon überzeugt, dass eine revolutionäre Arbeiter:innenpartei notwendig ist, und dass die Linkspartei mit ihrer reformistischen Ausrichtung auf Regierungsbeteiligungen zur Mitverwaltung des Kapitalismus kein Schritt auf dem Weg zu einer solchen revolutionären Partei ist, sondern eine Sackgasse. Und wir als Revolutionär Sozialistische Organisation sind zum Glück nicht die Einzigen, die das so sehen.
Die große Frage, die sich uns allen stellt, ist – wie kommen wir einen entscheidenden Schritt vorwärts hin zu einer solchen Partei? Und wie sollte diese aussehen?
Und für all diejenigen, die sich nun zu einem revolutionären Bruch entschließen, stellt sich die Frage, was danach?
Es gibt schon verschiedene revolutionäre Organisationen, neben der RSO zum Beispiel RIO/KGK, die GAM mit der ihr nahestehenden Jugendorganisation Revolution, die Sol, die SAV und andere mehr. Und das sind nur ein Teil der Organisationen aus dem trotzkistischen Spektrum, noch weitere Organisationen mit revolutionärem Anspruch beziehen sich auf den Maoismus oder den Stalinismus. Soll man sich nach einem Bruch mit der Linkspartei nun einer dieser Organisationen anschließen und deren Reihen vergrößern? Soll man eine weitere unabhängige revolutionäre Organisation gründen? Sind das die einzigen Optionen?
Um auf diese Fragen Antworten zu finden, ist es wichtig, die Gründe für die unabhängige Existenz der verschiedenen Gruppen zu kennen und zu bewerten – anders gesagt, die Gründe für die Zersplitterung der revolutionären Linken in Deutschland (und weltweit).
Sagen wir es geradeheraus: Diese Zersplitterung hat ihre Gründe und kann nicht ohne Weiteres überwunden werden, aber sie ist ein Zustand, mit dem wir uns nicht abfinden dürfen. Die multiplen Krisen des Kapitalismus, die eine sozialistische Revolution immer dringlicher machen und die im Einladungstext zu der Konferenz beschrieben sind, machen eine revolutionäre Partei ebenso dringend erforderlich. Daher müssen wir kühne Schritte unternehmen, um eine wahrnehmbare revolutionäre Kraft in Deutschland zu schaffen, statt wie bisher als revolutionäre Kleingruppen weitgehend nebeneinanderher zu existieren.
Die Differenzen zwischen den bestehenden Organisationen sind vielfältig. Zum Teil bestehen Unterschiede in der Einschätzung der Linkspartei und der Orientierung auf die Linkspartei, zum Teil in der Einschätzung der Rolle der Gewerkschaften und ihrer Bürokratie im Klassenkampf, zum Teil in Bezug auf konkrete Schwerpunktsetzungen in der praktischen Arbeit. Nicht umsonst stehen all diese Fragen auch im Zentrum von Diskussionen auf der bevorstehenden Konferenz.
Wir sind der Überzeugung, dass all diese Fragen wichtig sind und ausgiebig diskutiert werden müssen. Aber wir dürfen nicht darauf warten, in allen Fragen Einigkeit erzielt zu haben, bevor wir versuchen unsere Kräfte dort zu vereinen, wo sich dies heute schon machen lässt.
In diesem Sinne hatten wir als RSO schon vor anderthalb Jahren in einem offenen Brief an verschiedene revolutionäre Gruppen geschrieben:
„… wir denken, dass wir als revolutionäre Organisationen innerhalb breiterer Bündnisse und innerhalb von Kampagnen versuchen sollten uns abzustimmen.
Da unsere verschiedenen Organisation sowohl regional unterschiedlich verbreitet sind, als auch innerhalb der Arbeiter:innenklasse in unterschiedlichen Sektoren verankert sind und intervenieren, wäre es schon ein großer Gewinn für uns alle, wenn es uns gelingt, ein Vertrauensverhältnis zu entwickeln, in dem wir regelmäßig untereinander Informationen austauschen, auch wenn wir uns in der jeweiligen Interpretation nicht einig zu sein brauchen.
Perspektivisch wollen wir eine revolutionäre Partei, die über Verankerung und Einfluss in der Arbeiter:innenklasse verfügt, realen Einfluss auf den Klassenkampf nehmen und in sozialen Bewegungen eine Rolle spielen kann. Keine der bestehenden Organisationen kann damit rechnen, dass sie alleine zu dieser Partei anwachsen wird, deshalb ist es durchaus sinnvoll, über die Perspektive von Umgruppierungen nachzudenken. Doch so etwas lässt sich nicht übers Knie brechen.
(…) Was uns vorschwebt ist eine Art dauerhaftes Bündnis – oder eine Art Front der revolutionären Linken – das über kurzfristige Aktionseinheiten zur Vorbereitung einer Demo hinausgeht. Ein Forum des regelmäßigen Austauschs unserer wechselseitigen Erfahrungen und Analysen, das es ermöglicht, immer dann schnell und unkompliziert gemeinsame Initiativen zu ergreifen, wenn sich Übereinstimmungen ergeben.“
Wir denken, dass die Konferenz für einen revolutionären Bruch eine gute Gelegenheit ist, diesen Vorschlag zu erneuern und zu konkretisieren. Wir könnten versuchen, trotz bestehender Differenzen, mit denjenigen revolutionären Kräften, die dazu bereit sind, eine gemeinsame Organisation aufzubauen. Eine Organisation, die von den verschiedenen Erfahrungen der beteiligten Gruppen profitieren könnte, und die für eine breitere (linke) Öffentlichkeit wahrnehmbarer ist und eine größere Strahlkraft erreichen kann als jede Gruppierung für sich alleine.
Ein erster Schritt könnte eine Organisation sein, in der alle beteiligten Gruppen weiter ihre eigene Existenz haben, ihre eigenen Schwerpunkte setzen bzw. ihre eigene Politik verfolgen können – das Ganze aber im gemeinsamen Austausch und im Interesse der gemeinsamen Zielsetzungen.
Wir denken, dass die folgenden strategischen Übereinstimmungen bzw. Gemeinsamkeiten (die natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben) schon jetzt in diesem Sinne für ein gemeinsames Organisationsprojekt tragfähig sein können:
- Notwendigkeit eines revolutionären Sturzes der bestehenden Gesellschaftsordnung
- Ablehnung von Regierungsbeteiligungen und Vorrang von gesellschaftlichen Mobilisierungen vor Parlamentarismus
- Orientierung auf die Arbeiter:innenklasse als zentraler Kraft gesellschaftlicher Veränderung
- Orientierung auf Selbstorganisation von Kämpfen statt bürokratischer Stellvertreter:innenpolitik
30. 12. 2022, Revolutionär Sozialistische Organisation
Debatten über einen revolutionären Bruch mit der Linkspartei und Solid
Zur Vorbereitung der Konferenz „15 Jahre Solid und Linkspartei – Welche Organisation für den Klassenkampf?“ am 14./15. Januar 2023 wurden von verschiedenen Organisationen und Einzelpersonen Debattenbeiträge geschrieben. Hier geht es zu allen Beiträgen.