Beitrag der RSO

04.01.2023, Lesezeit 6 Min.
Gastbeitrag

Debattenbeitrag anlässlich der Konferenz "15 Jahre Solid und Linkspartei – Welche Organisation für den Klassenkampf?" | von der Revolutionär Sozialistischen Organisation

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Bild: Revolutionärer Bruch

Wir begrüßen die Initiative für einen „revolutio­nären Bruch“ mit Linkspartei und Solid. Wir sind seit Langem davon überzeugt, dass eine revolu­tionäre Arbeiter:innenpartei notwendig ist, und dass die Linkspartei mit ihrer reformistischen Ausrichtung auf Regierungsbeteiligungen zur Mitverwaltung des Kapitalismus kein Schritt auf dem Weg zu einer solchen revolutionären Partei ist, sondern eine Sackgasse. Und wir als Revo­lutionär Sozialistische Organisation sind zum Glück nicht die Einzigen, die das so sehen.

Die große Frage, die sich uns allen stellt, ist – wie kommen wir einen entscheidenden Schritt vorwärts hin zu einer solchen Partei? Und wie sollte diese aussehen?

Und für all diejenigen, die sich nun zu einem re­volutionären Bruch entschließen, stellt sich die Frage, was danach?

Es gibt schon verschiedene revolutionäre Orga­nisationen, neben der RSO zum Beispiel RIO/KGK, die GAM mit der ihr nahestehenden Jugendorganisation Revolution, die Sol, die SAV und andere mehr. Und das sind nur ein Teil der Organisationen aus dem trotzkistischen Spek­trum, noch weitere Organisationen mit revolutio­närem Anspruch beziehen sich auf den Maois­mus oder den Stalinismus. Soll man sich nach einem Bruch mit der Linkspartei nun einer dieser Organisationen anschließen und deren Reihen vergrößern? Soll man eine weitere unabhängige revolutionäre Organisation gründen? Sind das die einzigen Optionen?

Um auf diese Fragen Antworten zu finden, ist es wichtig, die Gründe für die unabhängige Exis­tenz der verschiedenen Gruppen zu kennen und zu bewerten – anders gesagt, die Gründe für die Zersplitterung der revolutionären Linken in Deutschland (und weltweit).

Sagen wir es geradeheraus: Diese Zersplitte­rung hat ihre Gründe und kann nicht ohne Wei­teres überwunden werden, aber sie ist ein Zu­stand, mit dem wir uns nicht abfinden dürfen. Die multiplen Krisen des Kapitalismus, die eine sozialistische Revolution immer dringlicher ma­chen und die im Einladungstext zu der Konfe­renz beschrieben sind, machen eine revolutio­näre Partei ebenso dringend erforderlich. Daher müssen wir kühne Schritte unternehmen, um ei­ne wahrnehmbare revolutionäre Kraft in Deutschland zu schaffen, statt wie bisher als re­volutionäre Kleingruppen weitgehend nebenein­anderher zu existieren.

Die Differenzen zwischen den bestehenden Or­ganisationen sind vielfältig. Zum Teil bestehen Unterschiede in der Einschätzung der Linkspar­tei und der Orientierung auf die Linkspartei, zum Teil in der Einschätzung der Rolle der Gewerk­schaften und ihrer Bürokratie im Klassenkampf, zum Teil in Bezug auf konkrete Schwerpunktset­zungen in der praktischen Arbeit. Nicht umsonst stehen all diese Fragen auch im Zentrum von Diskussionen auf der bevorstehenden Konfe­renz.

Wir sind der Überzeugung, dass all diese Fra­gen wichtig sind und ausgiebig diskutiert werden müssen. Aber wir dürfen nicht darauf warten, in allen Fragen Einigkeit erzielt zu haben, bevor wir versuchen unsere Kräfte dort zu vereinen, wo sich dies heute schon machen lässt.

In diesem Sinne hatten wir als RSO schon vor anderthalb Jahren in einem offenen Brief an ver­schiedene revolutionäre Gruppen geschrieben:

„… wir denken, dass wir als revolutionäre Orga­nisationen innerhalb breiterer Bündnisse und in­nerhalb von Kampagnen versuchen sollten uns abzustimmen.

Da unsere verschiedenen Organisation sowohl regional unterschiedlich verbreitet sind, als auch innerhalb der Arbeiter:innenklasse in unter­schiedlichen Sektoren verankert sind und inter­venieren, wäre es schon ein großer Gewinn für uns alle, wenn es uns gelingt, ein Vertrau­ensverhältnis zu entwickeln, in dem wir regel­mäßig untereinander Informationen austau­schen, auch wenn wir uns in der jeweiligen In­terpretation nicht einig zu sein brauchen.

Perspektivisch wollen wir eine revolutionäre Partei, die über Verankerung und Einfluss in der Arbeiter:innenklasse verfügt, realen Einfluss auf den Klassenkampf nehmen und in sozialen Be­wegungen eine Rolle spielen kann. Keine der bestehenden Organisationen kann damit rech­nen, dass sie alleine zu dieser Partei anwach­sen wird, deshalb ist es durchaus sinnvoll, über die Perspektive von Umgruppierungen nachzu­denken. Doch so etwas lässt sich nicht übers Knie brechen.

(…) Was uns vorschwebt ist eine Art dauerhaf­tes Bündnis – oder eine Art Front der revolutio­nären Linken – das über kurzfristige Aktionsein­heiten zur Vorbereitung einer Demo hinausgeht. Ein Forum des regelmäßigen Austauschs unse­rer wechselseitigen Erfahrungen und Analysen, das es ermöglicht, immer dann schnell und un­kompliziert gemeinsame Initiativen zu ergreifen, wenn sich Übereinstimmungen ergeben.“

Wir denken, dass die Konferenz für einen revo­lutionären Bruch eine gute Gelegenheit ist, die­sen Vorschlag zu erneuern und zu konkretisie­ren. Wir könnten versuchen, trotz bestehender Differenzen, mit denjenigen revolutionären Kräf­ten, die dazu bereit sind, eine gemeinsame Or­ganisation aufzubauen. Eine Organisation, die von den verschiedenen Erfahrungen der betei­ligten Gruppen profitieren könnte, und die für ei­ne breitere (linke) Öffentlichkeit wahrnehmbarer ist und eine größere Strahlkraft erreichen kann als jede Gruppierung für sich alleine.

Ein erster Schritt könnte eine Organisation sein, in der alle beteiligten Gruppen weiter ihre eigene Existenz haben, ihre eigenen Schwerpunkte set­zen bzw. ihre eigene Politik verfolgen können – das Ganze aber im gemeinsamen Austausch und im Interesse der gemeinsamen Zielsetzun­gen.

Wir denken, dass die folgenden strategischen Übereinstimmungen bzw. Gemeinsamkeiten (die natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit er­heben) schon jetzt in diesem Sinne für ein ge­meinsames Organisationsprojekt tragfähig sein können:

  • Notwendigkeit eines revolutionären Stur­zes der bestehenden Gesellschaftsord­nung
  • Ablehnung von Regierungsbeteiligungen und Vorrang von gesellschaftlichen Mo­bilisierungen vor Parlamentarismus
  • Orientierung auf die Arbeiter:innenklasse als zentraler Kraft gesellschaftlicher Ver­änderung
  • Orientierung auf Selbstorganisation von Kämpfen statt bürokratischer Stellvertre­ter:innenpolitik

30. 12. 2022, Revolutionär Sozialistische Orga­nisation

Debatten über einen revolutionären Bruch mit der Linkspartei und Solid

Zur Vorbereitung der Konferenz „15 Jahre Solid und Linkspartei – Welche Organisation für den Klassenkampf?“ am 14./15. Januar 2023 wurden von verschiedenen Organisationen und Einzelpersonen Debattenbeiträge geschrieben. Hier geht es zu allen Beiträgen.

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