Bayrische Hochschulreform: Was macht die LAK?

30.11.2020, Lesezeit 7 Min.
Gastbeitrag

Die Reaktion der höchsten Instanz der Studierendenvertretung auf die neue neoliberale Hochschulreform lässt zu wünschen übrig. Die LAK, die von sich behauptet, die bayrische Studierendenschaft zu repräsentieren, zeigt sich erstaunt über den Widerstand gegen die Reform und sieht das Anliegen als illegitim. Ein Kommentar eines Fachschaftlers an der LMU.

1
nitpicker / Shutterstock.com

Redet man mit einem:r durchschnittlichen Student:in in Bayern über die LAK, ist die normale Antwort, die man erhält: „Was ist die LAK?“ Google weist einen dann auf die LandesApothekenKammer hin, aber das ist nicht, worum es gehen soll.

Die bayrische Landes-ASten-Konferenz ist – zusammen mit den unterschiedlich organisierten Studierendenvertretungen der einzelnen Hochschulen des Landes – eines der traurigen Überbleibsel der Studierendenmitsprache, die heute von Landesregierung und Hochschulen toleriert werden, nachdem uns in den 70er Jahre in Bayern und Baden-Württemberg alle gesetzlich garantierten Rechte genommen wurden, um „den linken Sumpf an den Universitäten trockenzulegen“. In Baden-Württemberg erhielten die Studierenden diese Rechte wieder, in Bayern allerdings… Nun, wir alle wissen Bayern ist ein besonderes Fleckchen Erde…

Es mag ein wenig befremdlich wirken, dass eigentlich nur die wenigen Studierenden, die sich in ihren Vertretungen auf Fach-, Fakultäts-, Klassen- oder Hochschulebene engagieren, überhaupt von der Existenz einer Organisation wissen, die vorgibt, alle Studierenden zu repräsentieren, doch eigentlich verwundert es nicht, dass kein Interesse für eine Institution besteht, die hauptsächlich eine symbolische Geste guten Willens darstellt.

Nicht, dass man nicht allein durch den Zugang zu bestimmten Personen Einfluss auf deren Entscheidungen nehmen könnte und die LAK und die ihr untergeordneten Studierendenvertretungen dies nicht tun würden, doch gerade auf der Landesebene, auf der angeblich das Wissenschaftsministerium die Verantwortlichkeit für Entscheidungen trägt, ist es naiv, so zu tun, als wäre man der einzige und kapitalreichste Lobbyverein, der versucht, Einfluss auf Entscheidungsprozesse zu nehmen. Ganz zu schweigen von Parteizugehörigkeit der jeweiligen Minister:in und der Ministerpräsident:in, dem er oder sie direkt untersteht.

Nein, die Studierenden in Bayern waren eine Verfasste – das heißt im Hochschulgesetz verankerte – Studierendenschaft. Inzwischen erlauben ihnen nur noch die Großen am Erwachsenentisch zu sitzen.

Womit wir zum eigentlichen Thema kommen: In Bayern schlägt ein Eckpunktepapier Wellen. Als Pilotprojekt für ganz Deutschland soll das Hochschulgesetz reformiert werden. Studierende sind wütend, Dozierende sind wütend, die sonstigen Angestellten sind wütend, selbst die Präsident:innen geben sich empört. Man erfährt von diesen großen Plänen aus der Tagespresse, gerade die Süddeutsche Zeitung ist beunruhigt von der Entwicklung. Niemand wurde direkt informiert. Liest man dann das Eckpunktepapier, das widerwillig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, bessert es die Stimmung nicht. Die Interessen des Mittelbaus sind in keinster Weise repräsentiert, die Interessen der Studierenden werden beiläufig erwähnt und man findet, ausgearbeitet auf 15 Seiten, eine Stärkung des Hochschulpräsidiums, starker industrieller Einfluss an den Hochschulen und eine Landesregierung, die möglichst wenig mit der ganzen Sache zu tun haben möchte.

Engagiert man sich jetzt in einer Fachschaftsvertretung, weil man sich einfach mit den anderen Mitgliedern versteht, ihre kleinen Projekte wie Orientierungstage oder Partys, unterstützen möchte oder – und das ist das im Folgenden Interessante -, weil man durch freiwillige Mitarbeit an einer Sache profilieren möchte, hat man normalerweise zumindest von der LAK gehört und stellt sich natürlich die Frage, was sie zu dieser Angelegenheit zu sagen hat. Besucht man ihre Website, stellt man zum einen fest: nicht viel. Die Mitteilungen sind sporadisch und wenden sich an die Presse. Keine wendet sich an die Studierenden. Anscheinend muss man die Zeit und Energie haben, sich in stundenlangen Sitzungen seiner jeweiligen Studierendenvertretung einmal im Monat die Berichte der LAK- Delegierten anzuhören – Berichte, die wie gesagt größtenteils nur von symbolischen Akten handeln, da die Studierenden in Bayern nur in wenigen Glücksfällen tatsächliche Mitspracherechte haben – um erfahren zu dürfen, was bei der LAK vor sich geht.

Zum anderen allerdings findet man heraus, dass sie die Verfasste Studierendenschaft zurück möchte und bereits spätestens am 02.10. von den Plänen wusste. Die Hochschulreform, die perfekte Gelegenheit, sich die Verfasste Studierendenschaft zurückzuholen, die uns – vor viel zu langer Zeit – genommen wurde, liegt direkt vor ihrer Nase und die LAK schnappt nicht zu. Die Geschichte zeigt, dass man kein Recht erhält, das man sich nicht erkämpft. Der Aufruf an die Studierenden, geeint politischen Druck aufzubauen, bleibt aus. Die LAK ignoriert dieses offenkundige Interesse der Studierenden, hinter dem sie offiziell steht. Härter noch: Während sich alle Interessengruppen an den Hochschulen aufregen, dass die Landesregierung dieses große Projekt so lang wie möglich hinter verschlossenen Türen hielt, gab die LAK eine Stellungnahme heraus, die niemand las und besuchte in aller Seelenruhe jene Hinterzimmer, in denen eben das Eckpunktepapier ausgearbeitet wurde, dass jetzt bei Studierenden und Mittelbau Entsetzen auslöst.

In einem Bericht über die Expertenanhörung im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst zur Reform des Bayerischen Hochschulgesetz vom 14.10.2020 heißt es:

Dr. Eduard Meusel, Sprecher der Landesfachgruppe Hochschule und Forschung des Landesverbandes Bayern der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), kritisierte ebenfalls die geringen Mitbestimmungsrechte und setzte sich für eine Viertelparität ein. Viertelparität bedeutet, bezogen auf Hochschulen, dass in den Gremien der jeweiligen Hochschule alle vier aktuell existierenden Statusgruppen (Student:innen, Professor:innen, wissenschaftliche Mitarbeiter:innen sowie Mitarbeiter:innen in Technik und Verwaltung) die gleiche Anzahl von Stimmen besitzen. Maximilian Frank, Landes-ASten-Konferenz Bayern (LAK), wies daraufhin die Qualität der Lehre mehr in den Blick zu nehmen und Regelungen flächendeckend an den Hochschulen zu verankern.

Heißt das, dass die LAK die Viertelparität nicht mal mit Worten fordert? Lässt sie die GEW mit ihrem Gesuch – das nebenbei bemerkt ohne Aufruf zu Streiks auch eher halbherzig wirkt – alleine?

Nach der Präsentation der LAK zu diesem Thema im Konvent der Fachschaften – die der breiten Masse der Studierenden auch nicht zugänglich war -,  nach den oben genannten stundenlangen Sitzungen über praktisch Belangloses schrecken alle – bis auf die Prestigehungrigen und Idealisten – ab und mehr weiß man darüber auch nicht. Hauptsächlich wundert sich die LAK. Von offiziellen Sprechern wird erstaunen darüber ausgedrückt, dass irgendjemand sich an diesem Eckpunktepapier stören würde. Man habe doch seit einiger Zeit eine wundervolle Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftsminister und würde sich darum kümmern, dass die Interessen der Studierenden im weiteren Gesetzgebungsverlauf repräsentiert würden. Über die Hochschulreform zu informieren, Artikel zu teilen und auf die Aktionen der GEW und Initiative Geistes und Sozialwissenschaften hinzuweisen, wird kollektiv wohl als „Gerüchte über WhatsApp verbreiten“ aufgefasst.

Die LAK scheint einen fundamentalen disconnect mit den Studierenden zu haben, die sie vorgibt zu repräsentieren. Einem Organ, das diese Aufgabe erfüllt, hätte von vornherein klar sein müssen, welche Reaktion das Papier bei den Studierenden hervorrufen würde. Wenn also die LAK auf Sorgen der Studierenden nur mit Respektlosigkeit reagiert, insgesamt kaum Kommunikation mit ihnen sucht und offensichtliche Forderung nicht stellt, stellt sich die Frage, wofür sie existiert.
Gerade die Rhetorik gegen Vernetzung und Information bereitet Sorge. Es ist ein Versuch, die LAK als einzige legitime Form studentischer Aktion zu etablieren. Ein Versuch, die Wichtigkeit des eigenen Postens zu untermauern. Das ist kein Vertreten der Interessen der Studierenden, es ist Bewahren des persönlichen Prestiges.

Steht die LAK im Dienste der Studierenden oder im Dienste der Lebensläufe ihrer Vorstände?
Es bleibt nur abzuwarten und zu hoffen, dass sie diese traurige Vermutung nicht bestätigt.

Mehr zum Thema