Baerbock stellt weitere Aufrüstung in Aussicht

21.02.2025, Lesezeit 6 Min.
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Die USA stellt ihre Unterstützung für die NATO infrage und die EU reagiert mit massiven Investitionen in die Aufrüstung. Annalena Baerbock kündigt ein historisch beispielloses Finanzpaket für die vermeintliche Sicherheit Europas an, während Arbeiter:innen und soziale Dienste auf Einsparungen zusteuern. Wem dient diese Aufrüstung wirklich?

Bei der jährlichen Sicherheits-Konferenz in München hielt der US-amerikanische Vizepräsident Vance eine Rede über freiheitlich demokratische Rechte, die er in Europa scheinbar bedroht sieht. Die USA hätte ihm zufolge kein Interessen daran die NATO weiterhin finanziell zu unterstützen, wenn „erschreckende” und „anti-demokratische” Vorfälle weiterhin stattfinden:„Ich blicke in dieses Land hier, wo die Polizei Razzien gegen Bürger durchführt, die verdächtigt werden, antifeministische Kommentare im Internet gepostet zu haben, im Rahmen des Kampfes gegen „Misogynie“ im Netz”. Auch die juristische Verurteilung eines christlichen Schweden, welcher eine Koranverbrennung durchgeführt hatte, sieht Vance kritisch. Die Nachricht hinter seiner Rede ist eindeutig: Wenn Europa sich nicht an die rechtskonservative Ideologie der Republikaner hält, wird der Geldhahn zugedreht. Auch Trumps eigene jüngste Aussagen stellen ein Ende des bisherigen US-amerikanischen Kurses in Bezug auf die Ukraine in Aussicht. Dass die USA ihre Ressourcen nun weg von Russland und Ukraine richtet, ist Teil des Versuches, die US-Hegemonie vor ihrem Sturz zu bewahren. Dementsprechend richtet die USA ihr Auge nun eher Richtung China. Diesen „Pivot” (Schwenk) bereitete bereits Obama vor. 

Der Grüne Kurs: Aufrüstung

Aufgrund des instabilen Verhältnisses zwischen EU, USA und NATO, hat Deutschland schon letztes Jahr 100 Milliarden in die deutsche Bundeswehr gepumpt. Nach den Bundestagswahlen soll ein weiteres Paket folgen, welches die 100 Milliarden Grenze weit überschreiten soll: „Wir werden ein großes Paket auf den Weg bringen, das es in dieser Dimension noch nie gegeben hat.“ Das verkündete Annalena Baerbock in einem Interview mit Bloomberg im Rahmen der Sicherheitskonferenz. Sie fuhr fort: „Ähnlich wie bei der Euro- oder der Corona-Krise gibt es jetzt ein Finanzpaket für die Sicherheit in Europa. Das wird in naher Zukunft kommen.“ Diese Pläne waren scheinbar eigentlich noch geheim und sollten noch nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Wie hoch dieses Finanzpaket sein wird, bleibt abzuwarten. Schon im November vergangenen Jahres plädierte Baerbock dafür, die Nato-Zielmarke von 2% zu überschreiten und noch deutlich mehr in die Aufrüstung zu investieren. Sie scheint aber schon lange vergessen zu haben, dass ihre Partei eigentlich für den Klimaschutz steht und es nichts schädlicheres für das Klima gibt als Kriege. Während die Grünen nach außen also soziale Versprechen machen, wie den Ausbau der Bahn, die Finanzierung der Kommunen, Steuerentlastungen und Digitalisierung der Schulen, werden im Hinterzimmer massive Investitionen in die Bundeswehr geplant.

Baerbock begründet die Aufrüstung damit, dass es jetzt gemeinsame Kraftanstrengungen braucht, um Sicherheit und Wohlstand zu wahren. Dass Rüstung im Vergleich zu Bildung oder Infrastruktur volkswirtschaftlich betrachtet eher eine schlechte Investition darstellt, ist für die Grünen wohl nebensächlich. Bei den Arbeiter:innen in Deutschland werden Waffenlieferungen und Aufrüstung den Lebensstandard eher senken, da dafür in anderen Sektoren – Bildung, Gesundheit, Soziales – gespart werden muss. Denn auch die 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr sollen voraussichtlich nur bis 2027 reichen, für 2028 hat die ehemalige Ampelregierung eine weitere Summe von 80 Milliarden Euro festgesetzt, ohne Angaben darüber zu treffen, woher dieses Geld kommen soll. Auch das Institut der deutschen Wirtschaft stellte fest, dass die Ausgaben für das Militär in keinem Wahlprogramm ausreichend gegenfinanziert werden – die Wahlprogramme liefern also keine Antwort darauf, wie die Aufrüstung bezahlt werden soll.

Während es in den Schlagzeilen so wirkt, als hätte Baerbock versehentlich den geheimen Aufrüstungsplan der EU „ausgeplappert”, könnte vielmehr ein Versuch sein sich bei der Union als geeigneter Juniorpartner für eine künftige Koalition zu präsentieren. Immerhin war die SPD im Vergleich noch relativ zaghaft bei der Aufrüstungsdebatte, wodurch die Grünen hier eine Chance für sich gesehen haben könnten, wieder eine Regierungsbeteiligung zu bekommen.

Das leere Versprechen der „Sicherheit”

Nur einen Monat nach Trumps Amtseinführung antwortet die EU nun panisch mit Plänen zur weiteren Aufrüstung. Dies lässt erahnen, auf welche Politik wir uns in den nächsten vier Jahren einstellen müssen: Aufrüsten und noch mehr Aufrüsten. Da die USA ein immer unzuverlässiger Partner für NATO und EU wird, werden diese versuchen, sich immer stärker selbst zu bewaffnen. Dafür muss Geld an anderen Stellen gestrichen werden. Die EU-Kommission schätzt, dass in den nächsten zehn Jahren mindestens 500 Milliarden Euro in die Verteidigung investiert werden müssen – eine Zahl, die Experten sogar für zu niedrig halten. Derzeit sind bis 2027 nur acht Milliarden Euro im EU-Haushalt dafür vorgesehen, weshalb die Finanzierung umstritten bleibt. Auch in Deutschland wird die Aufrüstung immer weiter vorangetrieben, während an anderen Stellen Geld fehlt.

Eines muss uns klar sein: die Nato ist kein Sicherheitsbündnis, sondern ein imperialistisches Mächte-Bündnis, das gegründet wurde, um die kapitalistische Weltordnung zu wahren. Und das ist es bis heute. Der Ukrainekrieg besteht nicht nur zwischen der Ukraine und Russland und ist kein Krieg zwischen der guten westlichen Demokratie und der bösen Diktatur Putins, sondern ist nur mithilfe des Kontexts imperialer Interessen zu verstehen. Diese vielschichtige Thematik wird in diesem Artikel näher erläutert.

Wer sich die Debatten zur Bundestagswahl ansieht oder den internationalen Diskurs verfolgt, wird den Eindruck haben, dass alle Probleme dieser Welt sich nur noch durch Aufrüstung und Abschiebung lösen lassen. Doch weder Aufrüstung noch Abschiebungen werden die Lebensumstände der Arbeiter:innen in Deutschland, Europa und der ganzen Welt verbessern. Wir dürfen uns nicht von dem Gerede über „Sicherheit” blenden lassen und müssen die steigenden Militärausgaben als das sehen, was sie sind: Mittel zur Sicherung der Hegemonie. Die Aufrüstung führt zweifelsohne zu Kürzungen in Gesundheit, Bildung und Sozialen und somit zu einer Verschlechterung der Lebensbedingungen aller Arbeiter:innen. Dagegen müssen wir uns unabhängig organisieren und eine breite Antikriegsbewegung aufbauen, die von den Arbeiter:innen getragen wird. Erst wenn Hafenarbeiter:innen Waffenlieferungen blockieren, Studierende gegen die Forschung für Kriege an Universitäten protestieren und der Antiimperialismus eine zentrale Forderung aller linken Bewegungen wird, werden die Regierungen klein beigeben müssen. 

Kein Mensch, kein Cent, keine Waffen für ihre Kriege! 

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