Augen auf: Polizeigewalt beim Springer-Wirtschaftsgipfel
Faschismus steigt, die Reichen und ihr Kapitalismus wählen immer gewaltvollere Mitteln, um den Status Quo zu schützen. Jetzt müssen wir demonstrieren, jetzt müssen wir Widerstand zeigen. Ein Gastbeitrag.
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Faschismus steigt. Überall in der westlichen Welt verbreiten sich faschistische Lügen, die uns von der eigentlichen Ursache unseres gesellschaftlichen Leidens ablenken möchten. Wir leiden wegen Kapitalismus, White Supremacy und Patriarchat, nicht wegen Migrant:innen, Schwarzen Menschen, Muslim:innen, jüdischen Menschen, trans- und nicht binären Menschen, Lesben oder Schwulen.
Faschist:innen verbreiten rechte Propaganda um Hass voranzutreiben und das weißpatriarchal-kapitalistische System zu schützen. Elon Musk, Axel Springer und die AfD sind die perfekten Beispiele von der Wahl des Kapitals, nach faschistischen Mitteln handeln zu wollen – also durch Nationalismus, Polizeistaat, Einschränkungen von Rechten von Minderheiten und rassistischen und sexistischen Hetzkampagnen.
Um dagegen zu protestieren, bin ich mit einem Freund auf die Demo gegen Elon Musk, AfD und Axel Springer am 27. Januar 2025 gegangen. Auf dieser Demo habe ich Polizeigewalt erfahren. Davon will ich hier berichten.
Ein Gedächtnisprotokoll
Nach der Ankunft um 16 Uhr 30 vor dem Roten Rathaus sind wir bis zum Axel-Springer-Haus demonstriert. Um circa 18 Uhr sind wir an der Kreuzung Axel-Springer-Straße/Lindenstraße angekommen. Dort hat die Polizeigewalt angefangen.
Ich erinnere mich, dass ich mit zwei Freund:innen zu dem Ort hingegangen bin, wo die Polizei hinrannte. Ich habe nicht viel von dem verstanden, was da passierte, da ich von weitem hinschaute. Dann bin ich näher gekommen und habe gesehen wie Polizist:innen Menschen schubsten, Menschen, die eine Kette formen möchten, indem sie sich mit den Armen festhielten (damit sie nicht rausgenommen oder verhaftet werden). Die Menschen, die sich an den Armen hielten, waren friedlich.
Dann habe ich gesehen, wie die Polizei Menschen nicht nur schubste, sondern sogar Schläge gab. Als ich das gesehen habe, habe ich meine Gruppe verlassen und bin spontan da hingegangen, um der Polizei zu sagen, dass sich die Polizei beruhigen soll. Ich habe laut und deutlich gesagt “Beruhigt euch! Beruhigt euch!”
Mehrmals, mehrmals habe ich das gesagt und dann wurde auch ich plötzlich geschubst. Dann habe ich gesehen, wie ein Polizist plötzlich auf mich zukam, um Schläge zu erteilen. Ganz kostenlos. Obwohl ich gesagt hatte, dass sie sich beruhigen soll, aber anscheinbar hatte dieser Polizist keine Lust, sich zu beruhigen, und der war nicht der einzige.
Zum Glück sind die Schläge nicht gelandet. Und da ich im Moment Angst um meine Sicherheit hatte, habe ich auch Hände vor mich getan, um Distanz zu gewährleisten, um mich zu schützen. Irgendwie hat er ein Armband, das ich an der Hand hatte, kaputt gemacht und die Perlen sind alle auf dem Boden gefallen.
Ein paar Sekunden später haben die Polizist:innen weiter geprügelt, aber diesmal nicht auf mich, sondern auf jemanden neben mir. Da habe ich wieder geschrien: “Beruhigt euch! Hört auf!”, und dann hat ein Polizist mich als Ziel genommen, geschubst und versucht einen Schlag zu geben. Dann hat ein Kollege gesagt: “Den schnappen wir”, und ist auf mich gesprungen.
Es ist schwierig mich an alles zu erinnern, was an in den nächsten Minuten passiert ist. Ich wurde gepackt, mit Gewalt zu Grunde gebracht, auf dem nassen Boden immobilisiert. Ich war in Schildkröten-Position. Da hat ein Polizist angefangen, mich zu prügeln. Ich wurde auch von mehreren Seiten getreten, zum Glück aber “nur” ein paar Mal.
Weil der Polizist, der mich schlug, auf mein Gesicht zielte, habe ich meine Hände vor mein Gesicht getan, um mich zu schützen. Der Polizist, der mich prügelte, hat während er mich prügelte gesagt: “Nehm die Hände weg!”, und: “Weg mit den Händen!”, und meinte damit, dass ich die Hände weg von meinem Gesicht tun soll, damit er so mein Gesicht prügeln konnte. Dann hat das Prügeln aufgehört und mir wurden die Hände gefesselt.
Dann haben mich zwei Polizist:innen gefesselt zum nächsten Wagen 50 Meter entfernt gebracht. Mit dem Rücken zum Polizisten und meinem Gesicht zur Straßenwand wurde ich komplett durchsucht. Dann wurden meine Personalien erfasst und Bilder von mir aufgenommen. Dann wurde mir mitgeteilt, dass mir Widerstand und Körperverletzung gegenüber der Polizei vorgeworfen wird.
Ich bin nicht in der GeSa [Anmerkung der Redaktion: Gefangenensammelstelle] gelandet und wurde danach freigelassen.
Die Tage danach waren sehr schwierig. Sie sind es immer noch. Ich musste mich sozial isolieren und konnte mein Haus nicht verlassen. Ich denke, was ich erfahren habe ähnelt dem Post Traumatic Stress Disorder [Anmerkung der Redaktion: posttraumatische Belastungsstörung], mit plötzlichen Momenten, wo ich mich wieder an das Prügeln erinnere, wie ich in dieser Schildkröten-Position von der Polizei geschlagen wurde. Das bringt mich zu heulen, auch jetzt wieder.
Zum Glück konnte ich es mit Freundinnen teilen und habe mich emotional sehr unterstützt gefühlt, auch von Menschen der Orga, die ich vorher nicht kannte. Ich bin mir auch bewusst, dass ich in meinem Unglück Glück gehabt habe. Es hätte viel schlimmer ausgehen können. Ich wurde nicht verletzt (“nur” leichtes Bluten an den Augen).
In diesen Momenten muss ich auch an alle Betroffenen von Polizeigewalt denken, an alle die, die Polizeigewalt erfahren haben und die damit jetzt weiterleben müssen. An die Menschen, die wegen Polizeigewalt schwer körperlich verletzt wurden, an die psychischen Folgen vom Erleiden von Polizeigewalt. Die Morde, das systematische Töten durch Polizist:innen (22 Ermordete in 2024), die straffrei davon kommen.
Ich will diesen Augenblick nutzen, um alle daran zu erinnern, dass Polizeigewalt uns alle, aber insbesondere nicht-weiße, queere und linke Gruppen betrifft und betreffen kann, und dass wir nur gemeinsam dagegen handeln können, indem wir darüber kommunizieren und weiter politisch aktiv bleiben.
Auf dieser Demo gegen Musk, AfD und Springer hat sich wiedermal gezeigt, für welches System die Polizei steht. Sie schützt die Milliardäre und die Faschisten (oft dasselbe). Sie schützt den Kapitalismus. Und sie ist dafür bereit, uns zu verletzen, zu prügeln und uns Gewalt zuzutragen. Das alles, um die Reichen zu schützen. Das hat der Einsatz der Polizei in Riesa gezeigt, das hat der Einsatz an dieser Demo nochmal veranschaulicht.
Augen auf: Die Polizei schützt die Kapitalisten (Faschisten) und den Kapitalismus.