Auf Achse für den Klassenkampf

01.04.2022, Lesezeit 3 Min.
Gastbeitrag

In Nordrhein-Westfalen und Berlin-Brandenburg gab es Proteste von LKW Fahrer:innen und für die Branche sehr kleine Speditionen gegen die massiven Steigerungen der Spritpreise.

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Foto: OLEH SLEPCHENKO / shutterstock.com

In den vergangenen Wochen hatte es in Nordrhein-Westfalen und Berlin-Brandenburg Proteste von LKW Fahrer:innen und für die Branche sehr kleine Speditionen, mit Fuhrparks von 1-4 LKWs gegeben. Diese richteten sich gegen die massiven Steigerungen der Diesel-und Benzinpreise. Unter anderem versuchten sie Autobahnen ( unter anderem die A1, A3, A4 und A61) durch langsames Fahren zu blockieren um effektiven Druck aufzubauen, doch die Polizei reagierte sofort mit der Androhung von Strafverfolgung und drohte mit Anzeigen wegen Nötigung. In allen Fällen distanzierten sich die mächtigen Speditions- und Logistikverbände in den jeweiligen Ländern und kriminalisierten die Autobahn Aktionen durch ihre offen ablehnende Haltung. Ein solidarischer Kommentar von Alexander Campanella und Manuel Sanchez de la Cruz.

Um die lohnabhängigen Menschen von den Fesseln der überteuerten Kraftstoffpreise zu befreien und den verheerenden Auswirkungen der Wucher auf die gesamten vom Transportsektor abhängigen Produktionsketten entgegenzuwirken, haben LKW-Fahrer:innen und kleinere Spediteur:innen in NRW und Berlin-Brandenburg versucht, von ihrem Widerstandsrecht Gebrauch zu machen und diesem durch das sehr effektive Blockieren von Autobahnen mittels ihrer motorisierten Straßenkreuzer Ausdruck zu verleihen. Doch die reaktionäre Staatsgewalt schaltete relativ schnell ihre Repressions-Apparate ein, um dem solidarischen Protest ihren Riegel vorzuschieben. Zudem wurden die legitimen und nachvollziehbaren Aktionen im Anschluss von Arbeitgeberverbänden kriminalisiert. Hier zeigt sich, wie Staat und Kapital Hand in Hand arbeiten, um ihre Interessen durchsetzen. Doch das rigorose Vorgehen der Reaktion zeigt noch etwas anderes und das sollte unser aller Interesse wecken: Es offenbart die Angst vor der schlummernden unterdrückten Macht der Arbeiterklasse. Es erinnert an eine Überlegung des Schriftstellers George Orwell, der einmal beschrieb wie er einen kleinen Jungen auf einem Ochsenkarren sah, der brutal auf den Ochsen einschlug, wenn er nicht die Richtung beibehalten wollte. Dabei überlegte Orwell für sich, wenn dieses riesige und starke Tier sich seiner Kraft bloß bewusst wäre, dann würde es sich der Grausamkeiten erwehren. Der demokratisch- sozialistische Autor bezog die Beobachtung sinnbildlich auf die Situation der unterdrückten Arbeiterklasse. Folgen wir diesem Gedanken einen Augenblick, stellen wir uns also einmal vor, die Straßenkapitän:innen würden sich weigern, auf Achse zu gehen, die LKW- Flotten würden nicht auslaufen; das hätte bereits einen starken Effekt, denn der größte Teil des Transports findet nach wie vor auf der Straße statt. Noch besser ist jedoch die bereits erkannte Strategie: Die Lastkraftwagen als Pfropfen zu benutzen, um die Hauptschlagadern des kapitalistischen Unterdrückungsapparates zum Erliegen zu bringen. Doch das können auch die Brummi-Fahrer:innen nicht alleine stemmen, denn das Ausbeutungssystem hat ein immanentes, ausgefeiltes bürokratisches Abwehrsystem, mit verschiedenen Eskalationsstufen: Anzeigen, Geld- und Haftstrafen, Kriminalisierung, mediales Anprangern oder auch Führerscheinentzug und damit Entzug der Lebensgrundlage sowie natürlich fristloser Kündigung. Nur wenn die Gewerkschaften hinter den Kraftfahrer:innen stehen, kann der Kampf geführt werden. Doch dazu Bedarf es kämpferischer und nicht bürokratischer Gewerkschaften, die bereit sind, die heuchlerische Sozial-Partnerschaft aufzugeben und den Klassenkampf zu proklamieren. Es bedarf Solidaritätsstreiks und Massendemonstrationen. Auch repressive Gesetze sind letztlich durch die Solidarität der arbeitenden Massen überwindbar.

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