Artgerechte Bezahlung

09.05.2017, Lesezeit 4 Min.
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Am Montag sind die Mitarbeiter*innen vom Zoologischen Garten und vom Tierpark in Berlin in einen zweistündigen Warnstreik getreten.

Die wichtigste Frage vorweg: Die Tiere sind alle gut versorgt.

Am Montag um 12 Uhr haben rund 75 Mitarbeiter*innen vom Zoologischen Garten in Berlin ihre Arbeitsplätze verlassen. Mit Transparenten und Trillerpfeifen protestierten sie vor dem Löwentor, im Hintergrund spielt das „Einheitsfrontlied“ und Techno-Musik. Aber ihr Ausstand war gut vorbereitet. „Die Tiere haben alle Futter und Wasser“, sagt Tierpfleger Tobias Buchwitz, der im Vogelhaus arbeitet. „Nur Aufgaben wie Hallenreinigung oder Scheibenputzen haben wir heute liegen gelassen.“

Der Warnstreik überschneidet sich ohnehin mit der Mittagspause. Deswegen sind neben den Gewerkschaftsmitgliedern auch unorganisierte Kolleg*innen rausgekommen, erklärt Tierpfleger Rouven Schulze, der sich um die Elefanten kümmert. Neben den Tierpfleger*innen sind auch Kolleg*innen von der Kasse, dem Garten oder der Zooschule dabei. Zur gleichen Zeit sind 50 Kolleg*innen vom Tierpark in Friedrichsfelde ebenfalls für zwei Stunden in den Warnstreik getreten.

Das Problem ist einfach zu verstehen. Mit roter Sprühkreide steht auf dem Bürgersteig vor dem Tor: „Niedriglöhne im Zoo.“ Denn laut Angaben der Gewerkschaft ver.di verdient ein*e ausgebildete*r Tierpfleger*in mit drei Jahren Berufserfahrung nur 1.900 Euro netto. Buchwitz rechnet vor, dass er jeden Monat rund 1.300 Euro mit nach Hause nimmt. Beim Zoo Eberswalde – 60 Kilometer entfernt in Brandenburg – kann das Gehalt 600 Euro höher liegen. Und beim Berliner Zoo steigen die Löhne nur geringfügig mit der Arbeitserfahrung. Dabei hat Berlin den meist besuchten Zoo in ganz Europa – eine Einrichtung mit Weltruf, die jedoch Niedriglöhne zahlt.

Der Tierpark erhält öffentliche Zuwendungen. „Wir sagen, wenn ein Betrieb aus Landesmitteln finanziert wird, dann sollen Löhne wie bei Landesbeschäftigten bezahlt werden“, sagt Verhandlungsführer Benjamin Roscher von ver.di im Gespräch mit ND. An öffentlichen Zoos in Deutschland wird in der Regel nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezahlt – private Zoos haben Haustarifverträge mit vergleichbarem Lohnniveau. Nur in Berlin liegen die Gehälter deutlich darunter. Tariflichen Konfliktstoff gibt es zudem, weil Beschäftigte, die vor 2008 im Zoo oder Tierpark gearbeitet haben, noch „Besitzstände“ genießen – d.h. etwas bessere Löhne aus dem alten Tarifvertrag. Doch auch diese liegen unter TVöD-Niveau.

„Wir haben auch die niedrigsten Eintrittspreise“, entgegnet Christiane Reiss von der Presseabteilung des Zoos. Eine Tageskarte ist momentan für 14,50 Euro zu haben. Die Forderungen von ver.di seien nur zu erfüllen, wenn die Preise erhöht werden, so Reiss. Das Management bietet eine Lohnerhöhung von 12 Prozent an, verteilt über die nächsten drei Jahre. Doch die Beschäftigten teilen diese Argumentation nicht. „Wir sind ein reicher Zoo“, sagte ein Tierpfleger, der anonym bleiben möchte, „also sollen sie sich nicht so haben“. Im Sommer kommen auch Pandabären, was viele zusätzliche Besucher anlocken wird.

Azubis schwenken auch ver.di-Fahnen. Für sie ist das Problem nicht nur die schlechte Bezahlung, sondern auch die Unsicherheit. Nur etwa ein Drittel eines Jahrgangs wird übernommen und selbst dann nur befristet auf ein Jahr. „Noch habe ich keine Ahnung, ob ich nach der Prüfung übernommen werde“, sagt eine Azubi, obwohl bereits Ende August die dreijährige Ausbildung zu Ende geht. Es ist auch nicht gerade einfach, einen vergleichbaren Job in einer anderen Einrichtung in Berlin zu finden. „Man könnte sich selbstständig machen und die Meerschweine der Nachbarn pflegen“, sagt ver.di-Mann Roscher scherzhaft. Die Gewerkschaft fordert deswegen die Übernahme aller Azubis.

Alle paar Minuten fahren Busfahrer*innen der BVG an der Kundgebung vorbei – auch sie arbeiten für einen Landesbetrieb, der Niedriglöhne zahlt. Immer wieder hupen sie aus Solidarität. Die 75 Zoo-Kolleg*innen ziehen dann ein paar hundert Meter zum Verwaltungsgebäude, bevor sie nach zwei Stunden zur Arbeit zurückkehren. Die nächsten Verhandlungsrunden sind für den heutigen Dienstag und für den 25. Mai angesetzt.

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