Argentinien: Tausende fordern die Auffindung des verschwundenen Santiago Maldonado [mit Video]

14.08.2017, Lesezeit 3 Min.
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Am Freitag, den 11. August, versammelten sich Tausende auf der „Plaza de Mayo“ vor dem Regierungspalast in Buenos Aires, um die lebendige Auffindung des 28-Jährigen zu fordern. Mit dabei waren unter anderem die „Großmütter der Plaza de Mayo“ – eine Gruppe von meist älteren Frauen, die seit der Militärdiktatur 1976-83 für die Auffindung ihrer verschwundenen Enkel und Kinder demonstrieren.

Am 1. August verschwand der junge Kunsthandwerker Santiago bei einer Demonstration der “Resistencia Ancestral Mapuche” (RAM; auf Deutsch in etwa “Widerstand der Ahnen der Mapuche”) in der Provinz Chubut im argentinischen Patagonien. Die Mapuche sind eine indigene Nation, die im heutigen Chile und Argentinien lebt und seit hunderten von Jahren gegen den Kolonialismus und für ihr Selbstbestimmungsrecht kämpft.

Die RAM organisierte den Protest für die Freilassung ihres Anführers Facundo Jones Huala, der seit Juni inhaftiert ist. Die Gemeinde der Mapuche kämpft dort nicht nur gegen den Staat, sondern auch gegen den multinationalen Konzern Benetton. Dieser kaufte 1991 900.000 Hektar Land, das 2015 teilweise von den Mapuche besetzt wurde. Im Gegensatz zum chilenischen Staat, der zwar genauso wie der argentinische die Mapuche unterdrückt und ermordet, findet in Argentinien keine Rückgabe der Ländereien an die Indigenen statt. Die neoliberale Regierung von Mauricio Macri stellt die Mapuche als „Terrorist*innen“ dar und schützt die Interessen der Grundbesitzer*innen und Konzerne mit Gewalt. So kam es, dass auf der Demonstration, bei der Santiago zum letzten Mal gesehen wurde, die Polizei mit Gummi- und Bleigeschossen auf die Protestierenden losging, unter denen sich auch Familien mit Kindern befanden. Viele sprangen in den Fluss, um zu fliehen. Das letzte Mal, als Santiago gesehen wurde, wurde er in einen Pickup-Truck gezerrt.

Von da an verläuft sich die Spur zwischen Recherchen von Angehörigen und Hetzte seitens der Regierung und bürgerlichen Medien. Mauricio Macri behauptete, die Mapuche und die Angehörigen Maldonados würden „nicht mithelfen“, während das konservative Blatt „La Nación“ behauptet, ein LKW-Fahrer hätte ihn als Tramper in Richtung Uruguay mitgenommen. Dies reiht sich ein in eine Kampagne der Verleumdung des legitimen Widerstands der Mapuche und eine zunehmend autoritärere Regierung.

Doch wie es bei Menschenrechtsverletzungen oft passiert, lügen bei bürgerlichen Politiker*innen beide Lager. Die Ex-Präsidentin Cristina Fernández forderte per Twitter das lebendige Auffinden von Santiago und reiht sich damit ein in eine Gruppe von Opportunist*innen, die den Vorfall für ihre eigenen Zwecke missbrauchen. Fernández und ihr verstorbener Ehemann, Néstor Kirchner, waren 12 Jahre lang an der Macht und beendeten die systematische und gewaltsame Unterdrückung der Mapuche keineswegs. Unter ihrer Regierung verschwand 2006 Jorge Julio López. Als der 77-Jährige gegen einen der Mörder der Militärdiktatur aussagen wollte, unter dessen Kommando er drei Jahre lang festgenommen und gefoltert wurde, verschwand er. Außerdem hatte sie ehemalige Funktionäre der Diktatur in ihrem Stab.

Facundo Jones Huala befindet sich seit 11 Tagen im Hungerstreik, genauso lange ist Santiago Maldonado verschwunden. Mit jedem vergangenen Tag sinkt die Wahrscheinlichkeit, ihn lebendig aufzufinden.

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