Argentinien: Indigener sozialistischer Müllarbeiter will ins Parlament
Alejandro Vilca, Arbeiter der kommunalen Müllabfuhr, erhielt bei den Vorwahlen zum argentinischen Abgeordnetenhaus 24 Prozent in der Provinz Jujuy. Im November kandidiert er nun für die Front der Linken und Arbeiter:innen (FIT). Er ist Mitglied unserer Schwesterorganisation PTS.
Die erbrachten Stimmen für Alejandro Vilca machten die Front der Linken und Arbeiter:innen (FIT) zur drittstärksten Kraft in der Provinz Jujuy, im Norden Argentiniens. Mit 24 Prozent erreichten sie ein historisches Wahlergebnis. Wenn diese Ergebnisse im November beibehalten werden, könnte Vilca einen Sitz im nationalen Abgeordnetenhaus erhalten.
Kolla, Arbeiter der Müllabfuhr und militanter Revolutionär
Die Arbeiter:innen der Provinz Jujuy wurden nicht nur durch die von Alejandro Vilca während der Kampagne vorgebrachten Ideen vertreten, sondern auch durch seine eigene Lebensgeschichte, die der zahlreicher Arbeiter:innen in der Provinz ähnelt.
Alejandro gehört den Kolla an, einem indigenen Volk in Südamerika, wie ein Großteil der Bevölkerung in seiner Provinz und er wurde im Schoß einer einfachen Familie geboren, gemeinsam mit vier weiteren Geschwistern. Sie wurden alle von seiner Mutter erzogen, die Hausangestellte und Arbeiterin war, die in einem privaten Spital in der Stadt Salvador de Jujuy, der Hauptstadt der Provinz arbeitete.
Er verbrachte seine Schulzeit im unruhigen Jujuy der frühen 90er Jahre, indem der Kampf der Staatsbediensteten im Mittelpunkt stand.
Nachdem er die weiterführende Schule beendet hatte, erreichte er mit enormster Anstrengung, dass er Architektur in der Provinz von San Juan studieren konnte. Dort nahm er an den Kampf gegen die Bildungsreformen der Regierung von Menem teil, zu diesem Zeitpunkt näherte er sich der “En Clave Roja” an, einer studentischen Gruppierung der PTS.
Alejandro war bereits Aktivist in der PTS als es Mitte der 90er Jahre zu Straßenblockaden von Arbeiter:innen kam, die infolge von Privatisierungen und neoliberalen Plänen arbeitslos geworden waren.
Ein Jahrzehnt später gehörte er als prekär Beschäftigter der Stadtverwaltung der Provinzkoordination für nicht gemeldete Arbeiter:innen an, die Tausende von prekär Beschäftigten im Gesundheits- und Bildungswesen und anderen staatlichen Einrichtungen vereinte. Aufgrund seiner Teilnahme an diesem Kampf versetzte die Stadtverwaltung ihn und eine Gruppe von Aktivist:innenen in den härtesten und prekärsten Arbeitsbereich: Die Müllabfuhr im Viertel Alto Comedero, weit entfernt von den größten Arbeiter:innenansammlungen des Departments.
Von dort aus kämpfte Alejandro in den letzten Jahren für die Rechte der am stärksten ausgebeuteten Arbeiter:innen, z.B. in der Tabak-, Zucker- und Landwirtschaftsindustrie, sowie für die Rechte der indigenen Völker, der Frauen und gegen die Umweltzerstörung.
Eine Kampagne von unten nach oben
Aufgrund dieser Geschichte und seiner Vorschläge führte die Kandidatur von Alejandro und die Kampagne der FIT-U zu einem aktiven politischen Engagement bei den Arbeiter:innen in der Tabakbranche, den Zitrusfrüchte- und Erntearbeiter:innen, auf den Bauernhöfen und in den Wohnviertel.
Einer seiner Vorschläge ist es, ein Gesetz vorzulegen, damit die Familien der Landarbeiter:innen ihre Rechte nicht verlieren, wenn die Ernten beendet sind.
Darüber hinaus wurde die Kampagne von Busfahrer:innen, Straßenhändler:innen, Staatsbediensteten, Lehrer:innen und Beschäftigten des Gesundheitswesen, sozialen Bewegungen und Arbeitslosen massiv unterstützt. Auch Teile der Studierenden- und Arbeiter:innenjugend unterstützen die FIT mit einem wichtigen Jugendtreffen.
Herausforderungen
„Unser Ziel ist es, die Ergebnisse der PASO bei den Parlamentswahlen zu nutzen und immer mehr Arbeiter:innen, Frauen, Jugendliche und Angehörige der indigenen Völker zu erreichen, damit sie sich gemeinsam für die Linke organisieren können. Das erzielte historische Ergebnis lässt uns gute Aussichten für den November, um einen Sitz für die Kämpfe der Werktätigen zu gewinnen. Diese großartige Wahl ist das Ergebnis der Unterstützungen, der Anstrengungen und des Engagements von Hunderten von Arbeiter:innen aus den ärmsten Sektoren der Provinz“, so Alejandro.
Seine erste Kandidatur war 2011, als er für die Front der Linken und Arbeiter:innen (FIT), ein Zusammenschluss der wichtigsten argentinischen trotzkistischen Organisationen, für das Amt des Gouverneurs kandidierte, wo er 1,93 Prozent der Stimmen erhielt. Im Jahr 2015 kandidierte er als Abgeordneter der Provinz, erhielt 7,06 Prozent der Stimmen und kam dem Einzug in die Kammer sehr nahe. Im Jahr 2017 erhielt er 17,74 Prozent der Stimmen und führte die FIT zu vier Sitzen in der Provinzlegislatur und fünf Ratsmitgliedern in den wichtigsten Städten der Provinz.
Seitdem vertritt Alejandro als Abgeordneter in der Provinzlegislative die Arbeiter:innen, indem er Gesetze zu ihren Gunsten vorschlägt und die Missstände der rechtsgerichteten Regierung von Gerardo Morales und deren Vereinbarungen mit dem peronistischen Block anprangert. Dort erhält er weiterhin das gleiche Gehalt wie ein Müllarbeiter und spendet den Rest für soziale Zwecke. In diesem Wahlkampf war er der Kandidat, der die wenigsten Vermögenswerte angegeben hat.
Aus diesem Grund erreichte die Linke bei den aktuellen Wahlen den zweiten Platz in den Gemeinden San Salvador de Jujuy, Caimancito, und erzielte die höchsten Prozentsätze in den Arbeiter:innenvierteln der Hauptstadt, wie Alto Comedero, Villa San Martin, Villa Belgrano, El Chingo, Punta Diamante, Campo Verde, Malvinas Argentinas, San Pedrito und anderen. Sie erhielt insgesamt 81.000 Stimmen, was 24 Prozent entspricht, und belegte damit den dritten Platz.
Die Frente Cambia Jujuy von Gouverneur Gerardo Morales gewann mit 46,4 Prozent. Im Vergleich zu den Provinzwahlen im Juni hatte sie jedoch 20.000 Stimmen verloren.
Der Peronismus, der sich um die Frente de Todos scharte, kam mit 28,3 Prozent auf den zweiten Platz, ohne jedoch einen eindeutigen Vorteil gegenüber der Frente de Izquierda zu erlangen, die nur 5 Prozentpunkte zurücklag und um den zweiten Platz bei den Parlamentswahlen im November kämpfen wird.
Wie Alejandro auf der Pressekonferenz am Sonntag betonte, „ist dieses Ergebnis eine Botschaft an die großen Bosse, die glauben, dass ihnen das Leben der Arbeiter:innen gehört. Es zeigt, dass die Linke sich konsolidiert hat, um ein Programm der Unabhängigkeit der Arbeiter:innen aufzustellen und einen echten Ausweg für unsere Klasse anzustreben.”
Dieser Artikel erschien zuerst auf Spanisch auf laizquierdadiario.com.