Argentinien: Große Versammlung stellt Kampfplan gegen Milei auf
Unter dem Motto „Für einen Kampfplan, bis Mileis ganzer Plan besiegt ist“ haben sich etwa hundert Gewerkschaften, Betriebsräte, Delegierte, soziale Organisationen, Nachbarschaftsversammlungen und Teile der Studierenden- und der Frauenbewegung in Argentinien versammelt.
Seit seinem Amtsantritt im Dezember 2023 betreibt der argentinische Präsident Javier Miliei eine brutale Anpassungs- und Kürzungspolitik, die schon jetzt die Armutsrate im Land auf 57 Prozent erhöht hat, wie das Soziale Beobachtungszentrum der Universidad Católica Argentina berichtet. Wie zu erwarten war, und anders als Miliei in seinem Wahlkampf behauptet hatte, bezahlt nicht “die Kaste” für die Kürzungen, sondern die arbeitende Bevölkerung.
Die Entwertung des Dollars, die Deregulierung der Preise, die die Inflation verschärft hat, und tausende Entlassungen im öffentlichen wie auch im privaten Sektor verschlimmern die ökonomische und soziale Krise, in der sich das Land seit Jahren befindet. Heute betreibt Miliei diesen Kurs, aber schon davor waren es der Peronist Alberto Fernández mit seiner Regierung, an der auch Cristina Kirchner und ein Großteil ihrer politischen Strömung beteiligt waren, die die Krise hervorgebracht haben.
Miliei ist zwar mit breiter Unterstützung des argentinischen Volkes an die Macht gekommen. Aber schon seine ersten Maßnahmen haben diese Unterstützung untergraben und vom Anfang seiner Regierung an gab es Widerstand der arbeitenden Massen. Im Februar waren es die Nachbarschaftsversammlungen und die politische Linke, die die Krise der Regierung ausgenutzt haben, um dem sogenannten Omnibus-Gesetz den Todesstoß zu versetzen – ein erster Sieg der Straße. Seit einigen Wochen spielt sich in der nördlichen Provinz Misiones ein Kampf ab, an dessen Spitze die Lehrer:innen stehen, die ihre Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen einfordern. Dabei weisen sie darauf hin, dass ihre eigenen Arbeitsbedingungen die Lernbedingungen der Kinder der Arbeiter:innen sind.
In diesem Kontext haben verschiedene Sektoren der Arbeiter:innen, Aktivist:innen und der Linken zu einem Encuentro de Lucha (dt. Kampf-Versammlung) auf der Plaza del Congreso aufgerufen, einem der historischen Schauplätze von Versammlungen und Protesten in Buenos Aires. Unter dem Motto “Für einen Kampfplan, bis Mileis ganzer Plan besiegt ist” fand diese Versammlung am 25. Mai statt, dem Jahrestag der ersten argentinischen Regierung und der Revolution gegen die spanische Krone im Jahr 1810.
Diese Versammlung ist ein wichtiger Schritt, um die Koordinierung der verschiedenen Sektoren zu vertiefen, die am direktesten vom Sparkurs der argentinischen Regierung, des IWF und der großen Unternehmen betroffen sind. Derzeit stecken wichtige Gesetzesvorhaben von Milei im Kongress fest, während die wirtschaftliche Krise sich verschärft und die internen Debatten der staatstragenden Parteien in aller Öffentlichkeit ausgetragen werden.
Versammlung der aktiven Gewerkschaften und Linken
Während dieses Tages konnte man — wie immer wieder seit der Mobilisierung vom 20. Dezember – sehen, dass die kämpferischen Sektoren und die Linken nicht nachgeben und sich als Gegenpol zur Rechten positionieren. Dabei richten sie sich aber auch gegen die Gewerkschaftsbürokratien und den Peronismus, die im Allgemeinen darauf abzielen, Milei gewähren zu lassen, um dann in den Wahlen 2027 wieder zurückzuschlagen. Die gemeinsame Koordination voranzutreiben, wird immer dringender. Wie viele Redner:innen deutlich gemacht haben, ist das der einzige Weg, um die Alternative zum Regierungskurs zu stärken und Millionen zu erreichen, die heute in den Gewerkschaften, Nachbarschaften und Hörsälen sind und darauf warten, dass ihre Organisationen etwas tun.
Der Vormittag gehörte einer großen Anzahl von Vertreter:innenn der zurückeroberten Gewerkschaften und der harten Kämpfe der Lehrkräfte von Misiones, der Reifenfabrik Fate oder GPS sowie Vertreter:innen der verschiedenen Bewegungen. Dann folgte die Debatte in Kommissionen, die sich an der Sitzung beteiligten und neue Beschlüsse in das vorgelegte Dokument aufnahmen. Im letzten Teil wurden ein politisches Dokument und konkrete Beschlüsse für die kommenden Wochen verabschiedet, darunter die Unterstützung des Streiks in Misiones, Aktionen gegen Entlassungen und die Notwendigkeit, den Gewerkschaftsdachverbänden (CGT und CTA) einen aktiven Streik aufzuerlegen, wenn das Basis-Gesetz behandelt wird.
Ab 10 Uhr versammelten sich Tausende von Menschen auf der Plaza del Congreso, wozu gut hundert zurückeroberte Gewerkschaften, Betriebsräte und Delegierte, soziale Organisationen, Nachbarschaftsversammlungen, die Studierendenbewegung, die Frauenbewegung und linke Parteien aufgerufen hatten. Die Protagonist:innen der wichtigsten Kämpfe im ganzen Land, die sich von Anfang an gegen die Pläne der Ultrarechten in der Regierung gestellt haben, waren anwesend. Besonders hervorzuheben ist die Teilnahme von Lehrer:innen aus Misiones, die gekommen waren, um dem Aufstand in der Provinz NOA gegen die Verelendungspläne des Gouverneurs Passalacqua eine Stimme zu geben. Und auch Anführer:innen der Frente de Izquierda (deutsch: Front der Linken), wie Nicolás del Caño, Christian Castillo, Alejandro Vilca und Romina del Plá, neben vielen anderen, waren da.
Aufruf zur Vorbereitung weiterer Streiks
Die Perspektive war von Beginn an klar. Unter den Slogans des Aufrufs stach die Hauptforderung nach einem aktiven Streik und einer landesweiten Mobilisierung der Gewerkschaftsverbände CGT und CTA an dem Tag, an dem das Basis-Gesetz im Senat behandelt wird, besonders hervor. Es war ein Auftakt, der den Weg aufzeigen soll, den gesamten Plan von Milei und den Großkapitalist:innen sowie den mitschuldigen Provinzregierungen zu vereiteln. Dazu braucht es eine Linke und eine kämpferische Gewerkschaftsbewegung, die auf die Passivität und Komplizenschaft der Gewerkschaftsführungen hinweist, sowie auf die Rolle der Führer:innen des Peronismus, die über ihre Reden hinaus zur „Regierbarkeit“ beitragen und nur an die Wahlen 2025 und 2027 denken, während die Armut und der Ausverkauf des Landes in alarmierendem Tempo voranschreiten.
Während des gesamten Vormittags und über den Mittag hinaus ergriffen Dutzende von Redner:innen das Wort bei der Eröffnung. Arbeiter:innen aus verschiedenen Sektoren und Regionen, Delegationen von Nachbarschaftsversammlungen, Vertreter:innen kämpferischer Gewerkschaften, laufender Kämpfe und sozialer Organisationen sowie Vertreter:innen der Frente de Izquierda ergriffen das Wort.
Am Nachmittag begann die Arbeit der Kommissionen in einem partizipativen Format, so dass alle, die sich zu Wort melden wollten, dies auch tun konnten. Es gab Kommissionen zu den Themen „Arbeiter:innenbewegung“, „Arbeitslose“, „Studierendenbewegung“, „Menschenrechte“, „Umwelt“, „Lehrer:innen“, „Frauen und Vielfalt“, „Nachbarschaftsversammlungen“, „Gesundheit“, „Kultur“, „Solidarität mit Palästina“, “Indigene Völker“, „Rentner:innen“, „Wohnen“ und „Nationale Politik“. Jede:r konnte sich dort melden, um das Wort zu ergreifen.
Zum Abschluss der Sitzung wurden die zur Diskussion gestellten Änderungsvorschläge zum Dokument vom Podium aus vorgetragen. Das endgültige Dokument wird in einigen Tagen veröffentlicht, nachdem eine Kommission die vorgelegten Vorschläge redigiert und eingearbeitet hat. In der Zwischenzeit wurden unter anderem die folgenden Hauptlosungen vereinbart und beschlossen:
* Wir fordern einen aktiven Streik und eine landesweite Mobilisierung der CGT und der CTA an dem Tag, an dem das Basis-Gesetz im Senat behandelt wird. Die Fortsetzung des Kampfplans mit einem Streik und einer nationalen Mobilisierung von 36 Stunden.
* Ablehnung jeglicher Arbeitsreform. Keine Verhandlungen der Gewerkschaftsdachverbände mit der Regierung.
* Ablehnung des arbeiter:innen- und massenfeindlichen Basis-Gesetzes.
* Nieder mit der Anpassungs- und Sparpolitk der Provinzregierungen.
* Gegen die Verfolgung der Arbeitslosen-Bewegung. Nieder mit den erfundenen Vorwürfen.
* Nieder mit dem repressiven Vorgehen von Sicherheitsministerin Bullrich. Nieder mit den undemokratischen Verordnungen der Regierung. Bedingungslose Verteidigung des Rechts auf Protest und Organisation unabhängig von Regierung und Staat.
* Wiedereinstellung aller entlassenen Arbeiter:innen in der Industrie und in staatlichen Einrichtungen. Wehren wir uns gegen alle Angriffe der Bosse
* Für den Sieg aller Kämpfe der Arbeiter:innen und des Volkes.
* Sofortige Erhöhung der Löhne und Renten. Wir lehnen die arbeiter:innenfeindliche und rückschrittliche Rentenreform ab. Mindestlohn in Höhe des durchschnittlichen Familienbedarfs. Nein zu Betriebsschließungen und Privatisierungen. Schluss mit prekärer Arbeit.
* Unbedingte Verteidigung der kostenlosen und öffentlichen Bildung und Gesundheit. Verdreifachung des Budgets für Bildung und öffentliche Gesundheit.
* Gerechtigkeit für die Opfer des Massakers von Barracas. Es war Lesbizid. Keine weiteren Hassverbrechen und Hassreden. Der Staat und seine Regierung sind verantwortlich.
* Weg mit den Zöllen.
* Stoppt die extraktivistische Ausplünderung.
* Weg mit dem Anreizprogramm für Großinvestitionen RIGI und allen Rekolonisationsplänen.
Raus mit dem IWF
Dieser Artikel ist zuerst auf Spanisch bei La Izquierda Diario erschienen.