Argentinien: Generalstreik, trotz des Drucks der Regierung und der Arbeitgeberverbände

11.04.2025, Lesezeit 5 Min.
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So sahen die Haupstraßen Avenida de Mayo und 9 de Julio im Herzen der Innenstadt von Buenos Aires am Mittag des 10. April aus | Foto: Enfoque Rojo

Mehr als 300 Flüge gestrichen, Straßen leer – das Land im Streik. Die Basis setzt ein Zeichen gegen die Regierung. Ein Überblick des Generalstreiks

Die großen Medienkonzerne lügen. Trotz der halbherzigen Bereitschaft der CGT, einen Streik auszurufen, und trotz des Drucks von Regierung und Unternehmern wurde in Zügen, U-Bahnen, Schulen, Krankenhäusern und in der Industrie kräftig gestreikt, und mehr als 300 Flüge wurden gestrichen. In vielen Teilen des Landes waren die Straßen halbleer. Der Streik war viel stärker, als sich viele vorgestellt hatten. Die Wut von Millionen von Arbeiter:innen kam zum Ausdruck. 

Der landesweite Streik am Donnerstag, den 10. April, hatte eine hohe Beteiligung. Und dies trotz des Drucks der Regierung und der Bosse, trotz des Streikboykotts der bürokratischen Führung der UTA und trotz der Tatsache, dass die Führung der CGT die Maßnahme vielerorts auf die denkbar schlechteste Weise vorbereitet hatte.

Es sei daran erinnert, dass die Gewerkschaftsbürokratie der CGT seit dem letzten Jahr  passiv geblieben war, als sie nach der Abstimmung über das Grundlagengesetz („Ley Bases“) mit Javier Milei der Arbeitsreform zustimmte und seither alle Angriffe der ultrarechten Regierung kampflos über sich ergehen ließ. Doch die Stärke von unten, zuerst am 1. Februar nach der Rede von Milei in Davos, dann am 8. und 24. März, und vor allem das Beispiel des Kampfes der Rentner:innen, die zu einem Symbol des Kampfes mit immenser Unterstützung der Bevölkerung wurde, zwangen die Bürokratie, einen Marsch am 9. April und einen Streik am 10. April auszurufen.

Getreu ihrer Politik, taten sie dies natürlich, „unfreiwillig“. Weit entfernt von dem kämpferischen Tag am 12. März gegen die Repression der Innenministerin Bullrich, ohne Versammlungen in den Betrieben, ohne ernsthafte Vorbereitung und zu allem Überfluss ohne die Beteiligung der Transportgewerkschaft UTA, was die Stärke der Maßnahme einschränkte.

Aber die Kraft und die Wut von Millionen von Arbeiter:innen kam zum Ausdruck, wodurch der Streik viel stärker war, als alle dachten. An diesem Donnerstag wurden Züge, U-Bahnen, Schulen, Krankenhäuser, Häfen und viele andere Arbeitsplätze in der Industrie und im Dienstleistungssektor trotz des zögerlichen und unvorbereiteten Aufrufs der Gewerkschaftsbürokratie der CGT unter Leitung von Héctor Daer in großem Umfang stillgelegt.

Mehr als 300 Flüge wurden aufgrund des Streiks gestrichen. Bereits am Mittwochabend hatten sich die Beschäftigten der Luftfahrtindustrie dem landesweiten Streik angeschlossen. Fast gleichzeitig wurden die Produktionsbänder mehrerer Fabriken leergefegt: 90 % Beteiligung bei VW und Ford in Pacheco, in der Autoteileindustrie, bei Metallurgieunternehmen wie Acindar, SIAT und CAT, bei Fate und Pirelli in der Reifenindustrie, in den Coca-Cola-Werken in Córdoba und Barracas sowie in der Lebensmittelindustrie von Mondelez (Pacheco) bis Bagley (Córdoba). Auch in den großen Ölmühlen in der Region Rosario-San Lorenzo wurde der Streik allmählich spürbar. Um Mitternacht am Mittwoch wurde auch der Hafendienst unterbrochen, woran sich alle in der FEMINPRA zusammengeschlossenen Gewerkschaften beteiligten. Die Züge und U-Bahnen fielen ab Mitternacht aus, und es entwickelte sich ein starker landesweiter Streik, der bis zum Morgen große Teile des Verkehrs, der Dienstleistungen und der Industrie lahm legte. Der einzige Verkehrssektor, der noch funktionierte, waren die Busse. Sie verkehrten jedoch nur mit sehr wenigen Personen und waren meistens fast leer. Wenn in der UTA nicht gestreikt wurde, so lag das an der Entscheidung der bürokratischen Führung von Roberto Fernández, die es den Millionen von informell Beschäftigten schwer machte zu streiken.

Der größte Organisator des Streiks war nicht die CGT, ganz im Gegenteil. Es war die Wut über die elf Monate Passivität, über die eingefrorenen Löhne, die Entlassungen und die Arroganz der Bosse, die von einer rechten Regierung und einer mitschuldigen Opposition unterstützt wurde. Der Peronismus hat nicht einmal inmitten des Streiks seine internen Streitigkeiten ausgesetzt. Andere, die für den Streik „verantwortlich“ waren, waren die Rentner:innen, welche die Mittwoche des Widerstands aufbauten.

Es zeigt, dass die Arbeiter:innenklasse die Kraft hat, die Pläne von Milei und den Großkapitalist:innen zu besiegen. Aber dafür ist es notwendig, dass diese Streiktage nicht isoliert sind, sondern die Kontinuität eines Kampfplans in der Perspektive des Generalstreiks fordern, bis wir die Angriffe besiegen und unsere Maßnahmen durchsetzen. Auch um die gewerkschaftlich organisierten Arbeitenden mit den informellen Arbeitenden, mit den Rentner:innen, den Studierenden und Lehrenden, die für die öffentliche Bildung kämpfen, zu vereinen. Das ist die Position, mit der die Linke und die kämpferische Gewerkschaftsbewegung in diesen Tagen angetreten ist. Wir müssen sie mit der organisierten Kraft von unten den Bürokraten der CGT aufzwingen, die am Donnerstagnachmittag eine Pressekonferenz abhielten, ohne eine Fortsetzung der Maßnahmen anzukündigen.


Dieser Artikel erschien zunächst am 10. April auf unserer argentinischen Schwesterseite La Izquierda Diario.

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