Argentinien: Attentat gegen Vizepräsidentin Kirchner
Der schwere Vorfall ereignete sich am Donnerstagabend vor der Tür des Hauses der Vizepräsidentin. Auf den umlaufenden Videos ist ein Geräusch zu hören, das bestätigt, dass die Waffe abgefeuert wurde. Die Partei der Sozialistischen Arbeiter: innen verurteilt das Attentat, fordert Aufklärung und kritisiert das politische Manöver der Regierung.
In der Nacht zum Donnerstag wurde eine Person festgenommen, die eine Pistole auf die Vizepräsidentin Argentiniens, Cristina Fernández de Kirchner, gerichtet hatte. Der schwere Anschlag fand vor der Tür ihres Hauses im Stadtteil Recoleta von Buenos Aires statt. Die verhaftete Person ist ein 35 Jahre alter Mann, der nach ersten Informationen Tätowierungen, die mit rechtsextremer Symbolik verbunden sind, hat.
Der Vorfall wurde sofort von breiten politischen Kreisen abgelehnt. In der Regierungspartei haben sich führende Politiker:innen wie Wirtschaftsminister Sergio Massa und Abgeordnetenhaus-Vorsitzende Cecilia Moreau der regierenden Frente de Todos (Front Aller) und viele andere zu Wort gemeldet. Aus der rechten Opposition von Juntos por el Cambio (Zusammen für Veränderung) gab es Ablehnungen, zu denen auch der ehemalige Präsident Mauricio Macri und Horacio Rodríguez Larreta, Bürgermeister der Stadt Buenos Aires, gehörten. Allerdings gab es auch ein paar relativierende Stimmen. Darunter war auch die Abgeordnete Amalia Granata (Juntos por el Cambio), die erklärte, sie glaube nichts von dem, was passiert sei.
Es wurde auch bekannt gegeben, dass die Führung der Gewerkschaft CGT für Freitagmorgen eine Sitzung einberufen hat. Bei dem Treffen sollten Maßnahmen zur Bewältigung des Vorfalls erörtert werden. Auch andere Gewerkschaftssektoren – wie die Gewerkschaft der U-Bahn-Beschäftigten – verurteilten den Angriff.
Von der Front der Linken und der Arbeiter:innen – Einheit (FIT-U) meldeten sich auch Abgeordnete und Anführer:innen zu Wort, um diesen schwerwiegenden Akt zu verurteilen. Nicolás del Caño, Myriam Bregman und Alejandro Vilca – die drei nationalen Abgeordneten der Sozialistischen Arbeiter:innenpartei (PTS), unserer Schwesterorganisation, – gaben öffentliche Erklärungen in sozialen Netzwerken ab.
Die Ereignisse fanden vor dem Hintergrund der starken politischen Spannungen und der Mobilisierungen statt, die nach dem Antrag des Staatsanwalts Diego Luciani auf zwölf Jahre Haft und das Verbot der Ausübung öffentlicher Ämter für Kirchner wegen der „Straßen-Affäre“ (gemeint sind fragwürdige Infrastrukturprojekte mit befreundeten Bau-Unternehmer:innen) ausgerufen wurden, was ebenfalls von der PTS verurteilt wurde, während sie darauf hinwies, dass Korruption nicht mit der politischen Verfolgung der bürgerlichen Justizkaste konfrontiert werden kann. Auch wenn es durchaus möglich ist, dass die Vorwürfe war sind, sollte dies nicht von einer Justiz -im Dienste eines Sektors der Mächtigen gegen ein Anderes- beurteilt werden. Derartige Urteile wurden und werden immer wieder gegen Proteste der Lohnabhängige und Sozialist:innen in repressiver und antidemokratischer Form verwendet, sodass die einzige gerechte Möglichkeit in durch Volksabstimmung gewählte Geschworenengerichte – statt designierte – Richter:innen beruht.
In seiner kurzen Botschaft erklärte der Präsident Alberto Fernández, dass er einen Feiertag anordne, damit „das Volk in Frieden und Harmonie das Leben, die Demokratie und die Solidarität mit unserem Vizepräsidenten verteidigen kann“. Außerdem rief er „jeden einzelnen argentinischen Mann und jede einzelne argentinische Frau, alle politischen und sozialen Führer, die Medien und die Gesellschaft im Allgemeinen auf, jede Form von Gewalt abzulehnen.“
Im Folgenden spiegeln wir einen Teil der Erklärung der Politischen Kommission der Sozialistischen Arbeiter:innenpartei (PTS) wieder:
Zur Zurückweisung des Angriffs gegen Cristina Kirchner und zur sofortigen Aufklärung
In der Tradition des revolutionären Marxismus verurteilen wir von der PTS dieses versuchte Attentat ohne zu zögern. Unsere energischste Ablehnung und Forderung nach Aufklärung veranlasst uns auf keinen Fall, uns dem Aufruf zur Mobilisierung am Freitag anzuschließen, den der Präsident im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gemacht hat (und der von den regierungsnahen Gewerkschafts- und Studierendenanführer:innen aufgegriffen wird).
Wir weisen den Versuch zurück, die gerechte Zurückweisung des Angriffs politisch zu nutzen, um zur nationalen Einheit aufzurufen – eine Einheit zwischen denjenigen, die brutale Kürzungen erleiden, und denjenigen, die sie dekretieren.
Aus dem Munde von Alberto Fernández bedeutet der Aufruf zum „sozialen Frieden“ nichts anderes als die Aufforderung, sich mit der Regierung, der rechten Opposition und den Unternehmer:innen zu versöhnen. Das heißt: Mit denjenigen, die ausbeuten, prekarisieren, Entlassungen durchführen und zu Rückständigkeit und Unterordnung verdammen.
Sie sind diejenigen, die in Fortführung der Arbeit von Macri die gegenwärtige soziale Katastrophe im Land mit mehr als 17 Millionen Menschen unterhalb der Armutsgrenze und einer Inflation von 71 Prozent, die der Bevölkerung aus den Taschen gezogen wird, vorangetrieben haben. Sie tun dies, während sie weiterhin die illegale der Staatsverschuldung legitimieren, die Geschäftsleute mit Steuervergünstigungen stützen und die privatisierten Unternehmen, die Grundbesitzer:innen und die Spekulant:innen weiterhin in großem Stil einnehmen.
Wir von der PTS verteidigen diese „Harmonie“ nicht, in der die Märkte und die Mächtigen jeden Tag entscheiden, während die arbeitenden Menschen ausgehungert werden und alle Versprechen, die ihnen gemacht wurden, gebrochen werden. Aus diesen Gründen lehnen wir den Angriff aufs Schärfste ab und fordern seine Klärung, aber gleichzeitig sagen wir ganz klar, dass wir weder mit den Parteien des kapitalistischen Regimes, die die Pläne des IWF umsetzen, noch mit den ausbeutenden Bossen für „Harmonie“ marschieren.