(Ohne Datum, vermutlich 1934)
Liebe Lotte!
Hast du keinen Brief von Grete Charmaz [?] bekommen? Ich habe nämlich einen der Tante Groß gegeben. Es ist sehr schade, daß unsere Korrespondenz so eingeschlafen ist, und ich habe geschworen, daß sie, zumindest von meiner Seite aus, nicht mehr verschlampert wird. Und nun werde ich dir erzählen, was alles los ist. Also zu Hause ist alles in Ordnung, weder Gutes noch Schlimmes und das ist schon gut. Papa bekommt Unterstützung, mit der er so schlecht und recht auskommt. Monte ist in Dänemark, wo es ihm mehr oder weniger gut geht. Er schreibt ziemlich wenig, war aber vor 1 ½ Monaten in Deutschland. Ob er dann nach Palästina geht, ist noch nicht klar. Seine Adresse:
Martin Monath bei Siegwald Haksbjerg
Hyllede pre Faxe
Sjaelland, Danmark
Dort bei Tante Eva geht alles in gewohnten Gleisen. Nur daß Adolf in einem Beth -Chaluz wohnt, weißt du ja. Und nun von mir. Nachdem ich bereits 10 Monate als Mechaniker gelernt hatte, sind die Mechanikerkurse aufgeflogen und ich habe nun begonnen, als Bauklempnervolontär zu arbeiten. Ich kann hier viel aus meinem schon gelernten verwerten. Ich habe eine gute Stelle und lerne viel und bekomme noch 5 M. wöchentl. Ich arbeite aber 10 Stunden von ¾ 8 – ½ 6, 6 Die Arbeit ist ziemlich schwer, aber man gewöhnt sich daran. (Ich habe mich übrigens neulich ärztlich untersuchen lassen vom Hechaluz, wobei der Arzt festgestellt hat, daß ich sehr kräftig bin). Ich lerne Klempnern (Dachkehle, Rinnen, Balkone etc) und Rohrleger. Also wirklich ausgezeichnet. Ich wohne noch immer im Beth-Chaluz und trinke jeden Tag ein Glas lauwarme Ziegenmilch. Ich habe aber wirklich genug zu essen. Ich führe außer meiner Arbeit eine Gruppe von 15jähr. Jungen und bin auf diese Art und Weise zeitlich sehr in Anspruch genommen. Ob ich in diesem Frühjahr nach Palästina fahre, ist noch fraglich, denn
(Der Brief schneidet hier ab.)
Quelle: Privatarchiv von Naomi Baitner, Rechovot