Ich, der Unterzeichnete, Karl Arthur (Karol) W I T L I N (Monath), erklaere hiermit nachstehendes :
Ich wurde am 12.8.1915 in Berlin als Sohn juedischer Eltern geboren und gehoere noch heute der juedischen Glaubensgemeinschaft an. Mein letzter Wohnsitz in Deutschland war, Berlin-Charlottenburg, Gutenbergstr. 4 bei Familie Blumenfeld. Heute wohne ich in Tel-Aviv, Rambamstr. 6 /Israel/.
Nach Beeindigung der Volksschule Berlin, Koeppenickerstr. besuchte ich das Luisenstaedtische Reform-Realgymnasium Berlin, Sebastianstr. bis zum Jahre 1932. Von Ostern 1932 bis Juni 1933 besuchte ich das Realgymnasium Karl-Marx-Schule Berlin-Neukoelln. Im Februar 1933 wurde auf Druck der Regierung der Schulleiter Karsen, der links gerichtet war, abgesetzt und an seine Stelle als Direktor ein frueherer Lehrer der Schule namens Schwedtke eingesetzt. Die Schule wurde in „Kaiser Friedrich Realgymnasium“ umgenannt.
Seit dieser Zeit wurde der Druck auf die linksgerichteten Schueler, insbesondere auf die juedischen Schueler immer staerker. Wir wurden gezwungen das Horst-Wessel-Lied zu singen und durch die tagtaeglichen Anpoebelungen und Beschimpfungen seitens der Mitschueler und der Lehrer wurde mir die Teilnahme am Schulunterricht immer schwerer gemacht, bis schliesslich im Juni 1933 der Zustand fuer mich unhaltbar war.
Die Lehrer und insbesondere der Direktor Schwedtke forderten mich auf die Schule zu verlassen. Ich sah ein, dass in Deutschland keine Zukunft mehr fuer mich war, insbesondere da ich die Absicht hatte, nach Ablegung des Abiturientenexamens die technische Hochschule zu besuchen, um Maschinenbau-Ingenieur zu werden.
Auch mein aelterer Bruder Martin hatte das gleiche Ziel und war bereits Student der technischen Hochschule in Berlin, am Tiergarten. Dieses Studium wurde von meinem Vater, Bernahrd (Baruch) WITLIN (Monath), der unter dem Namen Monath in Berlin Skalitzerstr.132 ein gutgehendes Herren-Garderobe-Geschaeft hatte, bezahlt und mein Vater hatte die Absicht auch mein Studium zu bezahlen. [durchstrichen]Mein Vater hatte eine akademische Bildung. Er konnte Latein und half mir oft bei meinen lateinischen Aufgaben. Meine Mutter hatte das Lehrerinnenexamen abgelegt.[/durchstrichen]
Um mich auf meine Auswanderung nach Palästina vorzubereiten, besuchte ich ab 1933 ein Umschulungskurs der juedischen Gemeinde Berlin-Siemensstadt, Nonnendamm 4, fuer Metallarbeiten. Dort vlieb ich bis Anfang 1934. Dann wurde ich von der Juedischen Organisation „Hechalutz“ zur Ausfuehrung von organisatorischen Arbeiten aufgefordert, die ich bis zum Neujahr 1938 ausfuehrte.
Seit Anfang 1938 arbeitete ich als Volontaer bei der Fabrik fuer elektrische Holzbearbeitungsmaschinen Stechschneider, Kurfuerstenstr. Berlin, bis 28. Oktober 1938.
Von 1935 bis 1938 bekam ich Verpflegung und Unterkunft vom juedischen Jugendverband „Hechalutz“ und im Jahre 1938 verdiente ich
ca. RM. 60.- monatlich.
Am 28. Oktober 1938 bekam ich einen Ausweisungsbefehl aus Deutschland. Die Polizeibeamten, die mir diesen Befehl ueberbrachten, verhaftete und brachten mich auf das Polizeirevier und von da aus zum Schlesischen Bahnhof, Berlin. Von dort aus wurde ich per Bahn ueber die polnische Grenze gebracht. Nach drei Monaten gelang es mir mich an einem illegalen Transport nach Palästina anzuschliessen.
Hier im Lande arbeitete ich in verschiedenen Werkstaetten als Metalldreher bis zum Jahre 1942. Dann trat ich in die britische Armee ein, aus der ich im Jahre 1946 entlassen wurde.
In den Jahren 1946 – 1947 arbeitete ich wieder als Metalldreher und im Jahr 1947 schloss ich mich der jisr. Befreiungsarmee an.
Ich verdiente:
1939 ca. LP. 6.—/mtl.
1940 “ “ 9.—/ “
1941 “ “ 15.—/ “
1942-1946 britische Armee
1946 “ “ 25.—/ “
1947 “ “ 30.—/ “
Meine Grosseltern vaeterlicherseits mit dem Namen MONATH waren nur religioes getraut. Mein Vater hiess amtlich zunaechst MONATH. Sein Name wurde im Jahre 1938 von den polnischen Behoerden nach dem Maedchennamen seiner Mutter in W I T L I N geaendert. Daher gehen meine amtlichen Papiere teilweise auf den Namen MONATH und teilweise auf den Namen WITLIN. Hierueber lege ich eine beglaubigte Photokopie des Dokumentes des Standesamtes Berlin/Treptow bei.
Tel-Aviv, den 6. Oktober 1955
Karl Arthur (Karol) W I T L I N (MONATH)
Quelle: Entschädigungsbehörde Berlin, Reg. Nr. 274 068 (Karol Wittlin)