(Ohne Datum – vermutlich Mitte Februar 1939.)
Lieber Carlo!
Nun kommt gleich hinter der Kunstkarte doch noch ein Brief. Er ist auch in den frühen Morgenstunden dem Schlafe abgetrotzt, wie der Deine. Zunächst die Fotos aus dem blauen Album mit dem Titel: Jugendbewegung oder: Schenkel sehen Dich an, sollst Du demnächst erhalten. Zu Deinem Brief wegen Alijah und zwei Eisen im Feuer kann ich nichts sagen. Die Lebensweisheit ist ja so klugen Menschen wie wir nichts Neues. Dennoch ist der Rat nicht nötig. Aber zu Deiner Beruhigung, der Weg bleibt immer noch offen. Und ferner kann ich Euch mitteilen, daß der little Herbert bald in Erez sein wird und zwar wird er Dir auf Deinem Weg folgen. Das Attest aus Jerusalem ist schon angekommen, er sollte nur unterschreiben, daß er im Falle einer Verschlechterung seiner Augen keinen Schadensersatz von der J.A. [Jewish Agency] verlangen wird. Doch ist das ganze alles unnötig, da er gar nicht erst nach England sondern direkt nach Erez gehen wird.
Daß Ihr Arbeit habt, ist einfach gottvoll. Jeder, dem ich das erzähle, wundert sich. Die ökonom. Ursache für die große Nachfrage gerade in Euerem Fach ist nicht zu sehen. Oder liegt es daran, daß Hans ein so guter Fachmann ist. Habt Ihr das Buch von der Curie immer noch nicht gelesen? Ich habe übrigens beschlossen, Onkel Bulli [?] doch auch (hört, hört!) zu Euch zu schicken. Er wird mit einem Brief für Hans kommen, darin unter anderem das erwünschte Zeugnis sein wird. Behandelt ihn vorsichtig (den Onkel natürlich, den Brief auch). Der Onkel wird ja nicht lange bei Euch bleiben und wieder nach London gehen. Seid nett zu ihm, Ihr wisst ja, die Liebe oder besser Sympathie eines solchen Onkels soll man sich nicht verscherzen. Das ist eigentlich alles. Ich rechne damit, hier Sonntag in 8 Tagen meine Papiere völlig in Ordnung gebracht zu haben, so daß ich fahren kann. Ich erwarte Eure baldige Antwort und natürlich auch die übliche Bestätigung dieses Briefes. Schreibt mir sofort, denn erstens bin ich nach den letzten Nachrichten [unlesbar] um Euch besorgt und dann habe ich ja auch keine Zeit mehr. Also herzliche Grüße und Küsse
Euer Monte
Quelle: Archiv von Rodolphe Prager, Ordner 301, Martin Monat
Im Internationalen Institut für Sozialgeschichte (IISG), Amsterdam