Antideutscher Angriff auf Linke bei Anti-Inflations-Demo in Leipzig

16.10.2022, Lesezeit 5 Min.
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Foto: REVOLUTION

Am vergangenen Samstag kam es in Leipzig bei einer Demonstration gegen die steigenden Preise zu einem Übergriff von antideutschen LINKEN-Mitgliedern auf linke und palästinasolidarische Genoss:innen.

In Leipzig demonstrierten am Samstag über 2000 Menschen unter dem Bündnis “Jetzt reicht’s! Wir frieren nicht für Profite!” gegen Preissteigerungen und Krisengewinne. Neben Genoss:innen von der Linkspartei haben sich auch verschiedene linke und antiimperialistische Gruppen an der Aktion beteiligt. Der Augustusplatz im östlichen Stadtzentrum war während der Auftaktkundgebung an den Rändern schon gut gefüllt, jedoch gab es in der Mitte noch einiges an Platz. Vom Podium wurde gebeten, dass dieser gefüllt werden sollte. Daraufhin fanden sich Genoss:innen der palästinensischen Gruppe Handala und REVOLUTION in der Mitte ein. Gegen Ende der Auftaktkundgebung skandierten sie “Viva Palästina”, woraufhin unmittelbar Personen darunter Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (LINKE) und Carla Büttner (ehemalige Bundessprecherin Linksjugend solid) den beiden Gruppen nah kamen und ihnen Antisemitismus aufgrund von Bannern und insbesondere eines Schildes vorwarfen, auf denen das besetzte palästinensische Gebiet in den entsprechenden Farben abgebildet war. Zunächst wurde bei den Vorwürfen noch der Vorwand des Demokonsens genutzt, in welchem “regionale und nationale Flaggen” unerwünscht waren. Dieser ist grundsätzlich schon zu kritisieren, da er antikoloniale Befreiungskämpfe keine Stimme gibt und ihre Unterdrückung reproduziert. Widersprüchlicherweise stellte sich Carla Büttner gleichzeitig mit einer Israel-Fahne vor eines der Banner.

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Foto: REVOLUTION

Vermutlich um zu deeskalieren, wurde das Schild von Handala herunter genommen und tauchte kurz danach wieder auf – jedoch war die vermeintlich problematische Abbildung Palästinas herausgeschnitten. “Plötzlich wurde die Person mit dem Schild von jemandem angesprungen – ich dachte eine Prügelei wäre losgegangen.” berichtet Mae-Ann, eine Demoteilnehmerin, die Zeugin des Geschehens wurde. Es stellte sich heraus, dass der Angriff auf das Schild von der Landtagsabgeordneten Juliane Nagel (LINKE) ausging. Nach etwas Gerangel schien es, als wäre Handala gezwungen gewesen, das Schild ganz wegzupacken. Daraufhin entfernte sich die Gruppe um Nagel und Büttner. Die Augenzeugin erklärt weiter: “Die belästigte palästinensische Gruppe war zurecht aufgebracht, verhielt sich aber deeskalierend.“ Im Verlauf der Demonstration wurden erneut Genoss:innen von REVOLUTION und Handala bedrängt und ihre Banner von Michael Neuhaus und anderen Antideutschen verdeckt. Dies veranlasste Genoss:innen der DKP einzugreifen und ihrerseits sich vor die Antideutschen zu stellen.

Bezeichnend ist die Haltung des Stadtratmitglieds Michael Neuhaus (LINKE): “Es ist unglaublich wie sektiererische Steinzeitkommunisten eine Demo gegen die hörenden Energiepreise für ihre antisemitische Propaganda missbrauchen & auf den Konsens des Aktionsbündnisses spucken. Wer meint, dass das richtige Zeitpunkt dafür ist, ist so am Ende.” Er betreibt dabei klassische Täter-Opfer-Umkehrung. Anstatt seine eigenen Genoss:innen zu kritisieren, die die Meinungsfreiheit von Linken und unterdrückten Minderheiten eingeschränkt haben, verteidigt er die koloniale Politik Israels. Das ist auf der einen Seite undemokratisch und auf der anderen darf der absurde Antisemitismus-Vorwurf nicht als Begründung dienen, die Unterdrückung der Palästinenser:innen zu rechtfertigen.

Es kann nicht sein, dass sich Mitglieder des Landtags und Sprecher:innen der Linksjugend sich so abgrundtief unsolidarisch gegenüber ihren eigenen Genoss:innen verhalten. Wir fordern, dass Nagel, Büttner und Neuhaus sich öffentlich entschuldigen oder ihre Ämter räumen. Sie stehen nicht für die Politik gegenüber unterdrückten Völkern, die es unserer Meinung nach braucht, um sie zu befreien, sondern auf der anderen Seite des Apartheidstaats Israel, aber auch der imperialistischen Großmächte wie den USA und auch Deutschland. Wir rufen auch alle Mitglieder der Solid und der LINKEN, aber auch alle außerhalb der Parteistrukturen auf, sich öffentlich gegen Nagel und Co. zu positionieren und klar Stellung gegen die imperialistische Politik Israels zu beziehen. Wir sind auch der Überzeugung, dass Linke Unterdrückten das Recht einräumen sollten ihre Fahnen der nationalen Befreiung zu tragen, während wir Fahnen der imperialistischen Nationalstaaten, wie die von Deutschland und den USA sowie dem Apartheidstaat Israel konsequent ablehnen müssen. Zusätzlich regionale Fahnen in einen solch mehr als fragwürdigen Konsens mit einzubeziehen, halten wir für eine Verschärfung dieses Angriffs auf das Recht unterdrückter Gruppen.

Kurze Klarstellung: In einer ersten Version dieses Artikels stand, dass Juliane Nagel Anmelderin war. Dem ist nicht so. Wir hätten diese Information, die wir auf der Demonstration so aufgenommen haben, besser überprüfen müssen, aber das ändert aber nichts an ihrem unsolidarischen Verhalten und wir fordern nach wie vor eine Entschuldigung.

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