“Antideutsche“ stören israelische Veranstaltung in Leipzig
Am 19. Mai wollte eine israelische Friedensaktivistin in einem von Israelis betriebenen Laden in Leipzig einen Film zeigen. Dabei wurde sie von sechs Deutschen gestört. Neue Absurditäten aus der Ecke der sogenannten "Antideutschen".
Der Laden Kulthum in Leipzig präsentiert sich als „nicht-kommerzielle vegane feministische Safe-Space-Bar“. Bei einer Veranstaltung am 19. Mai sollte dort der Film „The Lab“ gezeigt werden. Dieser israelische Dokumentarfilm argumentiert, dass die Besatzung Palästinas auch dazu dient, die Produkte der israelischen Waffenindustrie zu testen. Shahaf Weisbein aus Tel Aviv von der Coalition of Women for Peace (CWP) sollte im Anschluss zum Thema referieren.
Rund 25 Menschen saßen im Publikum. Doch bevor der Film losgehen konnte, stellten sich fünf Männer und eine Frau vor der Leinwand hin. „Kein Frieden mit den Feinden Israels“ stand auf einem Transparent. Auf Flugblättern warfen sie der Referentin vor, die CWP würde die Hamas unterstützen und antisemitisch sein.
Die sechs Deutschen schrien herum und weigerten sich zu gehen. Aus dem Publikum gab es immer wieder Versuche, mit ihnen zu diskutieren, aber sie weigerten sich. Der Ladenbesitzer forderte sie mehrmals auf zu gehen, ergebnislos. Nach etwa fünf Minuten gingen die „Antideutschen“ wieder. Die Filmvorführung und Diskussion konnten wie geplant stattfinden.
Wir haben es mit deutschen „Linken“ zu tun, die subjektiv gegen Antisemitismus sind – aber einen abgrundtiefen Hass gegen linke Israelis und Juden*Jüdinnen zeigen. Ihre „Solidarität mit Israel“ ist eine Solidarität mit der rechten-rechtsextremen Regierungskoalition von Netanjahu und Lieberman. Ihr Transpispruch macht deutlich, dass sie sich in Wirklichkeit nicht gegen Antisemit*innen, sondern gegen Staatsfeind*innen richten. Wenn linke Israelis sich gegen „ihren“ bürgerlichen Staat auflehnen, antworten diese Deutschen mit Hetzkampagnen und Übergriffen.
Das passiert immer wieder: So sagten die Betreiber*innen des „linken“ Raums H48 ausdrücklich, dass sie keine Diskussion mit linken Israelis oder Palästinenser*Innen wünschen. So führte die Wochenzeitung „Jungle World“ eine Hetzkampagne gegen israelische Queer-Aktivist*innen in Berlin oder gegen Menschenrechtsorganisationen in Israel. Der Berliner Parlamentsabgeordnete Oliver Höfinghöff (Piraten / Linke) war sogar auf einem Video zu sehen, wie er auf israelische und palästinensische Queer-Aktivist*innen einschlug. Und das alles im Namen des Kampfes gegen Antisemitismus?
Wir haben es hier mit einer vollständigen Umdeutung des Begriffs zu tun. Antisemitismus bedeutet Hass gegen jüdische Menschen. Aber die Verteidiger*innen des Staates Israel wollen, dass jede grundlegende Kritik an diesem Staat zu Antisemitismus erklärt wird. So kommen wir zur absurden Situation, dass eine deutsche Adlige wie Jutta Dittfurth behaupten kann, dass ein Bündnistreffen „antisemitisch verhetzt“ war – und zwar von jüdischen Israelis! Diese Deutschen erklären sich zu den „wahren Opfern“ des Antisemitismus und verharmlosen so diesen.
Diese „Linken“ wollen linke Israelis und Juden*Jüdinnen mundtot machen. Sie würden sicherlich behaupten, sie hätten nichts gegen Juden*Jüdinnen an sich – sie würden rechte, religiöse, nationalistische, homophobe Anhänger*innen der israelischen Regierung willkommen heißen. Aber der Witz ist, dass rechte Israelis sicherlich nicht in irgendwelchen linken Szenekneipen, Jugendzentren oder Infoläden in Deutschland rumhängen wollen. Deshalb kommt diese Hetze gegen linke Israelis einem praktischen Juden*Jüdinnenverbot in linken Räumen gleich.
Die Referentin Shahaf Weisbein sagte im Gespräch mit Klasse Gegen Klasse:
In Deutschland ist es schwierig, über die Besatzung Palästinas zu sprechen. Ich würde linksradikale und anarchistische Gruppen dazu auffordern, die israelische Propaganda zu hinterfragen und eine Diskussion zuzulassen. Außerdem: WTF? Wie nennt ihr Israelis Antisemit*innen? Was wisst ihr davon?
Die Jüdische Antifa Berlin findet wie immer treffende Worte:
Die ohnehin bereits bekannte anmaßende Realitätsverweigerung und bevormundende Besserwisserei deutscher „Antideutscher“ zeigte sich kürzlich wieder in Leipzig. (…) Wir fragen uns: Sind Antideutsche die besseren (besten?) Israelis oder nur die besseren (besten?) Deutschen? Oder haben sie sich daran gestört, dass die Veranstaltung an einem Freitagabend, also Shabbat, stattfand und sind damit gar die besseren (besten?) Juden?
Unsere Solidarität gilt der revolutionären Linken in Israel und Palästina in ihren Kämpfen gegen Krieg, Besatzung, Kapitalismus, Nationalismus, Sexismus und Homophobie. Klasse Gegen Klasse wird weiterhin ein Medium sein, in dem die sich entwickelnde israelische Linke in Berlin und Deutschland, genauso wie die palästinensische Linke, zu Wort melden kann.