Anschlag auf Club Q: Erinnern heißt Kämpfen

23.11.2022, Lesezeit 3 Min.
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"Gays against Guns" auf der New York Pride 2017. Die Gruppe gründete sich in Reaktion auf das ähnliche Attentat von Orlando 2016. // Quelle: Shutterstock (Gina Kropf)

Kassy und Raymond feierten am Samstagabend im queeren „Club Q“ in Colorado Springs den Geburtstag eines Freundes. Es war der letzte Abend, den sie zusammen verbringen konnten. Ein 22-Jähriger erschoss im Club fünf Personen und verletzte mehrere weitere lebensgefährlich. Kassys Vater Richard Fierro überwältigte den Attentäter. Raymond überlebt nicht.

Daniel Aston, Derrick Gump, Kelly Loving, Ashley Paugh, Raymond Green Vance. Das sind die Namen der fünf, die am Samstagabend in Colorado Springs, USA, ermordet wurden. Der 28-jährige trans Mann Daniel Aston und Derrick Gump (38) arbeiteten im Club Q, dem „sicheren Hafen“ für die queere Community in Colorado Springs. Ashley Paugh hinterlässt eine Tochter im Alter von 11 Jahren. Von den 18 Verletzten schweben noch einige in Lebensgefahr.

Der 22-jährige Täter betrat mit Sturmgewehr und Handfeuerwaffe den Club und begann sofort zu schießen. Richard Fierro nahm ihm die Waffe ab und schlug ihn damit nieder. Er sagte gegenüber der New York Times: „Ich weiß einfach, ich muss diesen Typen töten, bevor er uns tötet.“

Bei dem Täter handelt es sich laut Ermittler:innen um den Enkel des extrem rechten republikanischen Politikers Randy Voepel. Dieser sitzt im Landesparlament Kaliforniens und gilt als Unterstützer des Putschversuches vom 6. Januar 2021, bei dem Trump-Anhänger:innen des Kapitol stürmten. Der Täter wurde bereits 2021 nach einer Bombendrohung gegen seine Mutter festgenommen .

US-Präsident Joe Biden hat sein Beileid bekundet. Die Ermittler:innen sowie Politiker:innen gehen von Hass als Motiv aus. Dieser Hass ist kein zufälliger, sondern ein struktureller Hass, der gegen queeres Leben geschürt wird. Das Attentat reiht sich ein in eine lange Liste von Morden an queeren Menschen, wie Malte C. In Deutschland, und 327 weiteren registrierten Morden an trans Menschen alleine im Jahr 2022.

Ihr Tod ist Ausdruck des mörderischen patriarchalen Systems.

Bereits 2016 wurden in Orlando 50 Menschen in einer queeren Bar erschossen. Wir leben in einem System, das durchzogen ist von queer- und transfeindlichen Strukturen. In denen  Presse, Parteien und Politiker:innen ihr Bestes geben, jederzeit klar zu machen, dass queere Personen nicht Teil ihrer Welt sein dürfen, außer sie passen sich perfekt an die bürgerlichen kapitalistischen Vorstellungen an.

Die Morde im Club Q sind das letzte Glied einer tödlichen Kette der Gewalt, der queere Menschen jeden Tag ausgesetzt sind. Es beginnt in dem Moment, an dem Menschen noch vor ihrer Geburt eine Geschlechtsidentität zugeordnet wird, geht weiter über Rollenklischees in Kinderfilmen, Hürden bei der Änderung des Namens und des Geschlechtseintrags und endet oft in Gewalt am Arbeitsplatz, im Alltag, in der Familie – der patriarchale Kapitalismus bietet keinen sicheren Hafen für queere Menschen.

Im Kampf für eine Welt, in der wir sicher feiern können, in der wir unser Leben genießen können, brauchen wir nicht auf die geheuchelten Beileidsbekundungen derer hoffen, die das mörderische System am Laufen halten: ein System, das queeres, weibliches, trans und Leben of Color abwertet und ihre Tode mindestens in Kauf nimmt, wenn nicht sogar selber verursacht.

Wie Marsha P. Johnson und Sylvia Rivera, die 1969 die Stonewall-Aufstände anführten, müssen wir uns im Gedenken an Daniel Aston, Derrick Gump, Kelly Loving, Ashley Paugh und Raymond Green Vance gegen rechte Attentäter, gegen den bürgerlichen Staat und seine Polizei, die uns immer wieder misshandelt und ermordet, organisieren und kämpfen.

Mourn the dead. Fight like hell for the living!

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