Anklage gegen „Letzte Generation“ wegen Bildung krimineller Vereinigung

Die Letzte Generation steht vor Gericht wegen Klimaaktivismus. Der Staat möchte einen Exempel statuieren, um kommende unliebsame Proteste zu kriminalisieren.
Die Generalstaatsanwaltschaft München hat vor einer Woche Anklage gegen fünf frühere Aktivist:innen der Letzten Generation erhoben. Der Vorwurf: die Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 Strafgesetzbuch (StGB). Zu den konkreten Anklagepunkten hat sich die Staatsanwaltschaft bislang nicht geäußert.
Die Anklage basiert auf der rechtlichen Einschätzung, dass eine Organisation, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten ausgerichtet ist, als kriminelle Vereinigung einzustufen ist. Nach § 129 StGB macht sich strafbar, wer eine solche Gruppierung gründet, ihr angehört oder sie unterstützt. Laut Medienberichten zählt auch Carla Hinrichs, eine bekannte Vertreterin der Klimabewegung, zu den Beschuldigten.
Darüber hinaus stuft die Staatsanwaltschaft die Aktivitäten der Letzten Generation als „erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ ein. Bereits im Mai 2023 wurden unter der Federführung der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) und des Landeskriminalamts Abhörmaßnahmen durchgeführt, was die Abschaltung der Website der Organisation nach sich zog. Ob es nun tatsächlich zu einem Prozess kommt, wird nun vom Landgericht München entschieden.
Mehrere Gerichte in Deutschland debattieren derzeit darüber, ob die Letzte Generation – entweder generell oder in bestimmten Regionen – als kriminelle Vereinigung eingestuft werden kann. Die Organisation selbst betrachtet die Anklage als „Angriff auf zivilgesellschaftliches Engagement und damit auf einen Eckpfeiler der Demokratie“.
Hintergrund der Anklage
Die Anklage steht im Zusammenhang mit den Protestaktionen der Letzten Generation, insbesondere den umstrittenen Straßenblockaden und Festklebeaktionen, die seit Anfang 2022 regelmäßig zu Verkehrsbehinderungen führten. Darüber hinaus gab es Farbattacken auf öffentliche Gebäude und Kunstwerke sowie gezielte Aktionen gegen Symbole des Reichtums.
Eine der bekanntesten Aktionen war die Farbattacke auf einen Privatjet in Sylt im Juni 2023, bei der ein Schaden von über 200.000 Euro entstand. Weitere jüngere Proteste umfassten Flughafenblockaden im Herbst 2024 und einen Farbanschlag im Dezember auf das Hotel Adlon in Berlin. Die Letzte Generation hat also im Vergleich zu den Massendemonstrationen und Schulstreiks von Fridays for Future mit ihren Höhepunkten im Jahre 2019 eher auf kleine, störendere und vor allem medienwirksame Protestaktionen gesetzt, um die Dringlichkeit der Klimakatastrophe zu betonen.
Strategiewechsel der Organisation
Anfang 2024 kündigte die Letzte Generation dabei einen Strategiewechsel an und beendete die Straßenblockaden. Stattdessen rief sie zu ungehorsamen Versammlungen auf und plante, zur Europawahl anzutreten, um ihre Anliegen auch politisch zu vertreten. Mittlerweile hat sich die Gruppe in „Neue Generation“ umbenannt. Ihr erklärtes Ziel ist die Aufklärung der Gesellschaft über die Klimakrise, sie wenden sich also von ihren bisherigen Methoden ab, unter anderem wahrscheinlich verursacht durch wenige Erfolge und die heftige Repression, die einzelne Aktivist:innen ausgesetzt wurden.
Am vergangenen Montag riefen die Aktivist:innen zu einer Petition gegen das Münchner Verfahren auf, die bisher über 10.000 Unterschriften bekommen hat. In ihrer Stellungnahme bezeichneten sie die Anklage als „Angriff auf die grund- und menschenrechtlich garantierte Meinungs-, Versammlungs- sowie Vereinigungsfreiheit“.
Die Anklage gegen die ehemalige Letzte Generation als kriminelle Vereinigung zeigt einmal mehr, wie der deutsche Staat gegen unliebsamen Protest vorgeht. Während Großkonzerne ungestört Umweltzerstörung und Ausbeutung betreiben, wird zivilgesellschaftlicher Widerstand kriminalisiert und mit dem Begriff “Terror” geframed. Auch wenn wir nicht denken, dass die Strategien und Methoden der Letzten Generation zielführend für die Bekämpfung der Klimakrise sind, müssen wir Seite an Seite gegen die Repression kämpfen, und uns als Studies, als Gewerkschafter:innen gegen diese Repression aussprechen. Denn es ist der gleiche Staat und es ist die gleiche Polizei, die den legitimen Protest gegen den Genozid in Gaza mit allen Mitteln bekämpft und kriminalisiert und solche gerichtlichen Verfahren sind nur die Vorboten weiter Grundrechtseingriffe. Wir stehen solidarisch an der Seite der Angeklagten, lassen uns nicht spalten und stellen klar die Forderung nach der Zurücknahme der Anklage und dem Ende der Kriminalisierung der Klimabewegung.