Angriffe auf Geflüchtete – in Bayern nicht für Öffentlichkeit geeignet
Straftaten Geflüchteter werden meist medienwirksam propagiert. Doch wie steht es um Straftaten gegen Geflüchtete? In Bayern wurden in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres 340 Straftaten gegen Geflüchtete polizeilich erfasst.
Neben Straftaten gegen Geflüchtete gab es nach Angaben des Bayerischen Innenministeriums 75 Angriffe gegen Geflüchtetenunterkünfte. Das wurde allerdings erst auf eine Anfrage der bayerischen Grünen mitgeteilt. Darunter auch Angriffe wie am 2. April 2016 in Selb, bei dem ein*e Unbekannte*r auf die Fenster der Unterkunft mit einer Waffe schoss. Taten wie diese erzürnen – oder gar verblüffen – die Mehrheit der Gesellschaft schon lang nicht mehr. Die Vielzahl und das Selbstverständnis dieser und ähnlicher Taten sind Ausdruck des tiefen, gesellschaftlichen Rechtsrucks.
Polizei informiert bewusst falsch
Es überrascht wenig, dass die Polizei davon ausgeht, dass 97 Prozent der Straftaten rechtsmotiviert sind. Einen aufrichtigen, emphatischen Diskurs jenseits der Klasseninteressen zu den Zuständen in diesem und vielen anderen Ländern gibt es schlicht nicht. Stattdessen feiert Pegida München am 16. Januar 2017 vor der historisch konnotierten Feldherrnhalle das zweijährige Bestehen. Verurteilte Rechtsterrorist*innen laufen montags bei Pegida in der ersten Reihe stramm mit.
Der gesellschaftliche Aufschrei oder gar eine Gegenbewegung fehlen gänzlich. Dazu passt nur zu gut, dass lediglich bei der Hälfte der Anschläge gegen Geflüchtetenunterkünfte die Polizei durch eine Pressemitteilung die Öffentlichkeit informiert hat. Der öffentliche Diskurs kann und wird durch mangelnde oder falsche Informationen, wie etwa beim NSU, durch den Repressionsapparat gesteuert. Das Vertrauen auf Eigenverantwortung der Staatsanwaltschaft, des Verfassungsschutzes und der Polizei, die Öffentlichkeit wahrheitsgemäß zu informieren, ist vollständig erodiert.
Repressionsapparat auch für Rechtsruck verantwortlich
Es besteht schlicht kein Interesse, Geflüchtete entgegen des vorherrschenden gesellschaftlichen Tenors als Opfer statt als Täter*innen von Gewalt zu sehen. Die Aufklärung der Öffentlichkeit bei Straftaten gegen Geflüchtete durch die Polizei liegt bei nur 17 Prozent. Die Stellungnahme des Bayerischen Innenministeriums zu diesem geringen Prozentsatz ist lediglich, dass Meldungen „etwa aus ermittlungstaktischen Gründen bzw. wegen des noch laufenden Verfahrens nicht oder noch nicht als für die Öffentlichkeit geeignet erachtet“ werden.
Gerade das verstärkte hetzerische Klima in Deutschland sollte der Staatsanwaltschaft und der Polizei Anlass geben, sich der Verantwortung der Öffentlichkeitsarbeit bewusst zu werden. Bei 283 Straftaten gegen Geflüchtete in den ersten drei Quartalen 2016 ist dies nicht geschehen. Die Öffentlichkeit wurde bis heute nicht informiert. Als direkte Konsequenz trägt der Repressionsapparat eine politische Verantwortung für den Rechtsruck in Deutschland.