Ampel beschließt Haushalt: Geld für Krieg statt für Kinder

05.07.2023, Lesezeit 5 Min.
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Quelle: Alexandros Michailidis / Shutterstock.com

Heute hat die Bundesregierung den Haushaltsentwurf für das nächste Jahr beschlossen, ein Manifest des sozialen Kahlschlags. Der größte Streit – die geplante Höhe der Kindergrundsicherung – wurde jedoch vertagt.

Die Ampelregierung hat heute nach wochenlangem Streit den Entwurf für den Haushalt 2024 beschlossen. Durchgesetzt hat sich Finanzminister Christian Lindner (FDP), der über fast alle Ressorts hinweg – mit Ausnahme des Verteidigungsetats – massive Kürzungen angemahnt hatte. Dass bei der Aufrüstung nicht gespart wird, ist in der Ampel Konsens. So betonte Bundeskanzler Olaf Scholz: „Zuallererst geht es um die Sicherheit unseres Landes.“ Gemeint sind Waffenlieferungen an die Ukraine, die Aufrüstung der Bundeswehr und perspektivisch die Erhöhung des Verteidigungsetats auf das NATO-Zwei-Prozent-Ziel.

Um das zu bezahlen, muss in den Augen der Regierung und der Kapitalverbände bei den Sozialausgaben gespart werden. Lindner verband die Verabschiedung des Kabinettsentwurfs zugleich mit einer Drohung: Der Entwurf sei „nur der Beginn einer Trendumkehr“, noch keine „erfolgte Trendwende“. Der Haushalt sei „nur der Beginn von Konsolidierungsanstrengungen“, die er für die nächsten Jahre als „Daueraufgabe“ ansieht. Mit anderen Worten: In den kommenden Jahren wird der Rotstift noch viel stärker zum Einsatz kommen.

Streit um Kindergrundsicherung

Der größte Streitpunkt in den vergangenen Tagen betraf die geplante Kindergrundsicherung. Für sie hatte die Familienministerin Lisa Paus (Grüne) ursprünglich 12,5 Milliarden Euro des Haushalts vorgesehen. Diese Reform soll die Kinderarmut bekämpfen. In Deutschland ist jedes fünfte Kind von Kinderarmut betroffen. Mit der Corona-Pandemie und der Inflation hat sich die Situation in vielen Familien weiter drastisch verschärft. Finanzminister Lindner sieht allerdings nur zwei Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung vor. Olaf Scholz sprach dann ein Machtwort: Das Familienministerium solle zügig einen Eckpunkte-Entwurf erarbeiten. Bis Ende August soll sich die Koalition geeinigt haben. Die Frage wurde bis dahin aus dem nun vorgelegten Haushaltsentwurf ausgeklammert.

Martin Gassner-Herz (FDP) nannte die 12,5 Milliarden Euro “Fantasiebeträge”, das Geld sei nicht da. Blanker Hohn gegenüber allen Kindern und Jugendlichen, die die Inflation zu spüren bekommen. Die zwei Milliarden Euro würden sofort aufgefressen werden. Hinzu kommt: Viele Eltern beantragen das ihnen zustehende Geld gerade noch gar nicht. Zu hoch sind momentan die bürokratischen Hürden bei den verschiedenen Geldern für Familien mit Kindern: Kindergeld, Kinderzuschlag, Kinderfreibetrag und gegebenenfalls Leistungen wie Bürgergeld. Nur zehn Prozent der Berechtigten beziehen den Kinderzuschlag beispielsweise. Außerdem werden höhere Einkommen stärker gefördert als niedrige Einkommen, auf das Bürgergeld wird das Kindergeld sogar direkt angerechnet. Kinderfreibeträge entlasten höhere Einkommen steuerlich ebenfalls stärker. Diese Gelder sollen in der neuen Reform zusammengefasst werden, ebenso wie Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Unter dem Strich steht dann vielleicht weniger Bürokratie, aber für ärmere Familien vielleicht auch weniger Geld als bisher.

Wie genau das neue Hauptprojekt des Familienministeriums aussehen soll, ist aber noch sehr unklar: „Es gibt aber noch kein Konzept der Bundesregierung und damit keine präzise Kostenschätzung“, kritisierte Christian Lindner. Eine zynische Kritik, da seine Politik des sozialen Kahlschlags schon jetzt das Geld für die Kindergrundsicherung zusammenstreicht – eine reale Planung ist somit kaum möglich.

Dass die Kindergrundsicherung nicht in ursprünglich geplanter Höhe eingeführt wird, ist indes schon klar. Nach Scholz‘ Intervention ruderte Familienministerin Paus zurück und erklärte gegenüber der Tagesschau, der jährliche Etat “wird wahrscheinlich eine Summe werden zwischen zwei und zwölf Milliarden Euro”. Dies ist ein großes Zugeständnis an die Kürzungspolitik FDP und zeigt auch die Zerrissenheit in der Ampel. Die Inszenierung der Grünen als soziale Familienpartei gerät ins Bröckeln.

Die Ampel wird Kinderarmut nicht bekämpfen

Tatsächlich sind die Grünen in der Regierung alles andere als Familienpartei: Sie haben das Sondervermögen von 100 Milliarden für die Bundeswehr mit eingebracht. Dafür war auf einmal Geld da, aber bei Sozialem ist es möglich, zu kürzen. Man kann es auch gegenüberstellen: Der Etat für die Bundeswehr soll für 2024 bei 51,8 Milliarden Euro liegen und dies kritisieren die Grünen nicht, sie begrüßen es sogar. Dabei ist diese Aufrüstung Deutschlands auch eine Kalkulation auf zukünftige Kriege, bei denen Kinder sterben werden.

Der von Paus geforderte Betrag von 12,5 Milliarden basierte auf dem jetzigen Kindergeld und soll alle zwei Jahre überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Ob die rasante Inflation dabei eine Rolle spielt, ist fraglich. Heute werden Familien mit hohen Einkommen mit Kinderfreibetrag stärker unterstützt als Familien, die Bürgergeld bekommen, wo das Kindergeld auch noch angerechnet wird.

Um tatsächlich die Kinderarmut in diesem Land zu beenden, können wir uns nicht auf das Geschachere der Ampelparteien verlassen. Für eine wirkliche Kindergrundsicherung, die ein gutes Leben ermöglicht, und gegen die Kürzungsorgien der Regierung brauchen wir eine starke Bewegung aus den Betrieben, Schulen und Universitäten. Wir müssen die Umverteilung von unten nach oben beenden und eine automatische Angleichung aller Löhne, Gehälter, Renten und Transferleistungen an die Inflation durchsetzen. Lasst uns die Aufrüstungspolitik zu beenden und die Reichen und die Kapitalist:innen zur Kasse zu bitten.

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