Amazon: Internationalistische Grußbotschaften aus Poznań und Leipzig
Der Kampf bei Amazon kann nur durch internationale Solidarität unter den Arbeiter*innen gewonnen werden. Wir veröffentlichen hier zwei Grußbotschaften, die die Beschäftigten aus Leipzig und aus Poznań einander während der Weihnachtsstreiks zugesandt haben.
Unterstützungsbrief von Amazon Leipzig an Poznań (13. Dezember 2015)
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
hiermit übersenden wir euch unsere solidarischen Grüße. Seit dem Frühjahr 2013 befinden sich die Beschäftigten von Amazon in Bad Hersfeld und Leipzig im Streik. Wir haben damals begonnen, uns gegen die niedrigeren Löhne, den Einsatz von Befristungen, die gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen, die unzureichenden Pausenregelungen, den hohen Arbeitsdruck und die Überwachung am Arbeitsplatz zu wehren. Wir fordern, dass Amazon endlich Verhandlungen mit der Gewerkschaft aufnimmt und den Tarifvertrag des Einzel- und Versandhandels akzeptiert.
Unsere Gegenwehr hat Erfolge. So hat sich der Streik inzwischen auf fast alle Standorte ausgeweitet. Insgesamt befinden sich inzwischen acht von insgesamt neun Logistikcentern im Streik. Schon 2009 ist es uns in Leipzig gelungen, gegen den Widerstand des Konzerns einen Betriebsrat zu gründen. Mit seiner Unterstützung konnten wir durchsetzen, dass Überstunden nicht mehr willkürlich vom Konzern festgelegt werden können und Überstundenzuschläge gezahlt werden. Zudem wurden die Löhne schrittweise von 7,76 € im Jahre 2008 auf 11,32 € (Stand: September 2015) erhöht. Auch die Arbeitsbedingungen haben sich ein wenig verbessert. Außerdem gibt es seit 2012 ein Weihnachtsgeld in Höhe von 400 Euro brutto. All das sind keine Geschenke des Konzerns, sondern Zugeständnisse, die ihm durch den Streik abgerungen wurden.
Doch unsere zentrale Forderung, den Tarifvertrag des Einzel- und Versandhandels, konnten wir bisher noch nicht durchsetzen. Das zeigt uns, dass wir den Streik auf breitere Füße stellen und uns international vernetzen müssen. Amazon agiert global und ist weltweit der größte Konzern in dem stark wachsenden Sektors des Onlinehandels. Wir wissen daher, dass der Ausgang dieses Arbeitskampfes für die weitere Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse nicht nur in Deutschland sondern in Europa insgesamt entscheidend sein wird. Diesen Kampf können wir nur gemeinsam gewinnen. Wir unterstützen Euch in Eurer Gegenwehr gegen die niedrigen Löhne, den Einsatz von Leiharbeit, die unzureichenden Pausenregelungen und den Leistungsdruck. Wir finden es ermutigend, dass es Euch im Juni bei Amazon in Poznan gelungen ist, einen Bummelstreik durchzuführen. Denn nur wer streikt, kann etwas erreichen.
Ohne unsere Gegenwehr werden wir weiter der Willkür des Konzerns ausgesetzt bleiben und nichts wird sich verändern.
In diesem Sinne hoffen wir auf eine gute Zusammenarbeit in der Zukunft,
solidarische Grüße
Aktive des Vertrauensleutekreises und des Streiksolibündnis Leipzig
Unterstützungsbrief von Amazon Poznań an Leipzig (16. Dezember 2015)
Kolleginnen und Kollegen in Leipzig!
Mit großer Aufmerksamkeit verfolgen wir Eure Proteste und Streiks und wollen Euch hiermit unsere Anerkennung und Unterstützung ausdrücken. Eure Entschlossenheit gibt uns Kraft. Unser FC in Poznań wurde erst im Herbst 2014 eröffnet, aber wegen der Arbeitsbedingungen, der Normenhetze und der niedrigen Löhne haben die Beschäftigten schon nach wenigen Monaten angefangen sich zu organisieren.
Wir Beschäftigten in Polen brechen gerade zu Weihnachten wieder Rekorde: über eine Million eingehende und ausgehende Sendungen. Wir Beschäftigten bekommen dafür aber keine Anerkennung. Wir fühlen uns ausgelaugt und ausgebrannt, nicht nur wegen der ständig angeordneten Überstunden, sondern auch wegen der fehlenden Perspektiven, weil Amazon unsere Forderungen nach Lohnerhöhungen ablehnt. Besonders schwierig ist die Situation der Leiharbeiter, besonders in der Vorweihnachtszeit. Hunderte unserer Kolleginnen und Kollegen sind schon von einem Tag auf den anderen entlassen worden, und der Rest lebt in ständiger Unsicherheit, ob sie weiter beschäftigt werden.
Wir lehnen es ab, die Beschäftigten in bessere und schlechtere zu spalten!
Aber wir geben nicht auf! 2015 haben wir mehrere Unterschriftensammlungen gemacht: gegen die steigenden Normen, gegen die Änderung der Schichtpläne, gegen den Zwang zur Sonntagsarbeit. 750 Leute haben unterschrieben! Wir sind davon überzeugt, dass es ohne die Proteste, die Unzufriedenheit der Belegschaft und die Eröffnung des Tarifkonflikts nicht mal die Erhöhung des Stundenlohns um 1 Zloty im August 2015 gegeben hätte. Die Firma tut natürlich alles, um unsere Aktivitäten unsichtbar zu machen.
Aktuell bereiten wir uns auf die Streik-Urabstimmung vor und führen eine Kampagne unter dem Motto „Schluss mit den prekären Müllverträgen und den Hungerlöhnen!“ durch. Es laufen Proteste in Poznań, Flugblattaktionen vor Amazon in Wrocław, Kundgebungen vor den Büros der Leiharbeitsfirmen in Warschau und Unterschriftensammlungen für die Direkteinstellung der Beschäftigten der Leiharbeitsfirmen.
Bei alledem unterstreichen wir immer, dass wir nicht allein sind und dass auch unsere Kolleginnen und Kollegen in Deutschland kämpfen. Auf unseren Flugblättern beschreiben wir auch Eure Streiks und Eure Forderungen. Die Amazon-Beschäftigten in den verschiedenen Ländern haben es mit den gleichen Problemen zu tun. Überall benutzt Amazon ähnliche Strategien gegen die Forderungen der Beschäftigten. Amazon schreckt nicht davor zurück, mit Kündigungen zu drohen, Druck auf Gewerkschafter auszuüben oder einen Dialog vorzutäuschen, bei dem von vornherein Zugeständnisse ausgeschlossen werden.
Wenn wir unsere Situation verbessern wollen, müssen wir gemeinsame Lösungen suchen, die über die einzelnen Amazon-FCs und die nationalen Grenzen hinweggehen. Nur wenn wir als Beschäftigte von unten aus den verschiedenen Standorten zusammenhalten, wird Amazon uns zukünftig nicht mehr gegeneinander ausspielen können!
Amazon workers united! Amazon-Beschäftigte lassen sich nicht spalten!
Inicjatywa Pracownicza (Arbeiterinitiative) Amazon