Alle reden vom Wetter, keiner vom Klimawandel

03.06.2024, Lesezeit 4 Min.
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Foto: Symbolbild aus Wiesbaden, 2021 (zugeschnitten) / Freiwillige Feuerwehr Kostheim

Extreme Unwetter- und Hochwasserwarnungen in Süd- und Westdeutschland sorgen für Evakuierungen und teils tödliche Unfälle. Doch statt Lösungen gegen den Klimawandel anzubieten, wird im Katastrophenschutz gespart.

Im Südwesten Deutschlands erreichen mehrere Flusspegel Jahrhunderthochwasser, ganze zehn bayerische Landkreise melden den Katastrophenfall. Über 3.000 Menschen mussten bisher evakuiert werden und in Oberbayern starb ein Feuerwehrmann (42) bei einem Rettungseinsatz, als sein Schlauchboot kenterte. Die Münchner Feuerwehr warnt vor akuter Lebensgefahr am Isar-Ufer. Einsatzkräfte sind überlastet und die Bundeswehr wird eingesetzt.

Während die Menschen ihre Existenz verlieren, fehlt es an Geräten, um sie zu bergen und das Hochwasser abzufedern. Sogar die Bundeswehr muss anrücken und ihre schweren Geräte einsetzen, um den überforderten, unterfinanzierten Rettungskräften zu helfen und die Situation unter Kontrolle zu bekommen.

Und was macht die Politik? Bayerns Ministerpräsident Söder inszeniert sich in Augsburg als Held der Nation, posiert mit Regenschirm im Starkregen. Doch seine Sofortmaßnahmen bestehen nur aus guter PR, nicht aus substanziellen Lösungen. Maßnahmen gegen Regen-, Flut- und Hochwasserkatastrophen sind schon seit der Katastrophe in Ahrweiler notwendig, aber werden eingespart, auch auf Geheiß seiner Partei. 2018 wurde unter seiner Landesregierung der Hochwasserschutz in Bayern zusammengekürzt. In Rheinland-Pfalz werden die Betroffenen vertröstet und verarscht, Geld kommt kaum an und die Leute werden eiskalt im Stich gelassen. Diese Ignoranz ist unverantwortlich, denn Extremwetter-Ereignisse wie diese werden durch den Klimawandel verstärkt. Der Stand der Forschung ist klar: Je wärmer der Nordatlantik, desto mehr Wasser verdunstet. Eine Erwärmung um ein Grad führt ungefähr zu einem Anstieg von sieben Prozent in der Wasseraufnahme der Luft. Dieses zusätzliche Wasser kann dann als Starkregen abregnen.  Gewitter mit solchem Starkregen und Flut- und Hochwasserfolgen werden also vermehrt auftreten und es braucht neben den Sofortmaßnahmen auch deutlich bessere Vorbereitung darauf. 

Statt 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr und den Einsatz im Inneren unter militärischer Leitung zu fordern, brauchen wir 100 Milliarden Euro für Soziales und Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe. Das schwere Gerät der Bundeswehr ist sicherlich unabdingbar für die Bekämpfung der aktuellen und kommenden Katastrophen. Ob der verstorbene Feuerwehrmann der Freiwilligen Feuerwehr Ehrenberg-Pfaffenhofen noch leben würde, wäre er besser ausgestattet, bleibt zu diesem Zeitpunkt offen. Der 42-Jährige starb beim Versuch drei Menschen mit einem Schlauchboot zu retten und konnte von Angehörigen spät in der Nacht nur noch tot geborgen werden. Deshalb dürfen die Geräte der Bundeswehr nicht länger für den Krieg benutzt werden, sondern müssen für den Katastrophenschutz ausgelegt sein. Auch das Technische Hilfswerk (THW) und die Freiwilligen Feuerwehren brauchen bedeutend bessere Finanzierungen. In Kombination damit braucht es sofortige Maßnahmen gegen den kapitalismusgemachten Klimawandel. Klimaschädliche Produktion muss unter Kontrolle der Beschäftigten verstaatlicht werden, um sowohl Arbeitsplätze als auch das Klima zu retten. Zudem sind unbürokratische Hilfen für die Betroffenen und Hinterbliebenen unbedingt notwendig, nicht wie in Ahrweiler, wo die Menschen immer noch auf Unterstützung warten. Dies gilt insbesondere für die Angehörigen, Kolleg:innen und Freunde des verstorbenen Feuerwehrmannes, denen unser Mitgefühl in dieser schmerzhaften Situation gilt.

Im Augenblick der Gefahr ist es unabdingbar, dass alle an einem Strang ziehen. Aktuell sind alle zivilen Helfer:innen dem Technischen Hilfswerk (THW) unterstellt, während die helfenden Soldat:innen der Bundeswehrführung unterstehen. Wir denken, dass die Leitung des Katastrophenschutzes dem THW unter Kontrolle der Arbeiter:innen zustehen muss. So wäre es garantiert, dass es feste Strukturen gibt, während man gleichzeitig demokratisch darüber diskutieren kann, wie man auf bestimmte, wiederkehrende Situationen reagiert. Eine Möglichkeit, die die Bundeswehr mit ihren straffen Kommandostrukturen nicht bietet. So könnte die Bundeswehr als Teil des THW in einen zivilen Katastrophenschutz umgewandelt werden.

Darüber hinaus brauchen wir einen Ausbau der Feuerwehren und Warnsysteme. Ebenso ist eine demokratische Kontrolle über die Hilfsgelder durch die Betroffenen und Beschäftigten notwendig sowie unbürokratische Sofortzahlungen zur Finanzierung der Schäden. Kostenlose Hotelzimmer müssen als Sofortlösungen für alle bereitgestellt werden, die ihre Wohnungen und Häuser verloren haben. Die Kosten für den Wiederaufbau dürfen nicht an Einzelpersonen hängen bleiben. Zudem müssen Löhne weitergezahlt werden, auch bei Arbeitsausfall.

Diese Maßnahmen sind notwendig, um solche Katastrophen jetzt und in Zukunft abzumildern. Lassen wir uns nicht von Politik und Medien blenden. Der Klimawandel ist real und wir müssen jetzt handeln.

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