Aktionsprogramm: Genozid und Militarisierung stoppen! Für eine revolutionäre Perspektive in der Studierendenbewegung!

24.05.2024, Lesezeit 20 Min.
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Foto: Maxi Schulz / Klasse Gegen Klasse

Stoppt den Genozid in Gaza! Für eine antiimperialistische Jugend an der Seite der Arbeiter:innenklasse! Nieder mit den Repressionen gegen Studierende und Beschäftigte! Für ein freies, sozialistisches Palästina!

Mit der Offensive in Rafah nimmt der Genozid, den Israel in Gaza verübt, immer grausamere Formen an. Insbesondere in den imperialistischen Zentren zeigen Studierende und andere Universitätsangehörige, dass sie nicht mehr schweigen und die Verstrickung des Imperialismus in den Genozid nicht weiter hinnehmen werden. Diese Mobilisierung trotz brutaler Repression durch die Polizei und die Universitätsleitungen kann – wenn wir sie ausweiten – der Keim für eine neue antiimperialistische Studierendenbewegung sein, ähnlich der Bewegung gegen den Vietnamkrieg. Mit diesem Aktionsprogramm wollen wir als Waffen der Kritik diese Perspektive stärken und in die kommenden Proteste gemeinsam mit vielen unserer Genoss:innen und Kommiliton:innen intervenieren. 

Die Zerstörung Gazas wird von der UN als schlimmste einer Region seit 1945 definiert. Millionen von Menschen sind auf der Flucht und im Süden des Gazastreifens zusammengetrieben, wo sich weiterhin eine große israelische Offensive anbahnt. Mehr als 40.000 Menschen wurden bereits ermordet, in dem Jahr wo sich die Nakba (historische Vertreibung der Palästinenser:innen) zum 76. Mal jährte. Der laufende Genozid macht mehr als deutlich, dass die Nakba nie aufgehört hat. Der Apartheidsstaat verschärft parallel zu seinen Angriffen auf Gaza auch die Repressionen gegen die Menschen im Westjordanland. Überall auf der Welt werden Palästinenser:innen dehumanisiert und als Menschen zweiter Klasse behandelt. Auch in Deutschland, welches als zweitwichtigster Waffenlieferant ganz unmittelbar zum Genozid in Gaza beiträgt, werden Palästinenser:innen durch staatliche Institutionen unterdrückt. 

Doch die Menschen in Palästina sind nicht alleine. Weltweit rufen Jugendliche, Studierende und Arbeiter:innen zu Recht: “We are thousands, we are millions – we are all Palestinians!”. Derzeit sind es insbesondere Studierende, die inspiriert von den Protesten in den USA an ihren Campus Protestcamps und Besetzungen in Solidarität mit Palästina errichten. Diese Aktionsform verbreitet sich wie ein Lauffeuer – die Camps und Besetzungen können der Ausgangspunkt  für den Aufbau einer noch viel schlagkräftigeren internationalen Studierendenbewegung sein. Wie kann das gelingen und wofür sollte sie schließlich kämpfen? 

Stoppt den Genozid, brecht die Komplizenschaft der Universitäten!

Entgegen der Darstellung der Universitäten als friedliche und unpolitische Orte müssen wir ihre Komplizenschaft mit dem deutschen Imperialismus klar anklagen und beenden. An den Universitäten wird zum Einen Ideologie produziert, die den Genozid und koloniale Unterdrückung legitimieren soll. Die Universitäten spielen aber auch eine führende Rolle dabei, die Bewegung zu kriminalisieren und kleinzuhalten, durch Verbote von Diskussionsveranstaltungen und die Einschränkung der akademischen Freiheit. Außerdem tragen die Universitäten durch Rüstungsforschung und Technologieentwicklung direkt zur militärischen Offensive Israels bei. 

– Wir fordern daher eine umfassende Zivilklausel, die von Studierenden und Beschäftigten kontrolliert wird, damit sichergestellt wird, dass an keiner Uni Forschung für militärische Zwecke stattfinden kann.

–  Ebenfalls fordern wir ein Ende der Kooperation mit Universitäten, die den Siedlerkolonialismus aktiv vorantreiben. Es braucht stattdessen internationale Kooperationen mit antizionistischen Studierenden und Lehrenden im Gebiet des historischen Palästina. 

– Öffnung der Geschäftsbücher der Universitäten, damit Transparenz herrscht, woher Gelder stammen und ob sie beispielsweise. in Rüstungsforschung investiert werden 

– Wir fordern die Einführung von Fachbereichen für Palästinastudien, um insbesondere die Nakba und ihre historische Kontinuität zu erforschen und im Bewusstsein der Uni-Angehörigen zu verankern. Die Studierenden und Beschäftigten der Uni sollten demokratisch darüber entscheiden, was in diesen Fachbereichen gelehrt und geforscht wird.

– Anerkennung der Jerusalemer Erklärung als wissenschaftliche Definition des Antisemitismusbegriffs

– Akademische Freiheiten und Räume müssen geschützt werden – Nein zum Verbot des Diskurses über Palästinasolidarität an den Universitäten! Kündigungen, Abmahnungen oder sonstige repressive Maßnahmen gegen Lehrende sowie Hausverbote oder Exmatrikulationen von Studierenden müssen eingestellt und zurückgenommen werden.

– Als Studierenden kämpfen wir an den Universitäten desweiteren für ein Ende von der israelischen Besatzung, das Rückkehrrecht für alle Palästinenser:innen und ganz unmittelbar den Abzug israelischer Truppen aus Gaza, sowie einen sofortigen Waffenstillstand. 

– Als Waffen der Kritik denken wir, dass wir noch einen Schritt weiter gehen müssen, um die Unterdrückung der Palästinenser:innen und aller Menschen ein für alle Mal zu beenden. Wir wollen von den Universitäten ausgehend eine antiimperialistische Jugend aufbauen. Eine Jugend, die international gegen Krieg, Militarisierung, Unterdrückung und Ausbeutung kämpft. Eine Jugend, die mit dem System, welches dieser hervorbringt, bricht und für eine freie, sozialistische Gesellschaft kämpft.

Schluss mit den Repressionen gegen Studierende und Beschäftigte!

Im Zuge der Proteste in den letzten Wochen erlebten wir scharfe Repressionen durch Universitätsleitungen und den Staat, die dazu dienen, die Bewegung einzuschüchtern und zu vereinzeln. Insbesondere an der Freien Universität Berlin kam es zu dutzenden Fällen von Polizeigewalt gegen Studierende sowie Anzeigen durch die Universität. Zuletzt wurde die Besetzung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Humboldt-Universität von Polizei, Unileitung und Berliner Senat auf brutalste Weise geräumt. In vielen Städten wurden Versammlungen verboten oder aufgelöst. Lehrende, die sich durch einen offenen Brief hinter die Studierenden stellten, erhielten Morddrohungen und wurden durch die Bildungsministerin sowie durch bürgerliche Medien diffamiert. Diese Situation ist auch als ein Teil des gesellschaftlichen Rechtsrucks zu betrachten. 

Wir fordern daher: 

– Polizei runter vom Campus!

– Stoppt die Hetze gegen Studierende und Lehrende! Springer und Co. enteignen!

– Nieder mit der Repression! Alle Anzeigen müssen fallen gelassen und Strafverfahren müssen eingestellt werden!

– Rücktritt der Unileitungen, die für die Repression mitverantwortlich sind!

– Nein zur Verschärfung des Hochschulgesetzes in Berlin und jede Ausweitung dieser Initiative wie in Bayern! Gegen die politisch motivierten Exmatrikulationen!

– Die DGB-Gewerkschaften müssen sich bundesweit gegen die Repression solidarisieren wie GEW und ver.di in Berlin, und Initiativen gegen diese unterstützen.

– Für einen sicheren Aufenthalt für alle Studierenden, für den Stopp aller Abschiebungen.

Studierende und Arbeiter:innen gemeinsam gegen den Genozid

An den Universitäten Kaliforniens stimmten kürzlich 79 Prozent der 48.000 Beschäftigten  dafür, sich durch einen Streik hinter ihre Studierenden zu stellen. Beschäftigte der CUNY Universität haben eine schützende Kette vor den Studierenden gebildet, um sie gegen die Repression seitens der Polizei zu verteidigen. Auch in Deutschland haben sich hunderte von Lehrenden mit einem Brief hinter ihre Studierenden gestellt. Dadurch eröffnen sich für die Bewegung neue strategische Möglichkeiten. 

Die Arbeiter:innen der Universitäten sorgen tagtäglich dafür, dass der Universitätsbetrieb funktioniert: Sie leiten nicht nur die Seminare und Vorlesungen, sondern sorgen auch dafür, dass die Technik funktioniert, dass die Räume frisch gereinigt sind und dass es Essen gibt. Dadurch haben die Universitätsbeschäftigten aber auch die Macht, den Betrieb der Universität zum Stillstand zu bringen – also ein Bestreiken der Uni. Wenn die Studierenden und Beschäftigten sich verbinden und die Uni bestreiken und besetzen, steht die Uni still. Beschäftigte müssen Seite an Seite mit den Studierenden kämpfen und dürfen keine Vermittlerrolle zwischen Studierenden und Präsidium einnehmen. Daher ist es von immenser Bedeutung, überall gemeinsame Aktionen und Instanzen der Koordinierung von Arbeiter:innen und Studierenden zu schaffen. Das ist eine zentrale Aufgabe der Studierendenbewegung. 

Ziel solcher Aktionen und Organisierungen muss es auch sein, die Proteste von Uni-Beschäftigten auf weitere Sektoren auszuweiten. Die bisher effektivsten Maßnahmen gegen den Genozid waren die Streiks und Blockaden von Arbeiter:innen gegen Waffenlieferungen- und produktion, wie etwa in Belgien. Auch in Deutschland gibt es immer mehr Initiativen von Gewerkschafter:innen, wie beispielsweise Gesundheit4Palestine (G4P) in Berlin oder die neu gegründete Plattform Gewerkschafter:innen4Gaza (G4G). Eine Verbindung mit den so genannten strategischen Sektoren (wie etwa Logistik) ist eine der mächtigsten Waffen, die wir haben. Konkret stehen in diesem Sommer Streiks in den deutschen Seehäfen sowie im Oktober die Tarifrunde der IG Metall an. Lasst uns dort für die Perspektive von politischen Streiks und Blockaden kämpfen!

– Für die Einheit von Studierenden und Beschäftigten an den Universitäten und darüber hinaus!

– Für den Stopp aller Waffenexporte durch Streiks und Blockaden und die Enteignung der Rüstungsindustrie unter Kontrolle der Beschäftigten und Umstellung auf zivile Produktion!

Nein zur Militarisierung und Kriegsertüchtigung: 100 Milliarden für Bildung, Gesundheit und Soziales statt für die Bundeswehr!

Schon seit Jahren macht die deutsche Regierung ihre Ambitionen deutlich, ihre Interessen in der Welt verstärkt auch militärisch durchzusetzen. Diese Entwicklung gipfelte in der Verkündung der „Zeitenwende“. Die Erfüllung des NATO-2-Prozent-Ziels und 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr sind ein neues Ausmaß des stärker auftretenden deutschen Imperialismus. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kündigte an, Deutschland müsse wieder „kriegstüchtig“ werden und Politiker:innen aller Parteien von Alice Weidel (AfD), über Steinmeier bis Bodo Ramelow (DIE LINKE), fordern eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. 

Mit der wachsenden äußeren Militarisierung geht eine immense Aufrüstung nach innen einher, verbunden mit massiven Kürzungen in der Bildung, in der Gesundheit und im Sozialem. Die Politiker:innen sagen, wir sollten den Gürtel enger schnallen, damit Deutschland aufrüsten kann. An den Universitäten bedeutet dieser Sparkurs einen Stellenabbau besonders in der kritischen Wissenschaft, sowie Kürzungen beim Bafög. Während Arbeiter:innen und Arme also eine Verschlechterung ihres Lebensstandards hinnehmen sollen, die wir als Studierende bereits akut spüren, machen die großen Konzerne, allen voran die Rüstungsindustrie, Rekordgewinne. Das ist auch der Nährboden, auf dem extrem rechte Parteien wie die AfD wachsen können.

– 100 Milliarden für Bildung, Gesundheit und Soziales statt für die Bundeswehr!

– Nein zu Rekrutierungskampagnen der Bundeswehr an Schulen und Unis! Nein zu jeder Art von Wehr- oder Dienstpflicht!

– Wir lassen uns nicht „kriegstüchtig“ machen!

Für demokratische Universitäten unter Kontrolle der Studierenden und Beschäftigten

Nach über sieben Monaten von Protesten an unseren Unis, nach Besetzungen, Kundgebungen und Protestcamps haben die Universitätsleitungen noch immer keine unserer Forderungen umgesetzt; im Gegenteil verschärfen sie die Repressionen gegen palästinasolidarische Uni-Angehörige durch den Einsatz von Polizeigewalt oder das Verbot von Protesten und Vollversammlungen. Stellen für kritische Wissenschaft drohen Kürzungen und Lehrende sind eingeschüchtert, Palästina in ihren Kursen zu thematisieren. Das zeigt uns nur zu gut, wie undemokratisch die Universitäten funktionieren.

Der Großteil der Entscheidungen wird vom Präsidium, dem akademischen Senat oder den zuständigen Regierungen getroffen. Obwohl die Studierenden die Mehrheit der Uni-Angehörigen bilden, dürfen sie nicht unmittelbar darüber entscheiden, was an den Universitäten gelehrt wird und vor allem, wofür die Unis forschen und Gelder investieren. Die Organe der studentischen Demokratie können keinen direkten Einfluss nehmen, haben aber durchaus wichtige Handlungsspielräume, da sie etwa Versammlungen einberufen können und durch ihre Reichweite einen Einfluss auf breite Teile der Studierendenschaft haben. Diese Organe wie Fachschaften, Referate, ASten, Parlamente etc. müssen sich an den Mobilisierungen beteiligen und es zu ihrem Auftrag machen, eine kämpferische Studierendenbewegung aufzubauen, die die Rolle und Funktionsweise der Universitäten im Kapitalismus grundlegend verändert. Wir wollen nicht länger hinnehmen, dass unsere Forderungen von oben ignoriert werden, wir wollen die Universitäten in den Dienst der sozialen Kämpfe und einer besseren Gesellschaft stellen. Daher fordern wir eine demokratische Uni unter Kontrolle der Studierenden und Beschäftigten.

– Für die freie Bestimmung über Lerninhalte! Die Uni muss ein Ort für Diskussion über Politik sein und dafür Räume geben, auch in den Seminaren!

– Für die Abschaffung von Präsidium und Akademischem Senat! Statt professoraler Mehrheit sollte die Stimme jeder Person an der Universität gleich viel zählen.

– Die Studierenden und Beschäftigten sollten in Versammlungen demokratisch die zentralen Entscheidungen der Universität beschließen: Was zentrale Forschungsprojekte der Universität sein sollen und wohin welche Gelder fließen sollen.

Stoppt die Offensive auf Rafah! Für eine kämpferische Studierendenbewegung gegen den Genozid!

Unser Ziel ist es, so viele Studierende und Beschäftigte wie möglich für den Kampf gegen den Genozid und die Verstrickung des deutschen Imperialismus darin zu gewinnen. Dafür müssen unsere Aktionen und Versammlungen allen offenstehen, die sich für ein Ende des Genozids einsetzen wollen. Die Entscheidungen über Forderungen und Aktionsformen müssen wir demokratisch bei Versammlungen und in Komitees treffen und dürfen nicht kleinen, im Geheimen agierenden Zirkeln überlassen. Unsere Studierendenbewegung muss demokratisch und offen auftreten. 

Wir setzen auf unsere vereinte Kraft gemeinsam mit den Arbeiter:innen und sehen die größte Stärke darin, eine breite und große Bewegung aufzubauen. Besetzungen mit möglichst vielen Studierenden und Beschäftigten statt individuelle Kleinstgruppenaktionen schützen uns auch bestmöglich vor Repression. Wir können und müssen darauf vertrauen, dass die Studierenden und Beschäftigten sich für ein freies Palästina einsetzen und sich von Hetze und Repression nicht verunsichern lassen. 

Wir schlagen vor, an allen Universitäten Vollversammlungen einzuberufen, an denen alle Studierenden und Uniangehörigen teilnehmen können. Diese sollten der Ausgangspunkt sein, um die Konfrontation mit der Unileitung mit der Hilfe von größeren Teilen der Studierendenschaft zu verschärfen. Dort können wir gemeinsam mit hunderten Menschen über die Perspektive der Bewegung diskutieren und nächste Schritte mit einer breiten Legitimation festlegen. Nur wenn wir die Besetzungen, Kundgebungen und Versammlungen ausweiten, die ganze Universität lahmlegen und ausgehend davon die Universitäten zu Stützpunkten des massenhaften Kampfes gegen den Genozid zu machen, können wir die gelenkten Bahnen durchbrechen und eine realen Kraft aufbauen, für ein Ende vom Genozid, ein freies Palästina und freie Universitäten. 

Für ein sozialistisches Palästina und eine Jugend, die mit dem Kapitalismus bricht 

In der aktuellen Weltordnung ist die militärische und politische Unterstützung des zionistischen Staates durch die führenden imperialistischen Länder Konsens. Für sie dient Israel als militärischer Stützpunkt für NATO-Interventionen, Bollwerk gegen rivalisierende Staaten wie den Iran und soll den Zugriff auf die wichtigen Handelsrouten und Ölvorkommen in der Region sichern. Auch regionale Mächte wie Ägypten oder die Türkei unterstützen Israel in Anbetracht ihrer eigenen ökonomischen und politischen Interessen. Sie bereichern sich durch den Ausverkauf der Länder an den Imperialismus und ordnen sich ihm in dem Zuge auch politisch unter. Während die Arbeiter:innenklasse und die Massen dieser Länder in großen Teilen auf der Seite der Palästinenser:innen stehen, sind ihre Regierungen in Komplizenschaft mit dem genozidalen Krieg. Sie unterdrücken die Solidarisierung mit Palästina und stehen der Befreiung Palästinas durch wirtschaftliche, politische und militärische Abkommen mit Israel im Weg. Wir dürfen uns keine Illusionen in die Institutionen der imperialistischen Staaten und ihrer Unterstützer:innen machen. Palästina kann nicht durch diplomatische Kompromisse befreit werden. 

Wir vertreten daher eine revolutionäre und antikapitalistische Perspektive – aber warum? 

Auch eine kapitalistische Regierung in Palästina würde die eigene Arbeiter:innenklasse unterdrücken und ausbeuten und notwendigerweise auch mit den imperialistischen Mächten kooperieren, um ihre eigene Stellung nicht zu gefährden. Solange weiterhin eine kapitalistische Klasse besteht, die selbst vom Imperialismus profitiert, kann tatsächliche Unabhängigkeit nicht erreicht werden. Die fortwährende Ausbeutung wäre auch eine Basis dafür, dass immer wieder Ressentiments und Rassismen entstehen, was einem friedlichen Zusammenleben in der Region im Wege steht. Die Befreiung bedeutet für uns notwendigerweise auch eine Befreiung von Armut, Mangel an Ressourcen, schlechter Ernährung, exzessiver Arbeitszeiten etc.. Der Rauswurf des Imperialismus aus der Region muss also notwendigerweise auch eine antikapitalistische und sozialistische Perspektive beinhalten.

Der Reichtum der palästinensischen Eliten, wie etwa der Autonomiebehörde, den sie sich durch Korruption und Deals mit dem Zionismus und Imperialismus verschafft haben, muss konfisziert werden. Ein öffentliches Wohnungsprogramm ist zentral, damit wir ein Rückkehrrecht für alle vertriebenen Palästinenser:innen garantieren können. Um die jahrzehntelange Benachteiligung, Unterdrückung und Verarmung der Palästinenser:innen zu überwinden, braucht es sozialistische Maßnahmen. Die Wirtschaft muss demokratisch geplant werden, um den gesellschaftlichen Bedürfnissen, wie dem (Wieder)aufbau der Infrastruktur und der Verbesserung von Gesundheit- und Bildungssystem, zu dienen, anstatt den Profiten des ausländischen Kapitals oder lokalen Eliten.

Dabei geht es uns nicht darum, den Kampf für den Sozialismus als irgendeine Bedingung für die Solidarität mit dem Befreiungskampf des palästinensischen Volkes zu erklären. Im Gegenteil: unsere Solidarität mit den Kämpfen der unterdrückten und kolonisierten Völkern ist bedingungslos, selbst wenn die aktuellen Führungen ganz andere Strategien vertreten, die wir bekämpfen. Im Gegenteil denken wir, dass der Kampf für die Befreiung Palästinas mit dem Kampf gegen den Imperialismus und für den Sozialismus ineinander übergehen und nur gemeinsam zum Erfolg führen werden.

Der zionistische Staat steht im fundamentalen Gegensatz zu einer friedlichen Koexistenz der Völker, da er siedlerkolonialistisch ist und auf Apartheid basiert. Nur ein freies, sozialistisches, laizistisches und multihethnisches Palästina, also eine Einstaatenlösung, kann allen Menschen in der Region ein Leben frei von Unterdrückung und Ausbeutung garantieren. 

Wir denken: Die Befreiung der kolonisierten und abhängigen Länder, die von den imperialistischen Mächten ausgebeutet und geplündert werden, hängt nicht nur von ihrem eigenen Kampf ab, sondern auch davon, ob sie ein Bündnis mit den Arbeiter:innen der imperialistischen Zentren erschaffen können. Um die Halbkolonien und Kolonien, auch Palästina, zu befreien, müssen die Arbeiter:innen in den imperialistischen Ländern mit den unterdrückten Völkern zusammenarbeiten. Wir haben gesehen: die Aktionen, die bis jetzt am effektivsten waren, den Genozid zu stoppen, waren Streiks der Hafenarbeiter:innen beispielsweise in Belgien, die sich geweigert haben, Schiffe mit Waffen nach Israel zu beliefern, sowie die Proteste von Studierenden an ihren Universitäten. Es ist “unsere” Regierung in Deutschland, die sich fortschrittlich gibt, während sie einen Genozid unterstützt. Sie unterstützt aber nicht nur den Genozid, sondern möchte ihre Führungsrolle in der Welt mittels massiver Aufrüstung verteidigen und ausbauen. Ein zentraler Zweck der Aufrüstung und von Kriegseinsätzen wie aktuell im Roten Meer ist es, die Ausbeutung von abhängigen Ländern aufrechtzuerhalten und auszubauen. Das geht auch einher mit Repressionen sowie sozialen Kürzungen und rassistischer Spaltung im Inneren. 

Aus diesen Gründen kämpfen wir als marxistische Hochschulgruppe Waffen der Kritik für eine internationalistische und sozialistische Perspektive in der Palästina-Bewegung. Lasst uns die Jugend sein, die mit dem Kapitalismus bricht und weltweit für ein Ende von Ausbeutung und Unterdrückung kämpft, um Palästina zu befreien!

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