Airbus-Skandal: Wir brauchen Masken, um Leben zu retten, nicht um Flugzeuge zu bauen!
"Wir haben zu wenig Masken", ruft das Gesundheitspersonal seit Wochen! Obwohl die Krise noch nicht einmal ihren Höhepunkt erreicht, fordert Airbus die Mitarbeiter*innen und seine Subunternehmen auf, so schnell wie möglich wieder zu arbeiten. 20.000 Masken von Airbus und Zehntausende der Subunternehmen kommen nicht dem Gesundheitssektor zu Gute, sondern dienen jetzt dem Flugzeugbau. Ein Bericht vom CGT-Gewerkschafter Gaëtan Gracia aus Frankreich über einen doppelten Skandal.
Nachdem viele nicht lebensnotwendige Läden wie im Einzelhandel schlossen und der französische Präsident Emmanuel Macron am Montag die Ausgangssperre verkündete, rebellierten viele Beschäftigte in nicht lebensnotwendigen Sektoren dagegen, weiter unter den bisherigen Bedingungen arbeiten zu müssen, insbesondere in der Metallindustrie. Viele Beschäftigte der Luftfahrt, die in den letzten Jahren weniger mobilisiert wurden, haben ihre Fabriken mit dem Druck von kollektiven Arbeitsrücktritten wegen der Gefahren für die Gesundheit geschlossen.
Dies sind weit mehr als individuelle Arbeitsniederlegungen oder vereinzelte Krankschreibungen, sondern kollektive Kämpfe, die sich gegen die Chefs richten, die die Arbeit aufrechterhalten wollen. Dies ist besonders in Betrieben der Fall, in denen es kämpferische Gewerkschaftsaktivist*innen gibt. Das Medef (Vereinigung französischer Arbeitgeber*innen) selbst sagt, dass es einen „äußerst drastischen Einstellungswandel bei den Beschäftigten“ gegeben hat.
Aber nach dem ersten Schrecken ging die Geschäftsführung der Luftfahrt unter der Leitung von Airbus wieder in die Offensive. Um die Tätigkeit in den Werkstätten ab Montag, dem 23. März, wieder aufzunehmen, hat Airbus eine E-Mail an seine Subunternehmen geschrieben. Sie wurden „eingeladen“, die Tätigkeit so schnell wie möglich wieder aufzunehmen, was aufgrund vertraglicher Verpflichtungen einem Befehl von Airbus gleichkommt.
Während wir das hier schreiben, wird die Rückkehr an die Arbeit gerade in die Wege geleitet. Nach Angaben der Subunternehmen haben manche ab diesem Montag die Arbeit wieder aufgenommen, andere werden dies in den kommenden Tagen tun, während einige noch nicht einmal die Arbeit eingestellt haben (wie zum Beispiel die Firma Daher). Während die Pflegekräfte uns anflehen, zu Hause zu bleiben, wagt Guillaume Faury, CEO von Airbus, zu erklären, dass die Herstellung von Flugzeugen in den kommenden Wochen ein dringender Notfall ist. Überdies wagt er es ernsthaft, sich dabei als „Garant für die Sicherheit seiner Mitarbeiter“ zu präsentieren.
Die Subunternehmen machten ihren Beschäftigten mit „Plänen zur Wiederaufnahme der Tätigkeit“ klar, dass sie sich nicht über Airbus beschweren sollten, da sich Airbus sonst an andere Konkurrenzunternehmen wenden werde. „Wir müssen dem Kunden unseren guten Willen zeigen“, erklärt ein Chef eines Subunternehmens in diesem Sektor. Der „gute Wille“ gegenüber den Arbeitnehmer*innen hingegen wird warten müssen.
In mehreren Unternehmen besteht das Druckmittel der Chefs darin, den Arbeiter*innen zu erklären, dass sie nicht versichern können, dass diese Kurzarbeitsgeld erhalten würden. Sie versuchen ihren Angestellten einzureden, dass diese nicht bezahlt würden, wenn sie die Arbeit nicht wieder aufnehmen!
Obwohl die vorgeschlagenen „Wiederaufnahmepläne“ „schrittweise“ geplant sind (zunächst eine Handvoll Mitarbeiter*innen, teilweise auf „freiwilliger“ Basis, später eine zweite Welle zu einem unbestimmten Zeitpunkt…), wird den Beschäftigten gezeigt, dass die wirtschaftlichen Interessen der Chefs Vorrang vor ihrer Gesundheit haben. Wie schnell wird diese Arbeitswiederaufnahme voranschreiten? Es wird von der Kampflust der Arbeiter*innen und der Angst der Bosse abhängen, ob sie einen weiteren Schritt machen.
Der Masken-Skandal: Wir wollen nicht nur um 20 Uhr applaudieren, wir wollen den Arbeiter*innen im Gesundheitspersonal unsere Masken geben…
Neben der Gefährdung des Lebens der Arbeitnehmer*innen ist ein zweiter Skandal hinzugekommen. Der Luftfahrtsektor wird ab dieser Woche mehrere zehntausend Masken für die Wiederaufnahme der Arbeit benutzen. Dies passiert in einer Zeit, in der der Mangel an Masken für Krankenhausmitarbeiter*innen, Krankenwagenfahrer*innen und Ärzt*innen zu einem heiklen Thema für die Regierung und zu einer Frage von Leben und Tod für diejenigen geworden ist, die ihr Leben für die Behandlung der Bevölkerung riskieren. Das macht die kürzliche Lieferung von 20.000 Masken an Airbus noch unglaublicher.
Rechnet man dazu noch die Lagerbestände und die direkt von den Subunternehmern erteilten Aufträge, steigt diese Zahl enorm an. Ein durchschnittliches Subunternehmen, wie die Ateliers de la Haute-Garonne (etwa 250 Mitarbeiter*innen), hält einen Bestand von 1.000 Masken (der zuvor unter Verschluss gehalten wurde!) und erhält 10.000 zusätzliche Masken. Bei einer großen Zahl von Subunternehmen können wir schätzen, dass in den kommenden Wochen mehrere zehn- oder sogar mehrere hunderttausend Masken für die Herstellung von Flugzeugen verwendet werden. Flugzeuge, die, selbst wenn sie an die Fluggesellschaften geliefert wurden, im Moment nicht fliegen, oder schlimmer noch, leer fliegen!
Diese Masken müssten in erster Linie an das Gesundheitspersonal gehen und einige Arbeitnehmer*innen fordern dies bereits von ihren Chefs.
Angesichts der koordinierten Offensive der Luft- und Raumfahrtbosse und der Regierung wird eine koordinierte Reaktion der Beschäftigten in diesem Sektor notwendig sein. Eine Reaktion, die sich gegen die sofortige Wiedereröffnung nicht essentieller Sektoren angesichts der Gesundheitskrise wendet, und die zudem ihre eigenen Lösungen für die Krise einfordert. In dieser Krise, im derzeitigen „Krieg“, lautet die erste Forderung: „Solange nicht jede Pflegekraft eine Maske hat, werden wir nicht arbeiten!”
Dieser Artikel erschien zuerst am 24. März 2020 auf unserer französischen Schwesterseite Révolution Permanente.
Die Mail von Airbus im Original: