AfD-Wahlerfolg in Pirna: Statt Brandmauer-Logik braucht es Selbstorganisierung der Beschäftigten und der Jugend
Seit gestern gibt es den ersten AfD-Bürgermeister in Sachsen. Doch statt Schuldzuschreibungen zwischen bürgerlichen Parteien braucht es im Kampf gegen die Rechten Organisierung.
So etwas gab es bis gestern noch nie: Pirna, eine Kreisstadt in Sachsen, hat seit Sonntag einen Oberbürgermeister, der von der AfD aufgestellt wurde. Nachdem die AfD dieses Jahr mit Robert Sesselmann das erste Mal einen Landrat in Sonneberg, Thüringen stellt, folgt jetzt der erste Oberbürgermeister in Sachsen. Im zweiten Wahlgang konnte der parteilose Tim Lochner, der von der AfD ins Rennen geschickt wurde, mit 38,5 Prozent laut vorläufigem Wahlergebnis einen deutlichen Vorsprung gegenüber der CDU-Politikerin Kathrin Dollinger-Knuth (31,4 Prozent) und dem Kandidaten der Freien Wähler, Ralf Thiele (30 Prozent) erlangen.
Die Wahlbeteiligung lag zwar mit knapp 54 Prozent etwas höher als beim ersten Ende November mit 50,3 Prozent, ist trotzdem aber gering.
Im ersten Wahlgang hatte keine:r der fünf Kandidierenden die erforderliche Mehrheit erreicht.
Nun beschuldigen sich sowohl die Freien Wähler als auch die CDU, den Versuch, eine vermeintliche Brandmauer gegen die AfD aufzubauen, zum Scheitern gebracht zu haben. Nachdem im ersten Wahlgang, bei dem keine:r der damals angetretenen Kandidat:innen genug Stimmen für die erforderliche Mehrheit erreicht hatte, hatten Ralf Wätzig (für SPD und Grüne) und André Liebscher (parteilos) beide auf eine erneute Kandidatur verzichtet und riefen stattdessen zur Unterstützung für die CDU auf. Auch der Stadtverband der LINKEN stellte sich hinter eine Kandidatur der CDU Politikerin. Nun beschweren sich die sächsischen Freien Wähler, die CDU hätte sich hinter sie stellen müssen, die CDU behauptet, die Freien Wähler hätten sich in die von ihnen gebildete Brandmauer gegen die AfD einreihen sollen.
Doch keine dieser beiden Optionen hätte dem eigentlichen Problem des Erstarkens der in Sachsen als rechtsextremistisch eingestuften AfD wirklich eine Lösung entgegengebracht.
Die Wahl einer konservativen oder rechten Partei als Mittel gegen Rechtsextreme zu präsentieren, ist absurd. Nur weil man eine weniger rechte Alternative zur AfD anbietet und andere Kandidaturen zurückzieht, bedeutet das nun lange nicht, dass sich Leute so überreden lassen, ihre Stimme doch nicht an die AfD zu geben. Denn schließlich haben die bürgerlichen Parteien eine Politik mit zu verantworten, deren Konsequenzen Arbeiter:innen in die Hände rechter Parteien treibt und den Rechtsruck bereits im Bundestag praktiziert: ob bei der zutiefst rassistischen Asylrechtsreform, dem gigantischen Sondervermögen für das deutsche Militär oder dem Bekennen zur deutschen Staatsräson und damit einer von allen Parteien von CDU bis die LINKE getragenen Hetzte gegen die Solidarität mit der palestinänsischen Bevölkerung, an der gerade ein Genozid verübt wird.
Doch so sehr sich sowohl die AfD als auch die konservativen Parteien als die vermeintliche Lösung für die Probleme der Arbeiter:innen profilieren wollen: Keine der „beiden“ Seiten kann eine wirkliche Antwort geben. Denn das kann nur durch Selbstorganisation gegen Krieg, Krise und Inflation derjenigen passieren, die am meisten darunter leiden und die Kraft hätten, durch Kampfmittel wie Streiks wirklich Druck aufzubauen. Diese kann sie nur durch ihre Selbstorganisation erkämpfen.
Der Kampf gegen Rechts darf sich nicht darauf beschränken, wer schließlich im Rathaus gewisse Positionen besetzt, sondern um den Kampf gegen rechte Politik im Gesamten, unabhänig vom kapitalistischen Staat. Denn dieser wird auf der Straße, in den Universitäten und in den Betrieben sowie im alltäglichen Leben geführt. Dazu spielen Gewerkschaften eine zentrale Rolle. Als die größten Organe für organisierte Beschäftigte haben sie eine zentrale Position dabei, Streiks und Massenmobilisierungen durchzusetzen. Auch die Parteiführungen von SPD und DIE LINKE, die sich als Interessenvertretung der Arbeiter:innen darstellen, müssen herausgefordert werden, sich an Massenmobilisierungen gegen Rechts zu beteiligen.
Die Forderungen, für die gekämpft werden, dürfen sich jedoch nicht nur auf rein ökonomische Verbesserungen beschränken, sondern müssen ein Programm in den Vordergrund stellen, das auch Schritte im Kampf gegen Unterdrückung beinhaltet, wie die Schaffung sicherer Fluchtrouten und ein Stopp aller Abschiebungen und der Ausbau von Kita-Plätzen und Frauenhäusern.
Was es braucht, ist ein proletarischer Antifaschismus, der abseits des bürgerlichen Parlaments fähig ist, antifaschistische Demonstrationen oder auch Streiks zu schützen. Gleichzeitig ist es notwendig, eine revolutionäre politische Alternative aufzubauen, die eine Antwort auf die Krise geben kann. Die sozialen Probleme wie die enorm hohen Mieten und Energiepreise, Reallohnverluste durch die Inflation und ein miserables Bildungs- und Gesundheitssystem müssen konsequent im Interesse der Arbeiter:innen und Unterdrückten gelöst werden. Dazu ist keine der bürgerlichen Parteien fähig. Denn die Antwort im Kampf gegen den Rechtsruck versteckt sich nicht in den Parlamenten, unser Kampfmittel kann nicht eine Logik des geringeren Übels sein, sondern findet sich im gemeinsamen und selbstorganisierten Kampf der Arbeiter:innenklasse!