AfD und Alfa: Wer vertritt die Rechten?
// RECHTSPOPULISMUS: Nach der Abspaltung eines Teils der Alternative für Deutschland (AfD) in die neue Partei Alfa werden die Grenzen zwischen beiden Parteien abgesteckt. //
Die Alternative für Deutschland (AfD) konnte spätestens nach dem Essener Parteitag nicht mehr so weiterbestehen: Der nationalkonservative Flügel mit seiner Galionsfigur, Frauke Petry, schien dem liberalen Flügel mit deren eigenen Halbgott, Bernd Lucke, zu weit gen Pegida angesiedelt zu sein. Tatsächlich distanzierte sich der rechte Flügel nie von den rassistischen Pegida-Aufmärschen, sondern umgarnte diese sogar, wie die wiederholten Besuche des brandenburgischen AfD-Chefs Alexander Gauland zeigten. Auf der anderen Seite trat die Fraktion um Lucke für eine liberale Interpretation der „Alternative“ ein, deren Markenkern weiterhin die Wirtschaftspolitik sein sollte. Nach dem klaren Wahlsieg von Petry auf dem Parteitag kam es dazu, dass etwa zehn Prozent der Mitglieder austraten und mit der „Allianz für Fortschritt und Aufbruch“ (Alfa) eine neue Partei gründeten.
Die AfD gründete sich Anfang 2013 infolge der „Rettungspakete“ für Griechenland und konnte von Anfang an mit ihrer „eurokritischen“ Position Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Als dieses Thema zu monoton wurde und die Partei kurz nach ihrer Gründung durch den Wirtschaftsprofessor Lucke nur knapp den Einzug in den Bundestag verpasste, mussten neue Positionen gefunden werden. Dieses Thema war schnell zur Hand: die Migrationspolitik. Damit konnte sich die AfD als Partei „rechts der CDU“ etablieren und zog unter Luckes Führung nicht nur in das Europaparlament, sondern auch in fünf Landtage ein. Nun spaltete sich die Partei in zwei scheinbar unversöhnliche Hälften, die einen erbitterten Kampf führten – und diesen bis heute fortsetzen. Wie konnte dieser schnelle Abstieg kommen, da doch die Eurokrise weiterhin aktuell wie nie zuvor ist?
Kehrtwende Pegida?
Bernd Lucke stellte in seinem ersten großen Interview nach der Spaltung fest, dass die Erfolge der AfD unter seiner Führung und vor dem Aufkommen der Pegida-Bewegung zu verzeichnen waren. Damit will er sich natürlich von dieser Bewegung abgrenzen, da Lucke mittlerweile weniger als einen schlechten Ruf genießt. Außerdem geht es ihm um die Distanzierung von der „Rest-AfD“, die er als zu weit rechts ansieht. Naturgemäß sind die CDU, aber auch die womöglich wiedererstarkende FDP, die potenziellen PartnerInnen der Alfa. Nichtsdestotrotz sind sie zunächst eher die unmittelbaren KonkurrentInnen, da die Alfa sich erst als Partei etablieren muss. Dagegen liegt die wirkliche Stärkung der „neuen“ AfD nach der Spaltung eher darin, dass sie keine starke Abgrenzung zum rechten Rand mehr braucht.
Auf der anderen Seite wird es für die AfD schwerer, weitere „eurokritische“ Stimmen zu sammeln – auch das ist ein Grund, weshalb sie nichts beiseite lässt, was der Alfa das Leben schwerer machen könnten. Die Palette reicht von juristischen Klagen wegen deckungsgleicher Passagen im Parteiprogramm bis hin zu offenen Beschimpfungen. So kündigte der AfD-Sprecher, Christian Lüth, an, eine Klage wegen „Diebstahls geistigen Eigentums“ in dieser Hinsicht zu prüfen. Ebenso wurden die Europaparlamentssitze von Lucke und seinen AnhängerInnen der Alfa von der AfD zurückverlangt – allerdings wird das nicht geschehen und kann auch juristisch nicht angefochten werden. Damit bleibt der Alfa also eine Grundlage zur Erstarkung hin zu einer Partei, deren Ziel der Einzug in den Bundestag 2017 ist. Inwiefern dies jedoch wahrscheinlich ist, bleibt umstritten: Es wird schwer für sie werden, sich gegen die „eurokritischen“ Stimmen der CDU sowie der klassisch-liberalen FDP dermaßen abzugrenzen, dass sie „eigene“ WählerInnenstimmen bekommen kann.
Die Alfa hat zudem gleich zwei KonkurrentInnen: die etwa gleichstarke AfD und die FDP, die in den letzten Landtagswahlen ihren Abstieg aufhalten konnte. Sie alle eint dabei eins: Alle wollen den euroskeptischen Teil der Bevölkerung für sich gewinnen, die weitere „Hilfsgelder“ für Griechenland ablehnt. Aber auch ein Teil der CDU versucht das, wie die 58 Nein-Stimmen im Bundestag zum dritten „Hilfspaket“ beweisen. Verschiedene Gruppen versuchen also, sich rechts von der CDU zu positionieren – und insbesondere die Euro- und Migrationspolitik von rechts her als zu „liberal“ zu kritisieren. CDU, FDP und Alfa wollen alle die Stimmen der RassistInnen und NationalistInnen einsammeln, ohne jedoch rassistisch oder nationalistisch zu wirken.
Richtung braune Zukunft?
AfD und Alfa sind dabei nicht so verschieden wie sie behaupten. Unterschiede gibt es in der Europolitik dahingehend, dass die AfD den Austritt Deutschlands aus dem Euroraum fordert, während die Alfa das eher (noch!) ablehnt. Im Gegenteil: Sie hat „erkannt“, welch´ mächtiges Instrument die Eurozone zur Durchsetzung der Interessen des deutschen Kapitals sein kann. Der Vorschlag Luckes ist daher plausibel: „Technisch am einfachsten wäre es, wenn die Südländer aus dem Euro ausscheiden.“
Wie wir geschrieben haben, konnte die Entwicklung der AfD nur nach rechts gehen. Konsequenz dessen ist, dass sich die AfD klar am Nationalkonservatismus orientieren wird, obwohl sie Aushängeschilder wie eben Lucke oder den Ex-BDI-Chef Hans-Olaf Henkel verloren hat, die ihr einen gewissen liberalen Anschein verschafft hatten. Die auch in den Umfragen leicht erstarkte FDP wird dabei für die Alfa der Teich sein, in dem sie fischen wird. Dazu passt ins Bild, dass der Chef der FDP, Christian Lindner, sich möglichst klar von den Strömungen der AfD abgrenzen will und ein Aufnahmeverbot für gewisse Mitglieder erwirkt hat. Kein Zufall, dass solche „schwarzen Listen“ an scheinbar besonders rechten Mitgliedern innerhalb der AfD auch bei Luckes Partei kursieren.
Dabei ist klar, dass beide Parteien weiterhin um den rechten Rand nicht umhin kommen: Wenn Lucke die Erfolge bei den Landtagswahlen feiert, so muss auch mitbedacht werden, mit welch´ rassistischer Wahlkampagne dies gelang. Die Forderungen waren teilweise kaum von der NPD zu unterscheiden und auch jetzt wird von beiden Seiten gegen geflüchtete Menschen gehetzt, genauso wie gegen Muslime und Frauen. „Wirtschaftsliberalismus“ und „Nationalkonservatismus“ stellen also eher zwei Seiten einer Medaille dar – und zwar viel mehr, als die gegenseitigen Antipathien vermuten lassen.