Abschiebungen in Kriegsgebiete: Wie die Ampel sich an die AfD anpasst

25.06.2024, Lesezeit 7 Min.
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Foto: penofoto/shutterstock.com

Ampelregierung und Union übertreffen sich gegenseitig mit rassistischen Forderungen nach Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete. Die Wahlerfolge der AfD können auch als eine Folge dieser rechten Politik begriffen werden.

Dass die deutsche Asylpolitik immer rechter und menschenfeindlicher wird, dürfte nicht neu sein. Die GEAS-Reform ermöglicht auf europäischer Ebene Maßnahmen wie Abschiebungen in Drittstaaten oder Inhaftierungen von Kindern. Durch das Anfang des Jahres beschlossene „Rückführungsverbesserungsgesetz“ können Asylsuchende ohne Fluchtgefahr bis zu 28 Tage, mit Fluchtgefahr sogar sechs Monate inhaftiert werden. Nächtliche Abschiebungen werden ausgeweitet, mit traumatischen Folgen vor allem für Kinder und viele weitere Verschlechterungen für Geflüchtete.

Nun wollen Ampelregierung und Union die Migrationsgesetze weiter verschärfen und drohen mit Abschiebungen in Kriegsgebiete und Staaten, in denen Folter und politische Verfolgung drohen. So forderte der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt die Abschiebung von Ukrainer:innen, die keine Arbeit haben. Wie zuvor schon andere CSU-Politiker:innen, möchte er auch die Sozialhilfe für Ukrainer:innen einschränken. Kurz nach dem Beginn des Krieges hatte die Bundesregierung, unter Zustimmung der Union, ukrainischen Geflüchteten einen Sonderstatus gewährt. Seitdem müssen sie kein Asylverfahren durchlaufen und haben unter anderem Anspruch auf Bürgergeld. Doch Dobrindt findet nun, das Bürgergeld halte zu viele Menschen in der Sozialhilfe fest. Sein Vorschlag würde bedeuten: Wer bisher keine Arbeit gefunden hat, sich als Alleinerziehende:r um Kinder kümmern muss oder Angehörige pflegt, muss wieder in die Ukraine zurückkehren. Dort, wo weiterhin Krieg und damit die Gefahr herrscht, durch Bomben und Waffen getötet zu werden.

Die SPD und Grünen kritisieren Dobrindts Vorstoß. Gleichzeitig sind es aber auch sie, die sich bei der Innenminister:innenkonferenz in der letzten Woche für die Abschiebung von „schwerkriminellen Straftäter:innen“ und sogenannten “islamistischen Gefährdern” nach Afghanistan und Syrien einsetzten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sei dazu bereits mit mehreren Staaten im Gespräch. Afghanistan und Syrien gelten beide nicht als sichere Herkunftsstaaten und das aus gutem Grund. In Syrien herrscht seit 2011 weiterhin ein Bürgerkrieg, der zu einer der größten humanitären Krisen der heutigen Zeit geführt hat. In Afghanistan ist die humanitäre Lage ebenfalls katastrophal. Menschenrechtsorganisationen berichten von extremer Unterdrückung der Rechte von Frauen und ethnischen Minderheiten wie den Hazara oder den Baluchen. Auch von außergerichtlichen Tötungen, Folter, dem Verschwindenlassen von Personen und der Unterdrückung jeglichen Protests gibt es Berichte. 

Faeser kündigte bei der Konferenz außerdem an, einen Gesetzesentwurf vorlegen zu wollen, der auch eine Ausweisung von Menschen möglich macht, die wegen Volksverhetzung verurteilt wurden. Dies könnte vor allem palästinasolidarische Aktivist:innen treffen, die immer wieder wegen angeblicher Volksverhetzung angezeigt und kriminalisiert werden. Abschiebungen aufgrund von friedlichem Protest gegen einen Genozid würde eine neue Stufe der Repression bedeuten, die aber nicht überraschend kommt. Scholz forderte schon im Oktober im Kontext der pro-palästinensischen Demonstrationen massenhafte Abschiebungen.

Gegen den Rechtsruck von AfD, Union und Ampel!

Vor der Kulisse einer extrem menschenfeindlichen Migrationspolitik, von sozialen Kürzungen und einer beispiellosen Militarisierung, gewinnen rechte Parteien in ganz Europa an Zustimmung. Ihre antisoziale, rassistische und reaktionäre Politik ist eine große Gefahr für die breiten Massen und insbesondere für unterdrückte Minderheiten. Wir wollen deshalb gemeinsam gegen den AfD-Parteitag in Essen vom 28. bis 30. Juni demonstrieren und verhindern, dass die AfD ungestört über ihre menschen- und demokratiefeindlichen Vorhaben verhandeln kann. Lasst uns die Politik der AfD gemeinsam blockieren und uns gegen die AfD – aber auch gegen die rechte Politik der Regierung – organisieren.

Für uns kann es aber auch kein breites demokratisches Bündnis mit den reformistischen Parteien geben. Denn diese sind für den Aufstieg der AfD zentral mitverantwortlich. Unter dem Druck der extremen Rechten stellt sich die Bundesregierung nicht etwa gegen den Rassismus und tritt für soziale Verbesserungen ein. Ganz im Gegenteil: Sie stimmt in den rechten Chor ein, den die AfD vorgibt.

Die Regierungen der letzten Jahrzehnte haben mit ihrer neoliberalen Politik der Privatisierungen, Kürzungen von Sozialhilfen und der Militarisierung einen Nährboden geschaffen, auf dem sich die AfD als vermeintliche Alternative präsentieren konnte. Die AfD nutzt die soziale Krise und die Abstiegsängste vieler Menschen für ihre rassistische Hetze gegen Geflüchtete und Migrant:innen, die sie als Sündenböcke für die soziale Krise darstellen. Dabei hat die AfD jedoch real keine Alternative zur neoliberalen Kürzungspolitik zu bieten und würde die arbeiter:innenfeindliche und rassistische Politik nur noch verschärfen.

Statt also gemeinsam mit den reformistischen Parteien ein Bündnis gegen die AfD zu schmieden, müssen wir uns unabhängig von der Regierung organisieren, um gegen die extreme Rechte und den allgemeinen Rechtsruck schlagkräftig zu kämpfen. 

Mit Streiks und Versammlungen gegen den Rechtsruck

In den aktuellen und anstehenden Tarifverhandlungen in den Häfen, der Metall- und Elektroindustrie und dem öffentlichen Dienst können wir für soziale Verbesserungen kämpfen, die der AfD den Nährboden entziehen. Diese Kämpfe müssen verbunden werden mit einem konsequenten politischen Kampf gegen jegliche Angriffe gegen uns, wie die Repressionen gegen die Palästinasolidarität, Vorstöße für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht, Kürzungen im Sozialen und in der Bildung und gegen die Militarisierung.

Die Streiks sind unser stärkstes Mittel, Druck auszuüben, indem wir zentrale Sektoren der Wirtschaft lahmlegen. Entgegen den Bemühungen von reformistischen Parteien und der sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaftsbürokratie, die Streiks der verschiedenen Sektoren zu isolieren und von politischen Forderungen zu entkoppeln, sollten wir die Arbeitskämpfe verbinden und politisieren. Die FDP fordert Einschränkungen des in Deutschland ohnehin schon restriktiven Streikrechts, die wir entschieden und mit aller Kraft abwehren müssen. Um uns gegen die sozialen Angriffe und den gesellschaftlichen Rechtsruck zu wehren, brauchen wir Organe der Selbstorganisation.

In Versammlungen in den Betrieben, Schulen und Universitäten können wir diskutieren und demokratisch entscheiden, wie wir weiter gegen die Rechte kämpfen wollen. Sie bieten einen Ort, um die Kämpfe verschiedener Sektoren mit politischen Bewegungen anderer unterdrückter Gruppen zusammenzuführen, was unsere Kampfkraft enorm stärken würde. Verbündet sich die antiimperialistische Palästina-Bewegung an den Unis mit den Hafenarbeiter:innen können sie gemeinsam Blockaden von Waffenlieferungen an Israel organisieren und damit den deutschen Imperialismus in seinem Herzen angreifen. Wir wollen nicht abstrakt eine Demokratie verteidigen, die im Interesse der Banken und Konzerne arbeiter:innenfeindliche und rassistische Politiken durchsetzt. Stattdessen wollen wir in Versammlungen und gemeinsamen politischen Kämpfen erfahrbar machen, wie eine zukünftige Arbeiter:innenregierung, wie eine wirkliche Demokratie der breiten Massen und eine solidarische Gesellschaft aussehen könnte.

Der Kampf gegen die AfD ist eng verbunden mit dem Kampf gegen die antisoziale Politik der Bundesregierung, gegen ihre Abschiebungen und ihre Kriegstreiberei. Nur gemeinsam können wir sie wirksam bekämpfen. Lasst uns also die Blockade des AfD-Parteitags in Essen als Auftakt für einen selbstorganisierten Kampf in den aktuellen und anstehenden Tarifauseinandersetzungen begreifen und uns für Streikversammlungen in den Betrieben und Vollversammlungen an den Universitäten einsetzen, um schlagkräftig gegen die rechte Politik von AfD bis SPD zu kämpfen.

Gegen alle Abschiebungen! Gegen die Repression und Einschränkung von demokratischen Rechten! 

Für politische Streiks und kämpferische Gewerkschaften!

Gegen alle sozialen Angriffe! Gegen Wehrpflicht und Aufrüstung!

100 Milliarden für Gesundheit und Bildung statt Militarisierung!

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