Abgasskandal: Bosse kassieren – Arbeiter*innen werden gefeuert
Der nun schon zwei Jahre andauernde Dieselskandal zeigt, wie das gesamte deutsche Regime die Profite der Automobilkonzerne schützt – und wie alle vorgeschlagenen Auswege nur Scheinlösungen auf dem Rücken der Arbeiter*innen sind. Eine notwendige Erkenntnis vor der Bundestagswahl.
Die Süddeutsche Zeitung freute sich in ihrer gestrigen Ausgabe über den größten Skandal in der Geschichte der deutschen Automobilindustrie, der die Branche seit genau zwei Jahren erschüttert: „Die Autoindustrie hat eine Zukunft – dank Abgasskandal“:
Autos fahren künftig elektrisch, so viel ist klar. Ohne Dieselgate jedoch hätte es zu dieser Einsicht noch Jahre gebraucht. Die Konzerne dürfen diese Zeit nicht verschenken.
Es ist schwer zu sagen, ob vor allem menschenverachtender Zynismus oder ein schieres Ohnmachtsgefühl hinter diesen Zeilen steckt. Doch manipulierte Abgasanlagen, die tausende Todesopfer gefordert haben, als „Chance“ zu begreifen, ist wahrscheinlich der akkurateste Ausdruck von der unglaublichen Ruhe, mit der die Bundesregierung, die Automobilkonzerne, die Medien und selbst die Gewerkschaften und linken Parteien auf den Abagasskandal in den letzten zwei Jahren bisher reagiert haben.
Denn dafür, dass allein Volkswagen in den USA mindestens neun Milliarden Dollar an Entschädigungen an Entschädigungen zahlen muss – ganz zu schweigen davon, dass ausnahmslos alle großen Automobilkonzerne in Manipulationsvorwürfen verstrickt sind –, ist in Deutschland bisher reichlich wenig passiert. Kaum Konsequenzen in den Chefetagen der Konzerne, und mit Ausnahme der Grünen thematisiert selbst im Wahlkampf kaum jemand „Dieselgate“. Dabei ist gerade dieser Skandal ein Lehrstück über das Verhältnis zwischen der politischen Kaste in Deutschland und der Automobilindustrie.
Denn die beiden größten Konsequenzen des Skandals zeigen auf, wie eng das deutsche imperialistische Projekt mit VW und Co. verbunden ist.
Ende letzten Jahres wurde bekannt, dass VW im Zuge des Skandals allein in Deutschland 23.000 Stellen streichen wird – abgesegnet vom Betriebsrat und von der IG Metall. Der durch die Profitgier der Konzernbosse forcierte Abgasschwindel fordert zehntausende Jobs, und alle spielen mit.
Und als wenn das noch nicht genug wäre, waren die Konsequenzen aus dem „Dieselgipfel“ Anfang August lediglich Softwareupdates, und geringfügige Umtauschprämien. Um das zu finanzieren, verspricht „Autokanzlerin“ Angela Merkel fast eine Milliarde Euro an Subventionen für die Automobilbranche, um die Produktion umzurüsten. Das klingt wie 2009, als die Steuerzahler*innen in Deutschland die Finanzkrise durch das Konjunkturprogramm „Abwrackprämie“ abfedern sollten. Die Bosse profitieren, die Arbeiter*innen zahlen dafür.
Traurig ist auch die Perspektive, die für die Umwelt aus dieser Schlussfolgerung scheint: Anstelle des Ausbaus von öffentlichem Nah- und Regionalverkehr steht die massenhafte Produktion von Elektroautos für den Individualverkehr – mit Batterien aus „seltenen Erden“, die besonders umweltschädlich und arbeitsintensiv zu bergen sind. Viel zynischer kann die Perspektive des „grünen Kapitalismus“ gar nicht formuliert werden.
Also für wen ist der Abgasskandal nun wirklich eine „Chance“? Vor allem für die Zukunft der Profite der Bosse – unterstützt von einer korrupten Kaste von Politiker*innen, denen ihre Beziehungen zur Automobilbranche wichtiger sind als Leben, Gesundheit und Arbeitsbedingungen von Millionen von Arbeiter*innen.
Wenn dieser Tage der Dieselskandal kaum Thema im Bundestagswahlkampf ist, dann genau deshalb, weil die etablierten Parteien keine Antwort für die Probleme der Mehrheit der Bevölkerung haben. Dem setzen wir eine Perspektive entgegen, die die Automobilkonzerne unter Arbeiter*innenkontrolle enteignet, die kostenfreien und energieeffizienten öffentlichen Nah- und Regionalverkehr fördert, die Umwandlung von kürzungsbedrohten Arbeitsplätzen in sozial gesicherte und umweltfreundliche Alternativarbeitsplätze zum Ziel hat, und die die Kapitalist*innen für die Abgaskrise zahlen lässt.
Leider lässt sich diese Perspektive heute nicht wählen. Deshalb rufen wir dazu auf, eine ungültige Stimme bei der Bundestagswahl abzugeben und gemeinsam mit uns eine Alternative im Interesse der Arbeiter*innen aufzubauen.