8M-Bündnis München: Wie weiter mit der feministischen Politik?
Nach den Provokationen von Zionist:innen gegen die Demonstration am 8. März stellt sich die Frage, wie es mit der feministischen Politik weitergehen kann. Als Teil des Bündnisses schlagen wir eine Politik vor, die sich gegen Genozid, Militarismus und Kürzungspolitik wendet.
Die feministische Demonstration am 8. März sorgte für Schlagzeilen, nachdem Zionist:innen unter Führung des ultranationalistischen und siedlerkolonialistischen „Jüdischen Nationalfonds“ versuchten, an dem Protest teilzunehmen. Dies konnte durch das Auftreten von palästina-solidarischen Demonstrant:innen verhindert werden. In der Folge hetzten die Bild-Zeitung und der Münchner Stadtrat. Sie erfanden Lügen über angebliche antisemitisch motivierte verbale und körperliche Angriffe. Bedauerlicherweise hat sich das Bündnis nicht einheitlich hinter den palästina-solidarischen Gruppen positioniert, obwohl diese seit Monaten Teil der Vorbereitung der Demonstration waren. Ebenso wenig gab es eine öffentliche Stellungnahme, die die Lügen aus Springerpresse und Stadtrat zurückgewiesen hätten.
Einige Akteur:innen im Bündnis behaupten – etwa in einer Nachlese zum 8. März bei Radio Lora –, dass der Bündniskonsens von den palästina-solidarischen Teilnehmer:innen nicht eingehalten worden sei. Wir weisen diese Aussage zurück. Tatsächlich hatte die Demoleitung gegen jegliche vorherige Absprache den zionistischen Provokateur:innen einen Platz im Demonstrationszug angeboten. Hierin liegt der eigentliche Bruch jedes solidarischen Umgangs im Bündnis. Gegenüber der Bild-Zeitung meinte die Anmelderin: „Es gab auf beiden Seiten unfreundliche Gesten.“ Die in anderen Situationen geäußerte Behauptung, wir würden Bündnisinterna veröffentlichen, ist eine Farce, besonders da die Demoleitung offensichtlich kein Problem damit hat, öffentlich gegen Teilnehmer:innen des eigenen Bündnisses zu schießen.
Angesichts der Uneinigkeit im Bündnis stellt sich für uns als Klasse Gegen Klasse die Frage, wie es weitergehen kann. Wir denken, dass es eine öffentlich geführte Diskussion über die Zukunft der feministischen Politik in München braucht. Mit Militarisierung, Genozid und Kürzungspolitik sind wir nicht der Meinung, dass wir mit einer nächsten Demo bis zum 25. November – dem Tag gegen Gewalt an Frauen – warten können. In diesem Sinne schlagen wir inhaltliche Grundlagen für eine Kampagne vor, für einen Sommer der Mobilisierungen.
1. Feminismus heißt gegen Genozid
Jeden Tag ermordet die israelische Armee weiter Frauen und Kinder in Gaza. Sie greift gezielt Krankenhäuser an und zerstört die Gesundheitsversorgung für Frauen. Geburten müssen überwiegend ohne Schmerzmittel, teils ohne ärztliche Betreuung, unter lebensbedrohlicher Mangelernährung und unter katastrophalen hygienischen Umständen stattfinden. Es ist die erste Pflicht der feministischen Bewegung, sich gegen den Genozid zu positionieren. Nichts kann es rechtfertigen, dass die Bundesregierung Waffen für die Morde der israelischen Armee liefert. Sie instrumentalisiert den 7. Oktober, um das Vorgehen Israels zu unterstützen und nach innen die Palästina-Solidarität zu kriminalisieren. Wir begrüßen daher den Entwurf des Offenen Frauentreffens für ein Statement des Bündnisses, das sich gegen die Teilnahme zionistischer Kräfte an der Demonstration zum 8. März richtet und die falschen Behauptungen der Stadtratsfraktionen richtigstellt.
2. Internationale Solidarität statt „feministische“ Außenpolitik und Militarisierung
Wir stellen uns gegen die „feministische“ Außenpolitik, die in Wirklichkeit als Vorwand dient, Waffenlieferungen und Aufrüstung zu legitimieren. Wir haben nichts mit Baerbock und Co. gemein, die unter dem Begriff des Feminismus Kriege rechtfertigen. Deutschland führt anlässlich des Krieges in der Ukraine ein beispielloses Aufrüstungsprogramm durch, um sich in der Welt als führende Großmacht zu etablieren. Die Universitäten werden dafür vermehrt in den Dienst der Rüstungsforschung gestellt. Unsere Solidarität gilt nicht den Kriegstreiber:innen, auch nicht den „feministischen“, sondern der Studierendenbewegung in den USA und weltweit gegen den Genozid in Gaza, in der Feminist:innen und queere Aktivist:innen eine wichtige Rolle spielen, der Arbeiter:innenbewegung, die Waffenlieferungen in Indien oder Großbritannien verhindert hat und den Unterdrückten in Palästina und weltweit.
3. Gewerkschaften und feministische Bewegung für einen Waffenstillstand
Bei Radio Lora äußerte sich die Vertreterin der ver.di-Frauen im 8M-Bündnis: „Ver.di steht ganz klar für das Existenzrecht Israels.“ Wir denken, dass ein Kolonial- und Apartheidsstaat kein Existenzrecht hat. Der internationale Gewerkschaftsbund UNI Global Union, in dem ver.di Mitglied ist, hat sich für einen Waffenstillstand ausgesprochen. Ver.di muss sich dieser Forderung anschließen. Dafür muss auch die feministische Bewegung in den Reihen der Gewerkschaften kämpfen. In diesem Sinne schlagen wir über das 8M-Bündnis hinaus vor, eine gewerkschaftliche Initiative zu starten, die sich an „Gesundheit4Palestine“ in Berlin orientiert, wo sich Beschäftigte aus dem Sektor für ein Ende des Genozids einsetzen. Insbesondere richten wir diesen Aufruf auch an das Offene Frauentreffen, das sich in der Initiative „Daseinsfürsorge am Limit“ zusammen mit Betriebs- und ver.di-Strukturen gegen schlechte Arbeitsbedingungen im Sozialen und der Gesundheit einsetzt. Wir begrüßen diese Arbeit, denken aber, dass sie über den rein gewerkschaftlichen Rahmen hinaus auch die politischen Themen von Krieg, Aufrüstung und Kürzungspolitik stärker aufgreifen sollte.
4. Gegen den Rechtsruck
Anlässlich des Genozids in Gaza schürt die AfD weiter ihren antimuslimischen Rassismus. Ihr Aufstieg im militaristischen Klima hat dazu geführt, dass ihre Positionen zunehmend akzeptiert werden. Die Abschiebeoffensiven und die pauschale Gleichsetzung von Palästina-Solidarität mit islamistischem Terrorismus durch die Ampel-Regierung verdeutlichen, wie sehr sich AfD-Positionen in der staatlichen Politik verankert haben. Wir können uns im Kampf gegen Rechts nicht auf den Staat verlassen, der selbst die demokratischen Rechte derzeit massiv untergräbt, Frauen in schlechte Arbeitsverhältnisse zwingt und AfD-Politik übernimmt. Wir sagen: Schluss mit der rassistischen und geschlechtlichen Spaltung!
5. Verteidigen wir den Öffentlichen Dienst – gegen Kürzungspolitik und „Kriegstüchigkeit“
Die Finanzierung der Aufrüstung läuft insbesondere über Kürzungen bei Sozialen, Gesundheit und Bildung. Die Bundesregierung will Krankenhäuser „kriegstüchtig“ machen und Jugendoffizier:innen an Schulen schicken. Statt massiver Investitionen, um den Personalmangel zu beheben und den öffentlichen Dienst zu stärken, soll der Bereich nun im Interesse der Kriegspolitik diszipliniert werden. Die Sparpolitik richtet sich auch gegen Empfänger:innen von Bürgergeld, gegen die Kindergrundsicherung und sie geht einher mit Angriffen auf das Renteneintrittsalter. Die Bedingungen für Care-Berufe verschlechtern sich weiter, mehr Frauen werden in Armut getrieben. Zugleich steht das Streikrecht immer wieder unter Beschuss.
In München steht eine große Umstrukturierung der Krankenhäuser an – das 8M-Bündnis muss die Beschäftigten entschieden gegen diese Sparmaßnahme unterstützen. Auf dem 1. Mai wurde dies leider von niemandem thematisiert – auch nicht von „Daseinsfürsorge am Limit“. Die rot-grüne Stadtregierung hatte nach Protesten der Belegschaft des Kreißsaal Neuperlach angekündigt, die geplante Schließung zu verschieben. Im Juni könnte nun doch der Beschluss über das Ende des Kreißsaals fallen. Das 8M-Bündnis muss die kämpfenden Kolleg:innen unterstützen. Wir schlagen vor, dass wir als 8M-Bündnis gemeinsam mit „Daseinsfürsorge am Limit“, den ver.di-Betriebsstrukturen und den Kolleg:innen eine Kundgebung zur entscheidenden Stadtratssitzung organisieren.
6. Kampf für queere Rechte
Rechtsruck und Militarismus befeuern auch die Queerfeindlichkeit. CSU und AfD versuchen, sich auf Kosten von queeren und trans-Personen mit einem rechten Kulturkampf zu profilieren. Zuletzt sorgte das Genderverbot an staatlichen Einrichtungen in Bayern für Aufmerksamkeit. Wir sind für die Abschaffung des Paragraphen 218. Für eine inklusive und diverse sexuelle Bildung, kostenlose Verhütungsmittel und das Recht auf Abtreibung. Dazu braucht es eine reale Trennung von Staat und Kirche mit der Abschaffung des kirchlichen Sonderarbeitsrechts. Für ein echtes Selbstbestimmungsgesetz ohne Diskriminierung und Generalverdacht, für den vollumfänglichen und selbstbestimmten Zugang zu Maßnahmen der medizinischen Transition. Das 8M-Bündnis sollte sich entsprechend am Christopher-Street-Day am 22. Juni beteiligen – insbesondere auch an der Anprangerung von Polizei und Bundeswehr, die versuchen, dort ihr Image aufzubessern.
Für einen Sommer der Mobilisierungen!
Wir schlagen diese Inhalte als Grundlage vor, auf dem das 8M-Bündnis ganzjährig eine feministische Politik in München etablieren kann. Aktuell ruft ver.di mit einer Initiative gegen Aufrüstung und Kürzungspolitik dazu auf, eine Großdemonstration im Herbst zu planen. Das nächste Treffen zur Vorbereitung findet am 14. Mai statt. Das 8M-Bündnis sollte sich daran beteiligen, allerdings mit der Perspektive, schon jetzt mit Mobilisierungen in Unis, Schulen und Betrieben zu starten. Denn die feministischen Forderungen lassen sich nur mit Protesten und Streiks erzwingen, nicht indem wir gegenüber dem Stadtrat und der Springerpresse klein beigeben, ebenso wenig wie durch „Girlboss-Feminismus“ oder „feministische“ Außenpolitik.