85% des Bundestags stimmt für Lieferung schwerer Waffen, trotz 45% Ablehnung in der Bevölkerung

29.04.2022, Lesezeit 6 Min.
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Foto: Derwatz (Deutsche Wikipedia)

Gestern stimmte der Bundestag dem Antrag der Union und Ampelregierung mit großer Mehrheit zu, schwere Waffen in die Ukraine zu liefern. Dies ist ein weiterer Punkt auf der langen Liste der Scheinheiligkeit einer sogenannten “Fortschrittskoalition”.

++Eilmeldung: Bundestag unterstützt Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine.++
Mit dieser erschütternden Nachricht begann der gestrige Tag. Neben der großen Unterstützung bei Sanktionen gegen Russland und den bereits gelieferten Waffen, sollen nun auch schwere Waffen eine vermeintliche Hilfe für die Ukraine sein. Was ist nun aber genau unter schweren Waffen zu verstehen?

Laut Tagesschau meint der Antrag konkret Lieferungen von Gepard-Luftabwehrpanzern und Mörsern, aber auch ein sogenannter Ringtausch, also dass ein Drittland, wie Slowenien oder Tschechien, Waffen an die Ukraine liefert und Deutschland das Arsenal des Landes wieder aufstockt, und die Ausbildung ukrainischer Streitkräfte in Deutschland sind Teil dieses Antrags. Seit Kriegsbeginn hat die Ukraine bereits ca. 2500 Luftabwehrraketen, 900 Panzerfäuste mit 3000 Schuss Munition, 100 Maschinengewehre und 15 Bunkerfäuste mit 50 Raketen von Deutschland erhalten. Zusätzlich lieferte Deutschland “100.000 Handgranaten, 2000 Minen, rund 5300 Sprengladungen sowie mehr als 16 Millionen Schuss Munition für Handfeuerwaffen vom Sturmgewehr bis zum schweren Maschinengewehr” an das ukrainische Militär. (Stand: 21. April). Es folgt ein Beispiel zur Verdeutlichung, wie genau solche Lieferungen aussehen würden:

Der Gepard Panzer ist ein Kriegssystem, welches im zweiten Weltkrieg entwickelt wurde und heute nicht mehr von der Bundeswehr verwendet wird. Allerdings besitzt der Waffenkonzern Krauss-Maffei Wegmann noch eine “mittlere zweistellige Zahl”. Diese sollen nun von der Regierung gekauft werden. Wenn dies nicht schon schlimm genug wäre, müssen für die Benutzung erst einmal Streitkräfte besonders ausgebildet werden. Hinzu Kommt aber auch, dass es die passende Munition nur in Brasilien gibt.

Nochmal zur Erinnerung: Der rechtsradikale Präsident Brasiliens Jair Bolsonaro, welcher den Amazonas wochenlang brennen ließ, erhält nun Geld von einer von SPD und Grünen geführten Bundesregierung für Munition. Welche sich wiederum im Koalitionsvertrag für vermeintlichen “Klimaschutz” aussprachen. Soweit es uns bekannt ist, trägt weder die finanzielle Unterstützung von Rüstungskonzernen oder Brandrodung, noch die Lieferung von Waffen in Kriegsgebiete zum Einhalten der Klimaziele bei.

Kritik für die Zusage zu den Waffenlieferungen gab es kaum, dabei fanden vor allem Stimmen aus dem rechten Spektrum Gehör, obwohl es Umfragen gibt, nach denen 45% der Bevölkerung gegen diese Lieferungen sind. Friedrich Merz kritisierte Olaf Scholz beispielsweise: “Der Bundeskanzler hat über Wochen die Diskussion über die Frage, ob der Ukraine denn nun Waffen geliefert werden sollten oder nicht, hingehalten, offengelassen, ausweichend beantwortet“. Dadurch habe man wertvolle Zeit verloren. Es ist eindeutig, dass dies keine Kritik ist, die wir als linke unterstützen können. Aber auch Stimmen aus der Linkspartei, kritisieren zwar die Waffenlieferungen und konkret Olaf Scholz für Scheinheilige Lippenbekenntnisse in einem Spiegel Interview. Anstatt aber eine reelle Oppositionshaltung zu haben fördern sie viel mehr die Nationale Einheit. So wandte sich Dietmar Bartsch in seiner Rede im Bundestag gegen die Schauspielerei und letztliche Zustimmung von Merz und der CDU-Fraktion für die Aufrüstung, da dies “das Ansehen Deutschlands schade” und “die Spaltung vorantreibe”.

Unsere Antwort auf die Entscheidung des Bundestages muss weitergehen, als ein Kuschelkurs mit SPD und Grünen zu fordern und Waffenlieferungen vor allem moralisch zu verurteilen. Die massive Ausweitung der Waffenlieferung hört nicht an den Grenzen der Bundesrepublik auf, vielmehr ordnet diese sich nun weiter an den Kurs der NATO ein, dessen führende Kraft der USA neuerdings ein Gesetz von 1941 reaktivierte, um den Prozess zu erleichtern. So darf sich unsere Perspektive in keinster Weise dem reaktionär-militaristischen Kurs anpassen und sollte unbeharrlich mit Forderungen verknüpft werden, wie beispielsweise der Auflösung der NATO.

Denn die Doppelmoral der Pro-Nato Politik zeichnet sich auch in dieser Debatte ab. Während NATO Staaten wie Deutschland die Lieferung extrem zerstörerischer Waffen, zur Bewahrung von “Frieden und Menschenrechten” fordern, bombardiert der NATO Partner Türkei weiterhin Kurdistan. Unterstützt mit deutschen Waffen führt die Türkei auch hier einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen kurdische Menschen bei dem jeden Tag etliche Zivilist:innen getötet werden. Die Frage warum der völkerrechtswidrige Krieg Putins verurteilt wird und der Krieg Erdoğans nicht, bleibt zwar unbeantwortet, die Antwort ist allerdings ziemlich eindeutig. Die Türkei ist NATO Partner, Russland nicht. Deutsche Rüstungskonzerne verdienen sich eine goldene Nase mit dem Verkauf deutscher Waffen an die Türkei, wie sie es auch mit der Lieferung (schwerer) Waffen in die Ukraine tun. Es zeigt nochmal eindeutig, wie sehr es um humanitäre Hilfe und Menschenrechte geht: Nämlich gar nicht.

Auch die Grünen Außenministerin Annalena Baerbock traf sich vor wenigen Wochen noch mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu und betonte auf skurrilen social media postings die Wichtigkeit deutsch-türkischer Partnerschaft und bedankte sich für die tolle Zusammenarbeit. Wir fragen uns, ob das Posieren mit Vertretern eines Regimes, was gerade illegale Kriege gegen Kurdistan führt, ihr Verständnis “feministischer” Außenpolitik ist?

Während die Grünen sich im Wahlkampf zu den Bundestagswahlen unter dem Banner “feministischer” Außenpolitik gegen Waffenlieferung in Kriegsgebiete gestellt haben, werden wohl bald pinke Panzer in die Ukraine geschickt, denn jetzt sei es ja “feministisch”.

Die Lieferung von schweren Waffen wird weder Frieden bringen, noch Menschen retten. Die Militärausgaben der NATO-Staaten übersteigen die von Russland, laut der Initiative “der Appell” bereits um das 20-fache. Dieses Wettrüsten und nun der Einsatz von schweren Waffen, ist wortwörtlich ein Spiel mit dem Feuer. Im Gegenteil zur allgemeinen Annahme, dass die Waffen der Verteidigung der Demokratie oder des Friedens dienen würden, werden diese unzählige mehr Menschenleben und -schicksale fordern. Die Einzigen die davon profitieren werden, sind die großen Rüstungskonzerne und nicht die Zivilbevölkerung in der Ukraine.

Der Krieg wird nicht durch weitere Eskalation enden! Wie die Umfragen zeigen, steht der nahezu vollständige Konsens des Bundestages im Wiederspruch zur Stimmung in der breiten Bevölkerung. Dieser Schritt ist ein weiterer Schritt in Richtung Eskalation; unsere Forderungen und unsere Ablehnung der schweren Waffenlieferungen durch reale Mobilisierungen zum Ausdruck kommen.

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