5.000 demonstrieren in München gegen Krieg und Imperialismus

15.02.2020, Lesezeit 6 Min.
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Zur sogenannten Sicherheitskonferenz trafen sich in München wieder die Vertreter*innen kriegführender Staaten, um ihre Macht zu inszenieren – unter Sponsoring der Rüstungslobby. Außerhalb des luxuriösen Tagungshotels Bayerischer Hof demonstrierten 5.000 Menschen gegen ihre Kriege. Ein Bericht über die Demo und darüber, welche Antikriegsbewegung wir brauchen.

Das Motto der sogenannten Sicherheitskonferenz war ein Hohn: „Westlessness“ (Westlosigkeit). Damit sollte laut Ausrichter Ischinger der angeblich sinkende Einfluss des „Westens“, also der NATO-Staaten und ihrer Verbündeten, thematisiert werden. Dieser „Westen“ führt allerdings tatsächlich reihenweise blutige Kriege und Stellvertreter*konflikte in Westasien und auf dem afrikanischen Kontinent, produziert und handelt zu Milliardensummen Waffen. Dagegen gingen am Samstag rund 5.000 Menschen auf die Straße. Sie fordern ein Ende der Auslandseinsätze der NATO und ein Ende der imperialistische Politik im Interesse der Großkonzerne. Teilgenommen haben Friedensaktivist*innen, Gewerkschafter*innen, Studierende der Münchner Hochschulen @klima_brennt, kurdistansolidarische Aktivist*innen und sowie viele politische Gruppen.

Bereits Freitag fand eine Demonstration gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz unter dem Motto „Für ein Ende der Gewalt“ statt, die sogleich mit massiver Polizeigewalt überzogen wurde: Die Einsatzkräfte wollten, wie die Staats- und Regierungschefs im Bayerischen Hof, ihre Macht zeigen und setzten zum geringsten Anlass (Feuerwerkskörper) Schlagstöcke ein, verhafteten Personen wegen des Tragens von Symbolen erlaubter kurdischer Organisationen, der Volksverteidigungseinheiten YPG/YPJ, die sich in Rojava (Westkurdistan, Nordsyrien) gegen den NATO-Partner Türkei verteidigen müssen und dessen skandalöse Politik Deutschland mit Polizeirepression fortsetzt. Wir interviewten dazu den Aktivisten Kerem Schamberger, der völlig ohne Grund einer absolut überzogenen Festnahme ausgesetzt wurde:

Der Provokationen vom Freitag zum Trotz kam ein starker kurdischer Block auf die Demonstration. Beim Verlesen der schikanösen Auflagen, die auch bei der Samstagsdemo legale kurdische Symbole kriminalisierten, zeigten die Redner*innen zur Demonstration die Fahnen der YPG/YPJ und verurteilten die Repressionen – unter großem Applaus des Publikums.

Noch vor Beginn der Reden zur Demonstration gab es einen schockierenden Zwischenfall, als sich ein Mann in der Menge mit Benzin übergoss. Er wurde von der Polizei niedergeworfen und abgeführt, während er „Freiheit für Irak!“ rief. Die Verzweiflung über die Situation im Irak, das vom Imperialismus zerstört wird und dessen Regierung die Bevölkerung blutig unterdrückt, trieb ihn offenbar in den Versuch einer Selbstverbrennung.

Eben diese Verzweiflung macht die Notwendigkeit einer großen antiimperialitischen Antikriegsbewegung deutlich, die in Massen und mit den Mitteln der Arbeiter*innenklasse effektiv gegen die imperialistischen Kriege sowie Besatzungen und gegen die Diktaturen kämpfen kann. Angesichts der weltweiten Massenbewegungen und neuer Agressionen des Imperialismus in Lateinamerika oder in Westasien ist es in Deutschland unsere Aufgabe, eine breite Antikriegsbewegung aufzubauen, insbesondere mit großen Mobilisierungen der Gewerkschaften und Belegschaften.

Viele Gewerkschafter*innen liefen auf der Demo und forderten mit Transparenten zum Beispiel Geld für Pflege und Bildung anstatt für Rüstung. Diese Forderung der gewerkschaftlichen Basis müssen vom DGB und den Mitgliedsgewerkschaften übernommen werden. Dass Deutschland aufrüstet und mit immer mehr Interventionen versucht, wieder eine Kriegsmacht zu werden, läuft dem Interesse der ganzen Arbeiter*innenklasse zuwider, die diese aggressive Politik für die Profite der Konzerne und Banken bezahlen muss, letztlich auch mit dem eigenen Leben und dem Leben der eigenen Kinder.

Auch dass sich Deutschland mit Luftstützpunkten und Logistik an US-Kriegen beteiligt, verlangt eine entschiedene Opposition der Gewerkschaften – die Basis lehnt die Beteiligung an Kriegen ab. Gewerkschaftliche Mobilisierungen, Blockaden und Streiks könnten verhindern, dass Militär mit deutscher Beteiligung eingesetzt werden – bei NATO-Manövern wie „Defender“ und besonders im Falle eines drohenden US-Kriegs gegen den Iran.

Tatsächlich ist die Weltordnung sehr viel instabiler geworden: Bundespräsident Steinmeier richtete seine Eröffnungsrede daher sowohl gegen Trump als auch gegen China und Russland und forderte eine stärkere Position Europas (mit Deutschland als Anführerin), also anders gesagt: mehr Rüstung, mehr Auslandseinsätze. Statt Donald Trump war Nancy Pelosi von der Demokratischen Partei angereist, die den US- Interventionismus allerdings ebenso vorantreibt. Ischinger klagte an, die europäische Haltung zu Syrien sei eine „Botschaft grotesker Hilflosigkeit“: „Wir schauen zu.“ Angesichts der verheerenden Interventionen und Besatzungen seit dem „Krieg gegen den Terror“ 2001 klingt das wie eine Drohung – und so ist es wohl auch gemeint.

Die unterdrückten Völker der Welt stehen indes auf, in einer Welle der Revolten 2019 und 2020 in Algerien, Sudan, dem Irak oder Chile. Um zu siegen, brauchen sie ein Programm, das die diktatorischen und neoliberalen Regimes abschütteln kann, mit aufständischen Generalstreiks, angeführt von der Arbeiter*innenklasse. Und sie brauchen ein Programm, das insbesondere den Imperialismus angreift, der mit seinen Interventionen aber ebenso mit seinen finanziellen Maßnahmen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) den Unterdrückten im Weg steht.

Dafür kann es keine Zusammenarbeit oder Unterstützung für Regionalmächte wie Russland oder den Iran geben, sondern ein unabhängiges Programm der Arbeiter*innenklasse ist nötig, welche als einzige das Interesse und die Möglichkeit hat, die Ursachen von Kriegen in der kapitalistischen Wirtschaftsweise, den kapitalistischen Krisen und der Gewalt zur Durchsetzung von Profitinteressen aufzuheben. Über die Notwendigkeit eines solchen Kampfes der Arbeiter*innenklasse gegen den Imperialismus in einem seiner Zentren in Deutschland spricht im Video unser Genosse Marco im Video:

Um eine antiimperialistische Antikriegsbewegung aufzubauen, die in Solidarität mit den Unterdrückten weltweit und mit den Mitteln und im Interesse der Arbeiter*innenklasse kämpfen kann, sind Strömungen in den sozialen Bewegungen, besonders der Jugend, notwendig – wie der ökologischen Bewegung oder des Feminismus. Die Bundeswehr und die Aufrüstung sind zurecht sehr unbeliebt in der Bevölkerung und diese Ablehnung der Großmachtgelüste der deutschen Kapitalist*innen brauchen einen massenhaften Ausdruck.

Wir bildeten dieses Jahr auf der Demonstration einen Block mit Aktivist*innen von „#Klimabrennt #Unibrennt“, die sich an der LMU und TU München im Rahmen der ökologischen Bewegung konkret gegen Waffenbau an den Universitäten und Drittmittelfinanzierung einsetzt, durch welche Konzerne die Unis instrumentalisieren können.

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