156 Milliarden Neuschulden: Wir zahlen nicht für eure Unternehmenshilfen!

15.05.2020, Lesezeit 4 Min.
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Das Haushaltsdefizit 2020 ist mit neuen Schulden der Bundesregierung auf 100 Milliarden Euro gestiegen. Weitere werden erwartet. Wie 2008 lädt die Regierung wieder die Schulden der Unternehmen durch Kürzungen, Kurzarbeit und Entlassungen auf die Arbeiter*innen ab.

Die weltweite Wirtschaftskrise geht in die heiße Phase. Optimistischen Schätzungen zufolge wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland bis Ende des Jahres um 6,3 Prozent zurückgehen – mehr als in der Finanzkrise 2008/9. Jede*r Vierte Beschäftigte ist in Kurzarbeit, bis zu eine Million neue Arbeitslose werden erwartet.

Gestern hat der Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die neuen Zahlen des Staatshaushaltes vorgestellt. Demnach wurden bisher 156 Milliarden neue Schulden seitens der Bundesregierung genehmigt, sodass das Haushaltsdefizit für 2020 auf fast 100 Milliarden Euro geschätzt wird. In Medien und seitens der Politiker*innen wird heftig debattiert: Wer soll für diese Schulden zahlen?

Gefahr neuer Kürzungen im Zuge der Unternehmenshilfen

Seit Beginn der Wirtschaftskrise hat die Bundesregierung Hilfspakete in Höhe von 1.200 Milliarden Euro (zwei Billionen!) angekündigt. Rund 350-400 Milliarden davon sind direkte Hilfen für die Unternehmen. Der restliche 800 Milliarden sind die sogenannten „Garantien“, die im Falle einer Verschärfung der Krise als Hilfe für die Schulden den Banken und Großunternehmen zukommen sollen.

So retteten die kapitalistischen Regierungen im Zuge der Krise 2008/9 ebenfalls hunderte Großaktionär*innen, indem durch Unternehmenshilfen, die aus den Taschen der Arbeiter*innen finanziert wurden, die Schulden und Dividendenzahlungen der Unternehmen kompensiert wurden. Im Kapitalismus nichts Neues: Verluste werden kollektiviert, während die Gewinne privatisiert werden.

In den vergangenen Jahren hat die Kürzungspolitik der Bundes- und Landesregierungen zu massiven Kürzungen in der öffentlichen Daseinsvorsorge, beim Personal und den Löhnen geführt. Dabei wurde die Vermögenssteuer abgeschafft und weitere Steuererleichterungen für Unternehmen beschlossen. Die aktuelle Krise wird von Unternehmen und Regierung als Anlass genommen, eine ungeheure Umverteilung zugunsten der Kapitalist*innen durchzusetzen.

Rund 40 Milliarden des aktuellen Defizits, die im Staatshaushalt fehlen, sind Defizite der Länder, die für die drastische Kürzungspolitik der letzten Jahre im öffentlichen Dienst und in den Landesunternehmen verantwortlich sind.

So kündigte der Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) der rot-rot-grünen Regierung bereits im April an, dass sie beabsichtigt „eine Milliarde Euro bis Ende nächsten Jahres einzusparen, auch bei öffentlichen Investitionen und beim Landespersonal.“ Das beutet Kürzungen im Gesundheitssystem, beim Krankenhauspersonal und im öffentlichen Nahverkehr, also all die Bereiche, deren essenzielle Bedeutung wir im Zuge der Krise deutlich sehen.

Anstelle dieser neoliberalen Kürzungspolitik müssen die Konzernchefs für die Kosten der Krise mit einer Vermögenssteuer aufkommen. Die DAX-Konzerne, die ihre Steuern durch Tochterfirmen in Steuerparadiesen hinterziehen und ihren Aktionär*innen noch in Krisenzeiten milliardenschwere Dividenden ausschütten, müssten entschädigungslos verstaatlicht und unter Arbeiter*innenkontrolle verwaltet werden. Mit diesen Maßnahmen, ohne Rücksicht auf die Gewinne der Konzerne, ließen sich Neuverschuldungen vermeiden, die nur durch Kürzungen auf die arbeitende Bevölkerung abgewälzt werden.

Auf die Politik der Bundesregierungund die kommenden Entlassungswellen im öffentlichen Dienst, der Dienstleistungsbranche, im Einzelhandel oder in der Industrie brauchen wir eine Antwort als Arbeiter*innen. Nur durch Mobilisierungen und Streiks, die unter den gegebenen hygienischen Maßnahmen stattfinden müssen, können wir diese Pläne bezwingen. In den vergangenen Jahren streikten hunderttausende Arbeiter*innen im öffentlichen Dienst und vor allem in den Krankenhäusern gegen Kürzungen, Outsourcing und Personalmangel. Angesichts der neuen Angriffe in allen Sektoren sind neue Mobilisierungen unerlässlich.

Dafür sind wir gezwungen, in den Gewerkschaften und Betrieben durch unsere unabhängige Organisierung als Arbeiter*innen auch gegen die aktuelle Gewerkschaftsführung zu kämpfen, die sich öffentlich hinter die unternehmensfreundliche Politik der Regierung stellt und auf breitere Mobilisierungen und Streiks verzichtet.

 

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