1500 Menschen bei „Protestieren statt Frieren“: Kein Platz für Rechte
In Berlin demonstrierten am Montag rund 1500 Menschen gegen Inflation und Krieg. Rund 120 Menschen davon waren Teil des klassenkämpferischen Blocks der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG), der die Demo anführte. Auf der Auftaktkundgebung kam es zu Auseinandersetzungen mit der verschwörungstheoretischen Freien Linken.
Am Potsdamer Platz in Berlin sammelten sich am Montagmittag rund 1500 Menschen. Das Bündnis „Heizung, Brot und Frieden“ rief dazu auf. An dieser ersten größeren linken Demonstration in Berlin gegen die Krise beteiligten wir uns von der Revolutionären Internationalistischen Organisation und Klasse gegen Klasse am klassenkämpferischen Block, in dem rund 120 Menschen dabei waren. Gemeinsam mit den Organisationen Sozialistische Organisation Solidarität (SoL), der Gruppe ArbeiterInnenmacht (GAM), Revolution (REVO), der Revolutionär Sozialistischen Organisation (RSO) haben wir deutlich gemacht, dass die Gewerkschaften in den aktuellen Protesten in die Offensive gehen müssen. Dafür braucht es sowohl eine Verbindung der Proteste mit den kommenden Tarifrunden im Öffentlichen Dienst und der Metall- und Elektroindustrie.
Unsere Genossin Anika, die auch Teil der Berliner Krankenhausbewegung ist, stellte in ihrer Rede die Notwendigkeit heraus, diese Kämpfe nicht nur für höhere Löhne zu führen. Die Berliner Krankenhausbewegung hat darüber hinaus sehr offensive Forderungen für die kommende Tarifrunde beschlossen. Diese Forderungen müssen ein Vorbild für andere Kämpfe im Herbst und Winter sein. Neben der wichtigen Forderung nach höheren Löhnen forderten wir auch die Verstaatlichung der Energiekonzerne unter Kontrolle der Beschäftigten, um demokratisch planen zu können, wie eine Energieversorgung im Sinne der Massen und nicht der Profite der Industrie aussehen kann.
Auf Schildern, Reden und Sprechchören kam stark zum Ausdruck, dass die Teilnehmer:innen wütend auf die Politik der Ampel sind, die gerade massive Existenzangst aufgrund der Lebenskostensteigerungen schürt. Die Einmalzahlungen des neuen Entlastungspakets seien völlig ungenügend.
Mehrere Redner:innen wiesen auf die Ursache der Inflation hin: der Wirtschaftskrieg und die Sanktionen, die gegen Russland nach seiner Invasion der Ukraine verhängt wurden. In vielen Reden wurden die Sanktionen daher richtigerweise als ein Mittel der Kriegsführung im Interesse der Herrschenden abgelehnt. Was jedoch an mancher Stelle zu knapp kam, war die klare Verurteilung der Invasion durch die russische Armee.
So sprach beispielsweise ein Genosse der DKP vom Krieg in der Ukraine und den Interessen des Westens, während er gleichzeitig den russischen Krieg rechtfertigte und die Interessen russischer Kapitalist:innen verteidigte. Die Perspektive, den Krieg durch den gemeinsamen Kampf der Arbeiter:innen auf beiden Seiten zu beenden und die Kapitalist:innen für seine Kosten aufkommen zu lassen, wird nicht aufgestellt. Vielmehr sollen Linke den deutschen Staat dazu drängen, einen Frieden mit Putin zu verhandeln – was in der aktuellen Situation reiner Utopismus ist, da eben dieser Weg seit 2014 geführt wurde und krachend gescheitert ist.
Einige Reden betonten als Gegensatz dazu die Wichtigkeit des Internationalismus. Die Öffnung der Grenzen für alle Geflüchteten und Deserteur:innen und ein Ende der Sanktionen, aber auch die Unterstützung von Antikriegsprotesten in der Russischen Föderation wurden hierbei benannt.
Vor der Demonstration gab es bereits Auseinandersetzungen darüber, wie man mit rechten Organisationen umgehen soll, die sich an der Demonstration beteiligen. Kurz nach Beginn der Kundgebung kam es zu einer Auseinandersetzung mit Mitgliedern der verschwörungstheoretischen Freien Linken. Die Polizei griff daraufhin ein und nahm zwei Menschen fest: Einen Genossen der Linksjugend solid und ein Mitglied der Freien Linken. Wir verurteilen diesen Angriff der Polizei auf die Demonstration aufs Schärfste, sie hat auf unseren Demonstrationen nichts zu suchen.
Außerdem finden wir es falsch, wie im Vorfeld der Demonstration über den Umgang mit Verschwörungstheoretiker:innen und Coronaleugner:innen diskutiert wurde. Wir denken, dass solchen Gruppen kein Platz auf unseren Demonstrationen gegeben werden darf. Das Bündnis hatte sich im Vorfeld zwar darauf geeinigt, dass solche Gruppen nicht mit Fahnen oder Transparenten auftreten dürften, Einzelpersonen ohne solche Symbole wären aber in Ordnung. Wir denken hingegen, dass erkennbar rechte, faschistische, und verschwörungstheoretische Kräfte von der Leitung der Demonstration ausgeschlossen werden müssen – ohne die Polizei dafür zu fragen. Dass solche Standpunkte von Uwe Hiksch (Naturfreunde, Gründer des Bündnisses Heizung, Brot und Frieden) als „linken Spaltungstendenzen“ tituliert werden, zeigt, wie wichtig es ist, die Notwendigkeit eines sozialen Programms verbunden mit einem ökologischen Wandel im Interesse der Umwelt und der Beschäftigten statt der Profite und offenen Grenzen für alle Menschen zu betonen. Denn die Abgrenzung von rechts, die Hiksch grundsätzlich bei rassistischen und homophoben Ansichten auch fordert, ist nicht irgendeine beliebige „linke Spaltungstendenz“, sondern notwendig, um den Kampf gegen Krise und Krieg internationalistisch im Bündnis mit Arbeiter:innen und Jugendlichen weltweit zu führen und vor allem mit der Klimabewegung, die hunderttausende Jugendliche mobilisieren kann, zu verbinden. Die Leugnung des Klimawandels, der Pandemie oder die Hetze gegen Geflüchtete sind mit solch einer Politik unvereinbar.
Gewerkschaften in die Offensive
Trotz der sozialen Forderungen und einem Thema, das gerade die gesamte Arbeiter:innenklasse angeht, waren lange nicht genügend Teilnehmer:innen da, um großen Druck auf die Regierung zu machen. Sehr positiv ist die Teilnahme von Lehrer:innen und Erzieher:innen aus der GEW sowie der Aufruf zur Demonstration seitens des Fachbereichs A von ver.di Berlin. Mehrere Genoss:innen betonten die Notwendigkeit, den Druck auf den Gewerkschaftsbund zu erhöhen, damit nicht nur einzelne Bereiche oder Kolleg:innen gegen die Krise auf die Straße gehen, sondern eine wahrhaftige Massenmobilisierung möglich wird. Diese ist nicht nur angesichts der akuten Krisenlage notwendig, sondern auch, damit die Zehntausende, die aktuell vor allem in Ostdeutschland auf die Straße gehen, ihre Verbündeten in den Arbeiter:innen sehen und nicht in den Rechten und Faschist:innen, die versuchen, ihre berechtigte Angst vor Kälte und Armut zu vereinnahmen.
Wir begrüßen es deshalb auch, dass ver.di gemeinsam mit Sozial- und Umweltverbänden zu einem bundesweiten Aktionstag am 22. Oktober unter dem Motto „Solidarisch durch die Krise – Soziale Sicherheit schaffen und fossile Abhängigkeiten beenden“ aufruft. Wir unterstützen diese Demonstration und rufen auch andere Teile des DGB auf, an diesem Tag ihre Mitglieder zu mobilisieren.