100 protestieren für mehr Personal an der Charité
Gestern Nachmittag traf sich der Aufsichtsrat des Berliner Universitätsklinikums Charité. Letztes Jahr im Sommer hatte das Krankenhauspersonal für mehr Personal gestreikt. Eigentlich hatten sie gewonnen. Doch nach acht Monaten gibt es immer noch keinen Tarifvertrag, der Mindestbesetzungen an den Stationen regelt.
„Mehr von uns ist besser für alle!“ Die Losung des elftägigen Streiks vom letzten Sommer hallte wieder durch den Campus Mitte der Charité. Denn obwohl die Geschäftsführung Eckpunkte mit der Gewerkschaft ver.di vereinbart hatte, die die Grundlage für einen Tarifvertrag bilden sollten, ist heute die Personalnot größer als je zuvor. Dagegen haben am Freitag Nachmittag rund 100 Menschen – darunter Beschäftigte der Charité, Kolleg*innen aus anderen Krankenhäusern und solidarische Unterstützer*innen aus aller Welt – vor einer Aufsichtsratssitzung protestiert.
„Aus meinem Beruf ist eine Berufung geworden, und diese Berufung heißt professionelle Versorgung der Patienten“, erklärte Jan aus dem Intensivbereich, sichtlich sehr bewegt, am Mikrofon. Diese Berufung sei jedoch nicht zu gewährleisten, „weil ich ganz alleine in der Station stehe.“ In den Tarifverhandlungen sind die ursprünglichen Forderungen – etwa nach einer Pflegekraft pro zwei Patient*innen auf der Intensivstation – bereits erheblich abgeschwächt worden. Vor zwei Wochen hat die Charité die Gespräche dann mit provokativen Forderungen gesprengt. Ein Krankenpfleger kritisierte im Gespräch mit Klasse Gegen Klasse, dass man letzten Sommer bis zur Durchsetzung der eigentlichen Forderungen hätte weiter streiken sollen.
Stephan Gummert überbrachte kämpferische Grüße „aus der streikbereiten Kardiologie“. An die Aufsichtsratsmitglieder im „Elfenbeinturm“ richtete er eine „letzte Warnung“: „Entlastung jetzt, sonst streikt es!“ Auch die Kolleg*innen mit prekarisierten Arbeitsverhältnissen im Charité-Tochterunternehmen CFM – die viereinhalb Jahre nach ihrem 13-wöchigen Streik immer noch ohne Tarifvertrag sind – könnten in neue Streiks eingebunden werden.
Entscheidend ist, dass die Beschäftigten der Charité nicht auf das Verhandlungsgeschick von Bürokrat*innen und erst recht nicht auf die Versprechen der Parteien bei den anstehenden Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus setzen. Vertrauen dürfen sie nur die Kampfmittel der Arbeiter*innenbewegung, also vor allem den Streik.