Zum Tode von Manolis Glezos – Ein Nachruf von Jörg Krause

05.05.2020, Lesezeit 3 Min.
Gastbeitrag

Ein Kämpferherz hat aufgehört zu schlagen. Eine Stimme des Widerstands ist verstummt.

1

Manolis Glezos (2007). Quelle: Wikimedia

Die wenigsten Deutschen dürften mit dem Namen Manolis Glezos auf Anhieb etwas anfangen können. Wer kennt sich auch schon in der jüngeren, zumeist leidvollen Geschichte des griechischen Volkes aus? In Zeiten anhaltender Konflikte und Krisen, scheint es mir, wenn auch aus traurigem Anlass heraus, geboten, einmal mehr den Blick auf Griechenland und vor allem auf seinen großen Sohn Manolis Glezos zu lenken.

Am 09. September 1922 erblickte Glezos auf Naxos das Licht der Welt. Bereits mit 17 Jahren schloss sich der Schüler Glezos einer antifaschistischen Jugendgruppe an, welche sich gegen die Diktatur von Ioannes Metaxas stellte. Nach der Besetzung Griechenlands durch die Deutsche Wehrmacht im 2. Weltkrieg ging er in den aktiven Widerstand. Nach der Eroberung Athens, am 27. April 1941, hissten die Nazis die Hakenkreuz-Flagge über der Akropolis. In der Nacht vom 30. Mai 1941 rissen Manolis Glezos und sein Kamerad Apostolos Santas die Nazi-Flagge vom Fahnenmast und hissten die griechische Fahne. Beide waren zu diesem Zeitpunkt 19 Jahre alt. Die deutschen Besatzer verurteilten die Täter in Abwesenheit zum Tode. Durch das Hissen der griechischen Fahne über der Akropolis wurden Glezos und Santas zu griechischen Helden und viele Griech*innen wurden dadurch zum Widerstand angeregt. Im März 1942 wurde Glezos von den Deutschen verhaftet und gefoltert. In der Haft erkrankte er an Tuberkulose und man ließ ihn frei. Am 21. April 1942 wurde er erneut verhaftet. Diesmal von den italienischen Besatzern.

Im September 1944, dem Jahr, in dem sein jüngerer Bruder Nikos von den deutschen Besatzern hingerichtet wurde, gelang ihm die Flucht aus dem Gefängnis. Während des Bürgerkriegs und der späteren Militärdiktatur unter Papadopoulos wurde Glezos immer wieder in Gefängnisse gesteckt und auch in die Verbannung geschickt. Insgesamt verbrachte er in seinem Leben 11 Jahre und vier Monate in Haft und weitere 4 Jahre und 6 Monate in Verbannung und Exil.

Nach dem Ende des Obristen-Regimes im Jahr 1974 setzte er seine politische Arbeit fort und trat immer wieder vehement für die Demokratie und die Menschenrechte ein. So rief er, gemeinsam mit Mikis Theodorakis, im Oktober 2011 in einem Appell zur „Rettung der Völker Europas“ zum Kampf gegen das Imperium des Geldes auf.
Sein politisches Wirken trug ihn bis in das Europaparlament, welches er dann im Juli 2015 verließ, um einem Jüngeren Platz zu machen.

Gestern nun, erreichte mich die Nachricht vom Tode Glezos‘. Mit 97 Jahren hat er sein Leben vollendet. Für uns hinterlässt er die Botschaft, dass Demokratie und Menschenrechte keine Selbstverständlichkeiten sind und immer wieder neu erkämpft werden müssen.

Ich verneige mich im stillen Gedenken.

Berlin, den 31. März 2020

Jörg Krause

 

Dieser Artikel erschien zuerst bei nachrichten.net

Mehr zum Thema