Für den Erhalt aller Arbeitsplätze bei Halberg-Guss!
Am Mittwoch ging der Streik der 2000 Beschäftigten von Halberg-Guss in Leipzig und Saarbrücken in die vierte Woche. Die Kolleg*innen in Leipzig kämpfen dabei weiter gegen die Schließung des Werks. Die Geschäftsführung zeigt weiterhin kein Entgegenkommen und versucht die Belegschaft in Saarbrücken und Leipzig zu spalten.
„Ihr wollt Streit? Wir sind bereit!“ prangt auf einem Transparent vor der Werkstoren von Halberg-Guss in Leipzig. Das gesamte Gelände ist gespickt von Bannern, Streikzelten und natürlich den Streikenden. Rund 700 Kolleg*innen befinden sich in Leipzig seit drei Wochen im Streik. Jeder Tag wird begleitet mit einer aktualisierten Streikzeitung. 24 Stunden am Tag stehen Streikposten an den Toren. Denn vertrauen tut der Geschäftsführung niemand von den Streikenden. Die legt es derweil wirklich auf Streit mit den Kolleg*innen an. Die Prevent-Gruppe, die erst im Januar in einer „Nacht und Nebel“-Aktion Halberg-Guss übernommen hat, will den Betrieb bis Ende Juli dicht machen. Das hat sie den Kolleg*innen vor gut einem Monat mitgeteilt. Für die kam diese Ankündigung unerwartet.
Die Geschäftsführung hat in der Auseinandersetzung versucht, die Belegschaften in Leipzig und Saarbrücken zu spalten. Beiden haben die Bosse unabhängig voneinander vorgeschlagen, dass der Betrieb und alle Arbeitsplätze bis Ende 2019 gesichert sind, wenn das andere Werk geschlossen wird. Diesen Spaltungsversuch lehnten die Streikenden allerdings ab. „Die versuchen uns wohl für dumm zu verkaufen. Als ob wir nicht miteinander reden würden.“, kommentierte ein Kollege diesen Versuch.
Hintergrund der drohenden Werkschließungen ist ein langjähriger Streit zwischen VW und Prevent. Prevent hatte den Preis für Gussummantelungen für Getriebe für VW um 100 Prozent erhöht. Ähnlich hat das Unternehmen 2015 bereits in Brasilien gehandelt und durch einen Lieferstopp bei VW einen Schaden von mehreren Hundert Millionen Euro verursacht, weil der Konzern so schnell keinen Ersatz finden konnte. Auch in Leipzig hatte die Geschäftsführung noch im Mai eine Woche lang die Auslieferung von Autoteilen an VW für eine Woche gestoppt, um den Druck auf den Konzern zu erhöhen. Anfang Juni scheinen sich beide Seiten nun geeinigt zu haben. So hat sich VW bereit erklärt die nächsten zwei bis drei Jahre die höheren Preise zu zahlen, aber dafür 50 Prozent weniger Gussummantelungen abzunehmen. Außerdem soll sich Halberg-Guss bei der Einigung zu einer massiven Senkung der Kosten verpflichtet haben. Um diese Kostensenkung zu bewerkstelligen droht der Konzern nun mit Werkschließungen in Leipzig oder Saarbrücken. Die Prevent-Gruppe kauft weltweit Zulieferer von VW auf, um den Druck auf den Konzern im andauernden Streit immer weiter durch einseitige Preiserhöhungen und Auslieferungsstopps zu erhöhen. Ein Streit, der auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird.
Die Lügen der Geschäftsführung
Noch vor drei Monaten klang das alles ganz anders. Die Geschäftsführung hatte den Beschäftigten versichert, dass die Auftragslage stabil und der Betrieb bis 2022 gesichert ist. Nun kann es ihnen gar nicht schnell genug gehen mit der Schließung des Werks. „Die Geschäftsführung hat uns damals offenbar angelogen“, meint ein Streikender, der schon seit über 30 Jahren im Betrieb arbeitet, zu dieser Praxis. Dementsprechend groß ist auch die Wut der Beschäftigten. „Wir haben nichts mehr zu verlieren“, äußerte sich ein weiterer Kollege zu den Perspektiven des Streiks. Das Ziel für die Beschäftigten ist klar. Sie fordern den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und wollen die Schließung des Werks in Leipzig verhindern. Dafür sind die Beschäftigten auch bereit den unbefristeten Streik weiterzuführen, bis eine Einigung mit der Geschäftsführung vorliegt. Viele der Beschäftigten sind über 50 und werden es somit schwer haben, danach überhaupt noch eine andere Stelle zu finden. Für den Fall, dass die Schließung nicht verhindert werden kann, fordern die Beschäftigten einen Sozialtarifvertrag, das heißt eine angemessene Abfindung, eine Transfergesellschaft sowie Weiterbildungsmaßnahme für Kolleg*innen. Doch selbst dagegen stellt sich die Geschäftsführung bisher und provoziert die Belegschaft mit lächerlichen Angeboten.
Ein Beschäftigter zeigte sich dabei vorsichtig optimistisch. „Wir denken, wir können unsere Arbeitsplätze erhalten.“ Und tatsächlich steigt der Druck auf Halberg-Guss und die Kund*innen mit jedem Streiktag. Vor allem Opel und Scania sind abhängig von der Produktion bei Halberg-Guss, da dort Autoteile gefertigt werden, die sonst nirgendwo in Deutschland hergestellt werden. Bei Opel in Eisenach berichtet der Hersteller bereits von Engpässen durch den Streik.
Für die Enteignung unter Kontrolle der Beschäftigten
Von der Politik wünschen sich die Beschäftigten dabei mehr Unterstützung. SPD-Wirtschaftsminister Dulig und Leipzigs Oberbürgermeister Jung hatten sich in den vergangenen Tagen mit den Streikenden vor Ort solidarisiert. Doch viel Hoffnung machen sich die Kolleg*innen dadurch noch nicht. „Wenn die Politiker uns wirklich unterstützen wollen, sollen sie für den Erhalt unser Arbeitsplätze kämpfen“, fordert ein Kollege. Eine Verstaatlichung durch das Land oder den Bund ist dabei die einzige Möglichkeit, die Werkschließung zu verhindern, wenn sich Prevent nicht bewegt. Der saarländische Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine hat diese Forderung am Mittwoch öffentlich aufgestellt. „Wer die Arbeitsplätze von 1500 Arbeitnehmern mutwillig zerstört, die Beschäftigten also enteignet, der sollte selbst enteignet werden.“, sagte er im Interview mit der Saarbrücker Zeitung. Solch eine Enteignung muss von den Beschäftigten selbst kontrolliert werden, damit sie in keinster Weise zu Lasten der Belegschaft geht.
Dafür muss die IG Metall den Kampf auch auf andere Betriebe ausweiten. In den letzten Wochen haben sich immer wieder Beschäftigte anderer Firmen mit den Kolleg*innen solidarisiert. So besuchten Delegationen unter anderem von BMW und Porsche die Kolleg*innen. Weitere Besuche von Arbeiter*innen aus ganz Sachsen sind bereits angekündigt. Diese Delegationen sind ein wichtiges Zeichen für die Beschäftigten. Doch damit schöpft die IG Metall noch lange nicht ihr volles Potential aus. Vielmehr muss die IG Metall auch Beschäftigte anderer Betriebe zu Solidaritätsstreik aufrufen, die entgegen einiger Behauptungen keineswegs verboten sind. Im Januar haben wir gesehen, dass die Industriegewerkschaft über eine Million Beschäftigte zu Streiks mobilisieren kann, wenn sie nur will. Solche Streiks in Solidarität mit den Kolleg*innen von Halberg-Guss für die Verteidigung ihrer Arbeitsplätze, würden die Wirkung des Kampfes bei Halberg-Guss um ein Vielfaches erhöhen und den Druck auf die Geschäftsführung und die Politik massiv erhöhen.