Bundesweiter Schulstreik gegen Rassismus am 28. April

11.01.2016, Lesezeit 5 Min.
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Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkünfte, AfD-Aufmärsche, Rechte Hetze... Am Samstag setzten sich knapp 40 Jugendliche aus verschiedenen Städten in Berlin-Kreuzberg zusammen, um darauf eine Antwort zu geben: In weniger als vier Monaten wollen sie einen bundesweiten Schul- und Unistreik gegen Rassismus organisieren. Bis dahin gibt es viel zu tun.

„In den letzten Monaten haben wir gesehen, dass einzelne Aktionen nicht ausreichen“ sagte Max, Schüler aus Berlin, zur Eröffnung des Treffens. „Wir brauchen eine große Bewegung der Jugend gegen die rassistischen Gesetze des Staates und gegen die Rassist*innen auf der Straße.“

Die versammelten Gruppen hatten schon lokale Proteste organisiert. Das Bündnis Refugee Schul- und Unistreik aus Berlin hat in den letzten zwei Jahren vier Streiks mit bis zu 7.000 Teilnehmer*innen auf die Beine gestellt. Die Students Against Racism aus Magdeburg brachten 750 Menschen zu einer Schüler*innen-Demo gegen Rassismus am 16. November. Ein Schüler*innenbündnis aus Frankfurt a.M. hatte am 19. November zum Schulstreik gerufen. Eine Reihe politischer Gruppen waren ebenfalls vertreten, darunter Mitglieder von Revolution, der Linksjugend-Solid Dresden, der SDAJ und der RKJ.

Nach vielen lokalen antirassistischen Jugendprotesten ist die Zeit gekommen, die Kräfte mit einem großen Aktionstag zu bündeln. Dafür wurden vier Stunden lang Diskussionen in Arbeitsgruppen und im Plenum geführt. (Die Moderation verdient viel Lob dafür, dass sie geholfen hat, in weniger als vier Stunden alle wesentlichen Entscheidungen zu treffen.)

Es musste zuerst ein Name gefunden werden: Eine große Mehrheit entschied sich für das schlichte Label „Jugend gegen Rassismus“. Dann wurde lange um einen Termin gerungen, der für Schüler*innen und Studierende in der gesamten BRD passt – hier schien der 28. April die beste Option. Außerdem wurde ein offener Koordinierungskreis gewählt und ein Aufruf mit Forderungen beschlossen (siehe unten). Dieser Aufruf ist aber nur ein erster Vorschlag, um die Diskussion mit vielen weiteren Initiativen und politischen Gruppen zu diskutieren. Ein neuer Aufruf soll auf dem nächsten Treffen beschlossen werden, der für den 20.-21. Februar angesetzt ist.

Der Konsens war ziemlich radikal. So war es fast selbstverständlich, dass wir angesichts der steigenden rassistischen Gewalt die Selbstverteidigung der Betroffenen unterstützen – was soll man denn sonst fordern, wenn die Polizei die ständigen Brandanschläge gegen Geflüchtetenheime praktisch ignoriert? Genauso wurde die Forderung nach Enteignung leerstehenden Wohnraums durch eine Zwei-Drittel-Mehrheit unterstützt – ist doch klar, wenn Millionen Wohnungen leer stehen.

Wird als Ergebnis des Treffens am Samstag eine große Mobilisierung der Jugend sein? Das wird sich erst in den kommenden Wochen zeigen. Aber antirassistische Aktivist*innen müssen alles dafür tun, jetzt einen großen Streik auf die Beine zu stellen.

Wir dokumentieren im folgenden den Aufruf des Treffens:

Für eine antirassistische Jugendbewegung

[…] Wir, das bundesweite Bündnis „Jugend gegen Rassismus“ wollen einen Beitrag dazu leisten, die regionale Isolation zu durchbrechen und eine antirassistische und antimilitaristische Bewegung aus Jugendlichen, Geflüchteten, Arbeitslosen und Organisationen der Lohnabhängigen in Deutschland aufzubauen. Am 28. April rufen wir daher zu einem bundesweiten Schul- & Unistreik gegen Rassismus und die Asylrechtsverschärfungen und für Solidarität mit Geflüchteten auf. Wir fordern aber auch jene Organisationen und Strukturen, die in der aktuelle Situation keinen Streik organisieren können dazu auf, an diesem Tag antirassistische Demonstrationen, Kundgebungen oder Versammlungen zu veranstalten. Das Bündnis „Jugend gegen Rassismus“ fordert darüber hinaus alle antirassistischen und antifaschistischen Organisationen und jene Gliederungen der Gewerkschaften und Parteien, die die rassistischen Mobilisierungen und Übergriffe, die Asylgesetzverschärfungen und deren Umsetzung ablehnen, dazu auf, gegen diese zu mobilisieren und wo möglich gegen sie in den Parlamenten zu stimmen.Wir möchten uns daher auch für eine zentrale Mobilisierung all dieser Organisationen aussprechen, die sich gegen die im letzten Jahr beschlossenen Asylrechtsverschärfungen [in Berlin] wendet. Die Unterzeichner*innen setzen sich gemeinsam in ihren Regionen, Bündnissen, Gewerkschaften und Organisationen dafür ein.

Das bundesweite Bündnis kämpft gemeinsam für folgende Forderungen:

• Ermöglichung gesellschaftlicher Teilhabe, volle Staatsbürger*innenrechte für Alle.

• Nein zur Festung Europa! Nein zu Grenzkontrollen, Residenzpflicht, Einreise- und Aufenthaltsbeschränkungen. Volle Bewegungsfreiheit für alle!

• Für das Recht auf Arbeit und die gewerkschaftliche Organisierung aller Geflüchteten, keine Kompromisse bei Mindestlohn und Sozialleistungen!

• Für freie Bildung, Anerkennung aller akademischen Qualifikationen und den vollwertigen Zugang zu Unis und FHs, Schulen und Ausbildungsbetrieben. Für kostenfreie Deutschkurse und weitere Bildungsangebote für Geflüchtete.

• Nein zu dem menschenunwürdigen Lagersystem! Enteignung leerstehenden Wohnraums und Nutzbarmachung öffentlicher Immobilien zur dezentralen und selbstverwalteten Unterbringung von Geflüchteten und für massiven Ausbau des sozialen Wohnungsbaus statt Privatisierung!

• Sofortige Beendigung aller Kriegseinsätze wie in Mali, Syrien, Afghanistan, Irak, Kosovo, dem Mittelmeer

und vor dem Horn von Afrika! Schluss mit den deutschen Rüstungsexporten und der deutschen Aufrüstung!

• Gegen Polizeigewalt, rassistische und faschistische Angriffe! Organisieren wir eine Selbstverteidigung und zeigen wir Solidarität mit Betroffenen!

• Gegen das Morden im Mittelmeer und die Abschottungspolitik der EU!

Dieser Text soll Aufruf und Diskussionsbeitrag sein. Wir laden am 20./21. Februar zu einer bundesweiten Aktionskonferenz in Berlin ein.

Für eine breite antirassistische Jugendbewegung. Grenzenlos solidarisch gegen jeden Rassismus

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