Kämpferische Jugend gegen Rassismus und Krieg!

29.12.2015, Lesezeit 10 Min.
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Es brodelt gewaltig auf der ganzen Welt. In Europa bekommen vor allem Arbeiter*innen und Migrant*innen die Auswirkungen der kapitalistischen Krise zu spüren. Neue Kriegseinsätze beherrschen die letzten Wochen. Rechte Kräfte bekommen überall Zulauf. Ein Hoffnungsschimmer sind mittlerweile regelmäßige Proteste von Schüler*innen und Studierenden. Zeit diese neue Generation an politischen Aktivist*innen ernst zu nehmen.

Die erste Runde der Regionalwahlen in Frankreich vor wenigen Wochen hat zweierlei aufgezeigt. Einerseits zeigt sich durch den Erfolg der Front National noch deutlicher der Rechtsruck in Europa. Besonders unter 18-24 Jährigen war die Zustimmung für die Partei von Marine Le Pen noch einmal höher als auf die gesamte Wähler*innenschaft gerechnet. Andererseits betrug der Anteil der Nichtwähler*innen unter Jugendlichen 64 Prozent, 14 Prozent mehr als der allgemeine Durchschnitt. Diese Entwicklung zeigt die massive Enttäuschung in die herrschende Politik.

Diese Enttäuschung wird europaweit vor allem von rechten Parteien genutzt. Eine linke Antwort auf die Krise ist momentan in etablierten Parteien kaum in Sicht. Ganz im Gegenteil: Die Front de Gauche (französische Linksfront) reihte sich nach den Anschlägen von Paris am 13. November in die nationale Einheit ein und stimmte der Verhängung des Ausnahmezustands zu. Die staatlichen Angriffen treffen seitdem vor allem Migrant*innen und linke politische Aktivist*innen. Demonstrationsverbote werden brutal von der Polizei durchgesetzt und Wohnungen von Migrant*innen willkürlich durchsucht.

Auch in Deutschland spaltet sich die Linke. So zeigte sich Oskar Lafontaine wieder einmal in einem Interview mit der FAZ als lupenreiner Sozialchauvinist. „Unsere Kapazitäten für Flüchtlinge sind begrenzt.“, heißt es dort vom Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei im Saarland. Eine Position, die momentan keinesfalls einen Einzelfall darstellt. Anstatt also aus den Angriffen des Staates und des Kapitals auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Millionen von Menschen antikapitalistische Schlussfolgerungen zu ziehen, reihen sich auch vermeintliche Linke lieber in den rassistischen Diskurs um die Konkurrenz zwischen hiesigen Arbeiter*innen und Geflüchteten ein.

Nährboden für rassistische Kräfte

All diese Entwicklungen offenbaren die Unzulänglichkeit klassenversöhnlerischer Politik von linken Parteien, die sozialen Fragen der Arbeiter*innen, Migrant*innen und von Jugendlichen zu lösen. Eine Politik, die die Illusionen in die Reformierbarkeit des Kapitalismus flächendeckend geschürt hat und die vor allem neo-reformistischen Projekten wie Syriza und Podemos einen massiven Stimmenzuwachs eingebracht hat.

Doch gerade die Kapitulation Syrizas vor der Troika hat großen Teilen der Jugendlichen diese Illusionen umso brutaler geraubt. Die Syriza-Jugend hat sich aufgelöst und laut Umfragen Anfang September ist die faschistische Goldene Morgenröte unter Jugendlichen die populärste Partei. Syriza hat die Situation von Arbeiter*innen und Jugendlichen mithin keineswegs verbessert, im Gegenteil: Die Kapitulation vor der Troika, die die Privatisierung von staatlichen Unternehmen beinhaltet, hat es nun der deutschen Fraport AG ermöglicht, 14 griechische Flughäfen zu übernehmen. Die Frustration und die Wut in die herrschende Politik sind ohne eine revolutionäre Alternative ein Nährboden für rechte Parteien.

Auch in Deutschland lässt sich die Bundesregierung momentan die Asylrechtsverschärfungen von AfD und Pegida förmlich in die Feder diktieren. Über 600 Angriffe auf Unterkünfte von Geflüchteten allein in diesem Jahr sprechen eine eindeutige Sprache. Regelmäßig mobilisiert die AfD mittlerweile Tausende Anhänger*innen, die geschützt von der Polizei ihre nationalistische Hetze auf die Straße tragen können.

Selbstorganisierung in antirassistischen Kämpfen

Doch es sind es vor allem Jugendliche, die sich immer wieder in antirassistischen Kämpfen der herrschenden Politik klare Absagen erteilen. Die sogenannte Migrationskrise der letzten Monate hat unter Teilen von Jugendlichen in Deutschland eine Welle der Solidarität ausgelöst. So gibt es mittlerweile selbstorganisierte Komitees an Schulen und Universitäten, die die Anliegen von Geflüchteten sowohl mit konkreter Hilfe, als auch mit politischer Arbeit aufgreifen.

Der Schul- und Unistreik mit 4.000 Demonstrant*innen in Berlin vor einigen Wochen hat das Potential dieser Generation deutlich aufgezeigt. Sie forderten nicht nur ein Ende der rassistischen Politik der Bundesregierung, sondern auch das Ende aller Auslandseinsätze und den Stopp von Waffenexporten. Auch in Hamburg und Magdeburg organisierten Schüler*innen in der letzten Woche Demonstrationen gegen die rassistische Politik des Bundesregierung. Dabei beschränkten sie sich auch nicht nur auf antirassistische Forderungen, sondern stellten der herrschenden Politik auch soziale Forderungen entgegen. “Ausbildungsplätze statt Ausländerhetze! – Wohnen statt Waffen! – Kitas statt Krieg!” war das Motto der Demonstration in Hamburg.

Die Forderungen vieler junger Aktivist*innen nach offenen Grenzen und bedingungslosem Bleiberecht für alle sind der stärkste Ausdruck einer beeindruckenden Angriffslust. Diese Angriffslust durch bürokratische Diktate bürgerlicher Gewerkschafts- oder Parteiführungen sowie von Kirchenvertreter*innen zu bremsen, bedeutet nichts anderes als die Politisierung von jungen Menschen aufzuhalten.

Verbindung mit Arbeiter*innen

Notwendigkeit für den Erfolg dieser Proteste ist jedoch die Verbindungen mit kämpferischen Arbeiter*innen. Denn ein überwiegender Teil der Weltbevölkerung ist lohnabhängig, besitzt also selbst keine Produktionsmittel und muss täglich die eigene Arbeitskraft verkaufen, um den Lebensunterhalt zu finanzieren. Auch viele Jugendliche arbeiten schon heute neben der Ausbildung oder werden später Teil der lohnabhängigen Klasse. Die Stellung im Ausbeutungsprozess verleiht ihnen dabei eine unheimliche Macht. Umso notwendiger ist es, dass auch Gewerkschaften, die in Deutschland immer noch Millionen von Arbeiter*innen organisieren, den antirassistischen Kampf aufnehmen. Ansätze sind bisher nur vereinzelt vorhanden.

So haben in Leipzig und Kassel Studierende gemeinsam mit Amazon-Arbeiter*innen gegen die rassistischen Mobilisierung demonstriert und antirassistische Workshops für und mit Kolleg*innen organisiert.

Rassistische Unterdrückung ist nicht hinnehmbar und spaltet darüber hinaus die Arbeiter*innen, in Menschen mit und ohne Papiere. Diesem Kampf verweigern sich bisher vor allem die Gewerkschaftsapparate. Dabei sind auch Geflüchtete zu großen Teilen Arbeiter*innen, denen hier jedoch selbst dieses Recht verwehrt wird. Aber auch innerhalb der Arbeiter*innen sind Rassismus und Chauvinismus leider alltäglich. Umso notwendiger ist die Organisation von kämpferischen Arbeiter*innen an der Basis, die gemeinsam mit Jugendlichen und Geflüchteten gegen Rassismus in- und außerhalb der ausgebeuteten Klasse aufnehmen müssen.

Gegen Krieg!

Die andauernde Migrationskrise wurde durch die Anschläge von Paris auf ein neues Level gehoben. Nach innen bekämpft vor allem die französische Regierung politische Gegner*innen und Migrant*innen, nach außen führt sie einen sogenannten Krieg gegen den Terror. Diese neue imperialistische Offensive der französischen Regierung unter Beteiligung der Bundeswehr wird die Situation im Nahen und Mittleren Osten nur weiter zuspitzen.

Bereits in Afghanistan, im Irak und in Libyen haben sich die Ursachen für die massenhafte Flucht von Millionen von Menschen verschärft. Afghanistan ist beispielsweise auch über zehn Jahre nach Beginn des NATO-Einsatzes durchsetzt von Korruption und Arbeitslosigkeit. Zuletzt demonstrierten Tausende Menschen, darunter vor allem Frauen, gegen die aktuelle Regierung und gegen die westliche Intervention. Dass es bei diesen Kriegen nicht um Menschenrechte geht, wird auch in den Staaten Nordafrikas deutlich, in denen 2011 an vorderster Front Jugendliche und Frauen gegen die herrschenden Regierungen rebellierten. Doch weder die sozialen noch die demokratischen Forderungen konnten durchgesetzt werden. Besonders Frauen leider unter besonderer Armut und sind immer noch regelmäßig Übergriffen sowie Vergewaltigungen ausgesetzt.

Diese militärische Offensive ist damit vor allem eine Reaktion auf die anhaltende Krise des Kapitalismus. Eine Situation, in der weitere „friedliche“ Liberalisierungsmaßnahmen des Weltmarktes kaum möglich, aber doch notwendig für das Kapital sind. So ist auch die Beteiligung der Bundeswehr am Syrien-Krieg weit mehr als nur „Solidarität“ mit Frankreich. Der „Sicherheitsexperte“ Markus Kaim bringt es auf den Punkt: „Das Einschneidende ist, dass sich Deutschland über das militärische Engagement über die nächsten Jahre als Gestaltungsmacht im Nahen und Mittleren Osten profiliert. Das ist neu für die deutsche Politik, das kannten wir so bisher nicht.“

Die momentane Werbeoffensive der Bundeswehr erscheint angesichts dessen umso zynischer. Unter dem Motto „Mach, was wirklich zählt!“ werden wir momentan überall von Werbesprüchen belästigt, die die Arbeit bei der Bundeswehr als Traumjob darstellen. „Wir kämpfen auch dafür, dass du gegen uns sein kannst.“ heißt es da beispielsweise. Dabei geht es weniger um den Schutz von Menschenrechten, sondern um die Öffnung von neuen Märkten und politischen Einflusssphären. Dazu kommt das sowieso schon allgegenwärtige Auftreten von Jugendoffizieren an Schulen, mit dem gezielt Jugendliche für die Bundeswehr rekrutiert werden sollen. Auch an Universitäten wird fleißig für Rüstungsunternehmen geforscht, so zum Beispiel an der „Grünen Bombe“ an der Universität in München. Doch auch dagegen wehren sich die Studierenden.

Für eine antirassistische und antiimperialistische Jugendbewegung!

Der deutsche Imperialismus – egal ob er zivil, etwa bei Billigexporten in halbkoloniale Länder, oder militärisch wie in Syrien, Afghanistan oder Kosovo auftritt – ist somit maßgeblich für die Flucht, die Verelendung und den Tod von Millionen von Menschen weltweit verantwortlich. Die neue Offensive des deutschen Imperialismus kommt dabei aber auch nicht überraschend. Seit fast zwei Jahren schon werden wir vor der herrschenden Klasse darauf eingestimmt, dass Deutschland militärisch mehr Verantwortung übernehmen soll. Die Anschläge von Paris im November werden dabei als Anlass genommen, um die Rolle nun tatsächlich auszuführen. Nicht nur in Syrien, sondern auch in Mali, in Afghanistan und im Irak.

Diese Außenpolitik wird begleitet von einer immer repressiver werdenden Innenpolitik. Demokratische Rechte von Geflüchteten werden massiv eingeschränkt und antifaschistische Proteste, wie zuletzt in Leipzig, kriminalisiert. Diese Entwicklung zeigt auch deutlichst, dass der Staat keine neutrale Rolle einnimmt. Er vertritt in erster Linie die Interessen von Kapitalist*innen mit der Aufrechterhaltung der Ausbeutung von Arbeiter*innen und Jugendlichen und der Unterdrückung von Migrant*innen.

Der Kampf gegen Rassismus muss demnach auch ein Kampf gegen den Imperialismus sein. Wir müssen hier vor Ort alltäglich an Schulen, Universitäten, in Betrieben und auf der Straße gegen die imperialistische Politik der deutschen Regierung kämpfen und der Vereinnahmung durch reformistische und staatliche Strukturen eine klassenunabhängige revolutionäre Perspektive entgegensetzen. Die Komitees, die in der Phase vor dem Schulstreik entstanden sind, bilden dabei die Grundlage, um die Jugend zu organisieren und für ein revolutionäres Programm zu gewinnen.

  • Gegen imperialistische Kriegseinsätze! Für einen sofortigen Stopp aller Waffenexporte!
  • Bedingungsloses Bleiberecht für alle Menschen! Für einen sofortigen Abschiebestopp! Gegen Arbeitsverbote und Lagerunterbringung von Geflüchteten!
  • Für ein Ende der Rüstungsforschung an Universitäten! Gegen Bundeswehrwerbung an Schulen! Für eine Bildung im Interesse aller Ausgebeuteten und Unterdrückten!

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