Doch keine Streiks bei Lufthansa

26.11.2015, Lesezeit 5 Min.
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Die Flugbegleitergewerkschaft UFO und Lufthansa einigten sich kurzfristig auf ein Schlichtungsverfahren. Damit konnte das Unternehmen einen erneuten Streik verhindern. Für die Arbeiter*innen ist dies jedoch noch kein Erfolg.

Die Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO) sagte gestern die Streiks von Stewards und Stewardessen ab, die eigentlich am Donnerstag und Freitag stattfinden sollten. In einem „Deeskalationsgespräch“ mit dem Lufthansa-Vorstand sei es zu „bedeutenden Fortschritten“ gekommen.

Kein Schritt vorwärts…

Tatsächlich kann nur Lufthansa „bedeutende“ Fortschritte vermelden – bei der Beendigung des Arbeitskampfes. Denn der Konzern verpflichtete sich zu nichts. Er erkannte das Ergebnis der Schlichtung zwischen UFO und Lufthansa aus August 2015 als Verhandlungsgrundlage an. Damals hatte die Fluglinie dieses Ergebnis missachtet, und damit ihre vollkommene Unnachgiebigkeit erneut bewiesen.

Ein weiteres Zugeständnis des Unternehmens ist die Verpflichtung, dass die UFO Arbeitsverträge auch bei anderen deutschen Airlines abschließen kann, bei denen Lufthansa mehrheitlich beteiligt ist. Dies trifft sowohl auf Germanwings als auch den Billig-Flieger Eurowings zu. Doch schon untergräbt der gierige Konzern die Verpflichtung. Eurowings Europe soll den Sitz in Wien haben und die Langstreckenflüge werden über eine Gesellschaft abgewickelt, an der Lufthansa nicht mehrheitlich beteiligt ist.

Außerdem bewerteten es die Verhandlungsleiter der UFO es als sehr positiv, dass die gemeinsame Erklärung folgenden Absatz enthält: „Im Rahmen unseres Gespräches ist uns allen deutlich bewusst geworden, dass wir gemeinsam – jeder von uns – Konfliktpartei sind und wir es nur gemeinsam schaffen, zum Wohle unseres Unternehmens, unserer Mitarbeiter und Kollegen neue Wege zu gehen. Es ist unser gemeinsames Verständnis, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann.“

Doch damit stimmt die Ufo nur der Hetze der Unternehmer*innen und der bürgerlichen Medien zu, die sie als „Konfliktpartei“ darstellen. Dabei ist es die Entscheidung der Kapitalist*innen, mit einem massiven Angriff die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten vollkommen umzukrempeln, die die Gewerkschaft dazu veranlasste, zu streiken. Und es ist die gleiche Unnachgiebigkeit, weshalb die UFO nach einer Schlichtung im August den längsten Streik der Lufthansa-Geschichte vollzog.

Das gleiche sieht man auch im Tarifkonflikt mit der Vereinigung Cockpit: die Pilot*innen streikten im vergangenen Jahr ganze 13 Mal, ohne dass das Unternehmen auf ihre Forderungen einging. Anstelle dessen machte sie sich das unternehmensfreundliche und streikfeindliche Recht zunutze – das Landesarbeitsgericht Hessen erklärte die Streiks der Vereinigung Cockpit für illegal.

Tatsächlich hatte UFO auch vor ihrem Streik ein Angebot gemacht, dass sogar Kürzungen bei der Alters- und Übergangsversorgung von über 70 Millionen Euro zusagte. Doch dies war Lufthansa nicht genug und so mussten die Arbeiter*innen in den Streik ziehen. Und erneut griff das Unternehmen das Streikrecht an, scheiterte jedoch diesmal.

… und zwei Schritte zurück

Für diese „Zugeständnisse“ verpflichtete sich UFO, bis zum 2. Dezember nicht zu streiken. Dort soll ein vom Unternehmen einberufener „Jobgipfel“ mit den drei Gewerkschaften (Vereinigung Cockpit, Ufo und ver.di) stattfinden, um zu einer gemeinsamen „Lösung“ zu kommen. Die beiden letzten Jahre der Tarifauseinandersetzung machen deutlich, dass kein einziger Vorschlag von Lufthansa dazu diente, die Arbeitsbedingungen zu erhalten oder gar zu verbessern. Deshalb hatte bisher auch nur ver.di die Teilnahme an einem solchen „Gipfel“ bestätigt.

Ver.di beziehungsweise ihre Vorläufer*innen waren historisch die einzige Gewerkschaft bei Lufthansa, doch spalteten sich durch die verräterische Politik, die sich mehr um die „Wettbewerbsfähigkeit“ des Unternehmens als um die Beschäftigten kümmerte, ganze Sektoren von ihnen ab. So kam es, dass es drei Gewerkschaften in einem Unternehmen gibt. Dieser unnötige Kampf zwischen den drei Organisationen wird jetzt von den Gewerkschaftsbürokratien ausgenutzt, um ihre Stellung zu verteidigen. Diese Situation schadet nur der Belegschaft und stärkt die Kapitalist*innen.

Nun erklärte sich auch UFO dazu bereit, am „Jobgipfel“ teilzunehmen. Das dort verhandelte Ergebnis stellt die Grundlage für eine erneute Schlichtung dar. Damit konnte Lufthansa in Komplizenschaft mit der UFO-Leitung mehrere Monate „Arbeitsfrieden“ erlangen, ohne auch nur Zugeständnisse zu machen geschweige denn von ihren Sparplänen abzusehen.

Die einzige Gewerkschaft, die diesem Verrat noch nicht zustimmte, ist die Pilot*innengewerkschaft – die jedoch nicht streiken darf! Es sieht ganz danach aus, als hätte Lufthansa endgültig einen entscheidenden Schlag gegen den Kampf der Lufthansa-Angestellten vorgenommen. Die Bürokratie, durch ihre versöhnliche Rolle im Tarifkonflikt selber und durch die Aufrechterhaltung der Spaltung der Belegschaft allgemein, wird zum Gehilfen eines brutalen Angriffs auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten.

Doch noch ist die Kampfbereitschaft nicht gebrochen. Es ist offensichtlich, dass weder Lufthansa von ihrem Plan abweichen wird, noch das die Bürokratie neue Streiks organisieren wird, ohne dass es Druck von der Basis gibt. Der einzige Weg, eine weitere Verschlechterung der Lebensbedingungen zu verhindern, ist der kompromisslose Kampf gegen Gewerkschaftsbürokratie und Unternehmen. Die fortschrittlichen Arbeiter*innen und Jugendlichen sollten den Kolleg*innen bei dieser großen Herausforderung ihre Solidarität zukommen lassen.

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