#NichtEineWeniger

25.11.2015, Lesezeit 4 Min.
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Geschlagen, sexuell belästigt, vom Partner ermordet – all das und noch viel mehr passiert jeden Tag Frauen auf der ganzen Welt. Und jedes Mal ist ein Mal zu viel. Daran soll der heutige Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen erinnern. Und er soll den Widerstand gegen diese Gewalt sichtbar machen.

Frauen sind auf der ganzen Welt einer besonderen Gewalt ausgesetzt, auch in Deutschland. Heute ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen, mit dem an diese Tatsache erinnert werden soll. Auf der ganzen Welt finden deswegen heute Aktionen statt. Auch in Berlin wird zu einer Demonstration von Frauen, Lesben, Inter- und Trans-Menschen aufgerufen.

Jede dritte Frau in Deutschland wurde Opfer von Gewalt

Laut einer EU-Studie von 2014 wurden 35 Prozent der Frauen in Deutschland seit ihrem 15. Lebensjahr schon einmal Opfer von Gewalt. Eine andere Studie gibt an, dass 13 Prozent der Frauen in Deutschland eine strafrechtlich relevante Form der sexuellen Gewalt erlebt haben. Und es ist auch kein Wunder, wenn diese Zahlen für viele überraschend sind. Denn nach einer Studie von 2004 haben 37 Prozent der von körperlicher Gewalt betroffenen Frauen und 47 Prozent der von sexueller Gewalt betroffenen Frauen noch niemals mit einem anderen Menschen darüber gesprochen. Diese Zahlen sind sogar noch höher, wenn es sich bei dem Täter um ehemalige oder aktuelle Partner handelte – und das ist sehr häufig der Fall.

Besonders hart trifft es dabei mehrfach diskriminierte Menschen. Dazu zählen Trans-Frauen, aber auch Frauen, die nicht der Heteronorm entsprechen. Schwarze Frauen erfahren darüber hinaus noch rassistische Drohungen und Gewalt. Menschen, die nicht der Geschlechterbinarität entsprechen, oder für die das Frausein nur eine Fremdbeschreibung ist, zum Beispiel Trans-Männer, erfahren Gewalt, die gegen sie gerichtet ist, wegen einer Geschlechtsidentität, die nicht cis-männlich ist. Sie entspringt aus sehr ähnlichen Quellen wie die Gewalt gegen Frauen.

Eine andere Gruppe, die besonders von Gewalt betroffen ist, sind geflüchtete Frauen. In einem Demonstrationsaufruf für den heutigen Tag fordern Frauen des International Women Space deshalb unter anderem die Abschaffung aller Lager und die Errichtung von Frauenräumen, bis dies geschehen ist. Sie fordern die Anerkennung von geschlechtsspezifischer Verfolgung als Asylgrund, einen Abschiebestopp und den Schluss von Waffenexporten und Kriegen. Denn der Imperialismus schützt die Frauen nicht, wie es imperialistische Regierungen so gerne behaupten, sondern er zwingt sie durch Überausbeutung und Kriege in miese Arbeits- und Lebensverhältnisse, die ursächlich für Flucht, Armut und Verzweiflung sind.

Verschiedene Ebenen der Gewalt

Frauen erfahren nicht nur Gewalt in Form von körperlichen und sexuellen Übergriffen – die bis hin zu Morden reichen –, sondern auch sehr viel versteckter und nicht direkt in seiner Brutalität erkennbar. Alltagssexismus und machistische „Komplimente“ auf der Straße gehören ebenso dazu wie Lohndiskriminierung am Arbeitsplatz und der Zwang, sich für Sorgearbeit und den Haushalt verantwortlich zu fühlen und dabei noch schön zu sein. Der Staat mit seinen Abtreibungsverboten und die Kapitalist*innen mit ihrer Ausbeutung, ihren Schönheitsnormen und ihrer sexistischen Werbung üben ebenso Gewalt aus, wie der sprichwörtliche Vergewaltiger im Park und der Freund, der sich nur nimmt, „was ihm zusteht“.

Gewalt dient dabei immer auch dazu, Frauen „an ihren Platz zu verweisen“: Sie werden von der Öffentlichkeit ausgeschlossen, indem sie selbst dafür verantwortlich gemacht werden, nicht angegriffen zu werden, statt denjenigen, die sie angreifen. Es wird ihnen immer wieder klargemacht, dass sie von der Gesellschaft als Objekte angesehen werden und es immer die Möglichkeit gibt, dass irgendjemand auf ihren Körper zugreifen möchte. Wehren sie sich dagegen, werden sie meist nicht ernst genommen oder ihnen wird überhaupt nicht geglaubt.

Frauen organisieren sich aber auch dagegen. So demonstrierten Anfang November mehr als 300.000 Menschen im Spanischen Staat gegen einen rapiden Anstieg von Morden an Frauen. In ganz Lateinamerika gehen Frauen mit dem Ruf #NiUnaMenos (#NichtEineWeniger) auf die Straße, um gegen Gewalt zu demonstrieren. Und heute gibt es auch wieder in vielen Städten der Welt die Möglichkeit, gegen Gewalt an Frauen auf die Straße zu gehen.

Dabei sollte es die Aufgabe von klassenkämpferischen Feminist*innen sein, die Gewalt, die besonders Frauen der Arbeiter*innenklasse erfahren, sichtbar zu machen und sie als Teil ihrer Klasse in den Kampf mit einzubeziehen. Eine revolutionäre Antwort auf die Gewalt, die vom Staat, den Kapitalist*innen und den Sexisten ausgeht, muss in der Selbstorganisation aller Unterdrückter und ihrem gemeinsamen Kampf mit der gesamten Arbeiter*innenklasse bestehen.

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